Wer nach den Sternen greift
Freundinnen, aber sie zählten für Sophie kaum, sie wollte nur Mrs. von Rhysdales Freundinnen kennenlernen.
Frank bot ihr an, ihr jedes freie Grundstück an der Fifth Avenue zu kaufen, das sie haben wollte, und dort für Colin und sie ein Haus zu bauen. Sie warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Oh, das macht Mr. von Rhysdale für uns. Er besitzt drei Grundstücke ganz in der Nähe, unten an der Fifth Avenue, die er vor langer Zeit für seine Söhne erworben hat. Ich durfte mir aussuchen, welches ich haben wollte, und der Architekt, der auch ihr Haus entworfen hat, lässt es für uns bauen. Natürlich wird es erst in zwei Jahren fertig sein, aber in der Zwischenzeit können wir ja bei Freunden oder bei euch und den von Rhysdales wohnen. Und den Sommer können wir natürlich auch in Newport verbringen.«
Endlich Newport!
Frank und Annie blickten einander an. »Wir gewinnen keinen Schwiegersohn dazu«, sagte Annie, »sondern verlieren eine Tochter.« Sie war schrecklich traurig und weinte, als Sophie in der Kirche den Gang entlangschritt.
Annie hatte versucht, mit ihrer Tochter über die Hochzeitsnacht zu sprechen, und verlegen gefragt: »Weißt du, was du tun musst?«
Sophie hatte eine vage Vorstellung, fand es aber zu peinlich, mit ihrer Mutter darüber zu sprechen.
»Er wird es dir schon beibringen. Hoffentlich ist er so zärtlich, geduldig und liebevoll wie dein Vater. Hab keine Angst.«
Sophie hatte keine Angst. Sie würde eine von Rhysdale werden.
Sie schrieb an Frederic in Detroit und teilte ihm mit, sie würde im Juni heiraten. Es täte ihr leid, und sie hoffte, er würde ihr verzeihen. Sie erhielt keine Antwort von ihm. Annie ging zu Mrs. Hult und sagte es ihr, und sie erwiderte, sie hoffe, dass Annie und sie Freundinnen bleiben könnten. Das hoffte Annie auch. Sie luden sie sogar zur Hochzeit ein, aber sie nahm natürlich nicht daran teil.
The New York Times
bezeichnete es als Hochzeit des Jahres, vielleicht sogar des Jahrzehnts, weil sie so prächtig war und so viele Mitglieder der High Society daran teilnahmen. Frank mietete ein ganzes Lagerhaus, um die Hochzeitsgeschenke aufzubewahren.
Noch bevor der Empfang vorüber war, waren Sophie und Colin bereits völlig erschöpft. Sie mussten am nächsten Morgen früh aufstehen, um an Bord des Schiffes zu gehen, und deshalb war ihre Hochzeitsnacht eigentlich nichts, wovor man sich fürchten musste. Sie fand nämlich so gut wie gar nicht statt.
Während Colin sich im Badezimmer die Zähne putzte, schlief Sophie ein, in dem Nachthemd, das ihre Mutter ihr für diese Gelegenheit gekauft hatte. Colin seufzte, als er aus dem Badezimmer kam, aber dann musste er doch lächeln. Er war auch müde. Morgen Abend würden sie viel mehr Zeit haben und auch nicht mehr so erschöpft sein von den Ereignissen des Tages. Und von nun an hatten sie fast drei Monate Zeit, um durch Europa zu reisen und sich ganz sich selbst zu widmen. Er legte sich neben sie, streichelte leicht ihre Wange, küsste sie und lauschte ihrem leisen, gleichmäßigen Atem. Er war froh, dass seine Mutter letztendlich nachgegeben hatte. Vielleicht würden die Frauen ja sogar Freundinnen werden. Es war so süß von Sophie gewesen, dass sie das Hochzeitskleid seiner Mutter tragen wollte. Was für ein Schatz sie doch war! Und sie gehörte ihm. Ihm ganz allein!
Sophie erwachte vor ihm. Eine Minute lang fragte sie sich, wo sie war. Und dann sah sie Colin neben sich. Sie lächelte. Sie war Mrs. Colin von Rhysdale. Und damit gehörte sie zu einer der ältesten Familien Amerikas, die um 1640 in die Neue Welt gekommen waren. Sie hatte keine Ahnung, wann der erste Curran den Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hatte, aber es war ihr auch egal. Sie war keine Curran mehr.
Sie reckte sich und blickte auf die Uhr. Erschreckt fuhr sie hoch. Sie rüttelte Colin und sagte: »Komm, beeil dich, wir haben noch nicht einmal mehr Zeit fürs Frühstück.« Hastig sprang sie aus dem Bett, holte aus ihren Koffern die Kleider, die sie für den ersten Tag als verheiratete Frau vorgesehen hatte, und eilte ins Badezimmer. Sie blieb so lange darin, dass Colin schon Angst hatte, seine Blase würde platzen.
Als sie endlich auftauchte, sah sie strahlend aus, und Colin hätte sie gerne geküsst, musste jedoch sofort ins Badezimmer. Als Colin sich ebenfalls anzog, drehte sie ihm den Rücken zu.
Da das Schiff schon um ein Uhr in See stach, hatten sie tatsächlich keine Zeit mehr, um zu frühstücken. In einer Mietdroschke fuhren
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