Wer nach den Sternen greift
Zeit, dass du mir Enkelsöhne schenkst«, hatte sein Vater ihm erklärt. Er brauchte männliche Nachkommen, damit der Name und der Besitz erhalten blieben.
»Hast du schon jemanden im Sinn?«, fragte er. Hoffentlich war das Mädchen wenigstens hübsch.
Der Herzog nickte. »In London hält sich zurzeit eine Amerikanerin auf, und wir haben gehört, dass sie ihre Tochter gerne an einen von uns verheiraten würde. Du und der Sohn von Throckmorton seid in der engeren Wahl. Du sollst sie nur einmal kennenlernen, dann siehst du ja, was du von ihr hältst.«
»Wie heißt sie?«
»Alexandra von Rhysdale.«
»Eine Amerikanerin?«, murmelte er. Der Name Alexandra gefiel ihm. So hieß die Königin auch.
»Ihrem Großvater gehört die größte Silbermine in Nordamerika.«
Bei dem Wort Silber leuchteten Olivers Augen auf.
»Wir werden sie und ihre Mutter für ein Wochenende im Sommer einladen.«
Oliver nickte. »Ja, gut«, erwiderte er. Wie würde Rebecca wohl darauf reagieren?
Das fand er später an jenem Abend heraus, nachdem sie sich geliebt hatten. Rebecca saß im Schneidersitz im Bett und rauchte eine Zigarette, eine neue Mode bei Frauen. Er mochte sie nur nicht gerne küssen, wenn sie gerade geraucht hatte. Als er sich vorbeugte, um sie auf den Bauch zu küssen, schlang sie ihm ein Bein über die Schulter, so dass er zwischen ihren Beinen gefangen war.
»Sie wollen, dass ich heirate«, sagte er.
Sie ließ das Bein zur Seite gleiten und setzte sich aufrecht hin.
»So eine reiche Amerikanerin.«
Rebecca blickte ihm in die Augen. »Und wie fühlst du dich dabei?«
»Mir gefällt die Idee gar nicht, aber ich habe schon immer gewusst, dass ich es irgendwann tun muss.«
Rebecca stand auf und hüllte sich in einen durchsichtigen Morgenmantel, der vorn mit Federn eingefasst war. Genauso gut hätte sie nackt sein können.
Sie ging im Zimmer auf und ab und zog an ihrer Zigarette. »Nun, es muss ja nichts mit uns zu tun haben. Mach ihr zwei Söhne, und dann ist es erledigt.«
»Und bis dahin? Wirst du nicht eifersüchtig sein?«
»Ich schlafe ja auch mit meinem Mann. Macht dich das etwa wahnsinnig?«
»Maßlos.« Seine Stimme klang gequält.
Lachend trat sie zu ihm und küsste ihn aufs Ohr. Er zog sie auf sich. »Dann muss ich eben eine Zeitlang vor Eifersucht außer mir sein. Solange du dich nicht in sie verliebst, mache ich mir keine Sorgen. Und das tust du doch nicht, oder? Dich in sie verlieben?«
»Als ob ich eine andere lieben könnte als dich!«
»Wie lernst du sie kennen?«
»Meine Eltern wollen nächste Woche ein Fest geben.«
»Vermutlich kannst du sie nicht überreden, mich einzuladen, oder?«
Er lachte. »Nein, vermutlich nicht.«
»Nun, es gibt immer Zeiten, in denen ich dich nicht sehen kann. Aber das muss wirklich nichts mit unserer Beziehung zu tun zu haben«, sagte sie nervös. Sie war sieben Jahre älter als Oliver und hatte schon lange befürchtet, dass er sich in eine jüngere Frau verlieben könnte. Prüfend hatte sie ihre noch nicht vorhandenen Falten im Spiegel betrachtet. Wie lange mochte sie ihn wohl noch halten können? Sie hatte es ihm zwar noch nie gesagt, aber sie liebte ihn genauso wie er sie. Sogar ihre Kinder mochten ihn, und ihr Ehemann hatte gesagt: »Du hättest es schlimmer treffen können.«
Sie wusste, dass Oliver auf jeden Fall heiraten und Kinder zeugen musste. Sie hatte die ganze Zeit über gewusst, dass sie sich eines Tages dem Unvermeidlichen stellen müsste. Die Frau, die seine Eltern für ihn aussuchten, würde jung und furchtbar reich sein, und sie, Rebecca, würde bestimmt nicht mit ihr konkurrieren können. Aber wenn sie weiter eine Rolle in seinem Leben spielen wollte, musste sie sich klug und taktvoll verhalten. Und das war Rebecca Palmerton.
Die Herzogin von Yarborough wusste das, und ihr tat das junge Mädchen, das Olivers Frau wurde, jetzt schon leid, auch wenn Oliver seine Qualitäten hatte.
Er mochte träge sein, aber er war charmant. Er sah auch außergewöhnlich gut aus mit seinen dunklen Haaren, den dunklen Augen und einem Schnurrbart, der zu lächeln schien, wenn sich seine Lippen verzogen. Oliver lächelte oft. Er genoss das Leben. Er ging gerne auf die Jagd, und im Krieg hatte er gelernt, ein Flugzeug zu fliegen. Er war ein göttlicher Tänzer und konnte Geschichten erzählen, über die die Leute noch tagelang lachten, weil sie so gut waren.
Er hatte zahlreiche Freunde, mit denen er sich zum Essen traf, wenn er, wie meistens, in London war. Er
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