Wer nach den Sternen greift
besaß dort eine Wohnung, in der er zwar schlief, aber keine Gesellschaften gab. Sein Kammerdiener wohnte ebenfalls dort und hielt die Wohnung für ihn in Ordnung.
Da Oliver selten zu Hause war, erfreute sich der Kammerdiener der Gesellschaft der Zofe aus der Wohnung nebenan, wenn ihre Herrin nicht in der Stadt weilte. Es war eine Regelung, die allen Beteiligten gefiel. Vor dem Mittagessen kam Oliver in die Wohnung, zog sich um und aß mit Freunden in charmanten kleinen Restaurants oder in seinem Club. Nachmittags spielte er in seinem Club Billard oder Karten und kehrte dann in seine Wohnung zurück, um sich vor dem Abendessen, das selten vor acht oder neun Uhr stattfand, noch ein wenig hinzulegen.
Er fuhr zum Skilaufen in die Schweiz, im Sommer nach Nizza, und besuchte alle Museen in Europa, weil er Kunst liebte. Eines Tages, wenn er es sich leisten konnte, wollte er selbst Kunst sammeln. Dabei zog er die moderneren Künstler den alten Meistern vor, auch wenn sie nur von wenigen anderen geschätzt wurden.
Als ältester Sohn würde er Schloss Carlisle, den Titel seines Vaters und sein Vermögen erben, um den Besitz zu unterhalten, aber das Geld schwand zusehends. Die Schafe und Kühe trugen ein wenig zum Lebensunterhalt bei, aber Oliver hatte kein besonderes Interesse an Landwirtschaft. Und außerdem war sein Vater noch jung, erst vierundfünfzig, deshalb dachte er noch nicht an die Zukunft. Schließlich konnte sein Vater durchaus neunzig Jahre alt werden.
Aber für das Leben, das Oliver führen wollte, brauchte er Geld, deshalb musste er die Wünsche seiner Eltern befolgen und heiraten.
Er würde sie mit Erben beglücken und durch die Heirat genügend Geld bekommen, um das Schloss wieder zu einem Schmuckstück zu machen.
Alexandra von Rhysdale schlenderte durch den Park, um sich die Zeit bis zum Abendessen zu vertreiben. Ihr war nicht klar, dass mit diesem Wochenende ihre Zukunft und ihr Schicksal bereits besiegelt waren.
Der formelle Garten war ordentlicher als der Park, und sie fand ihn hübsch und gut angelegt. Sie streifte an den Hecken vorbei den kleinen Abhang hinunter zu dem künstlichen See, der vor fünfundsiebzig Jahren angelegt worden war. Im Wasser spiegelte sich der azurblaue Himmel, an dem nur ein paar weiße Schäfchenwolken zu sehen waren. Zwei große Hunde spielten am Ufer, altenglische Schäferhunde, die sie bisher erst einmal bei den Vanderbilts gesehen hatte.
Sophie erlaubte ihr nicht, Hunde zu halten. Wie von einem Magneten angezogen, ging Alex auf die Hunde zu, die zu ihr gerannt kamen, als sie sie sahen. Fröhlich mit dem Schwanz wedelnd sprangen sie um sie herum und wollten gestreichelt werden. Lachend hockte sie sich hin.
»Ihr hübschen Geschöpfe«, sagte sie und legte die Arme um sie. »Oh, ihr Schätzchen!«
Von einer Terrasse an der Seite des Schlosses beobachtete Oliver die Szene, bereit, die junge Frau zu retten. Dann jedoch merkte er, dass sie die beiden Hunde streichelte und liebkoste.
Er konnte zwar nicht ihr Gesicht sehen, aber er dachte unwillkürlich, ob seine Eltern ihm nicht jemanden wie sie aussuchen konnten. Langsam ging er über den Rasen und schaute zu, wie die junge Frau mit den beiden Hunden herumtobte. Sie lachte vor Freude, als sie in den See sprangen und sich schüttelten, dass die Wassertropfen spritzten, als sie wieder herauskamen.
Sie sah Oliver nicht kommen und zuckte zusammen, als er sagte: »Entschuldigung.«
Immer noch lachend, drehte sie sich um. Auf ihren Haaren glitzerten Wassertropfen in der Nachmittagssonne.
»Keine Ursache. Ich wollte immer einen Hund, und diese beiden sind entzückend. Ich habe mich bereits in sie verliebt.« Was für ein gut aussehender Mann, dachte sie. Seine dunklen Augen funkelten, und offensichtlich lachte er über ihre Erscheinung. Mit ihren feuchten Haaren und dem zerknitterten Rock musste sie ja auch entsetzlich aussehen. Aber das war ihr egal. Sie erwiderte sein Lächeln.
»Ich bin Oliver«, erklärte er.
»Und ich Alex.« Sie streckte ihm die Hand entgegen.
Er ergriff sie und schüttelte sie, wobei er dachte, dass sie eine reizende junge Frau war, trotz ihres Aufzugs.
»Sind Sie auch Gast hier?«, fragte sie, beeindruckt von seinem festen Händedruck.
»Nein, ich wohne hier«, erwiderte er. Das war anscheinend die Frau, die er auf Wunsch seiner Eltern kennenlernen sollte. Alex. Alexandra.
»Ach, du liebe Güte. Der Gastgeber? Dann sind Sie der Herzog?«
Er lächelte. »Ich bin der Sohn des
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