Wer nach den Sternen greift
sich sicher, er würde eine Welt erleben, die er bisher nicht gekannt hatte.
Und er wusste etwas, das Alex nicht erkennen konnte. Nicht Egoismus bestimmte ihr Handeln, sondern Einsamkeit.
27
I ch verbiete dir, das zu tun.«
Ein Schauer überlief Alex. Konnte Oliver das? Konnte ein Mann seiner Frau so etwas verbieten?
»Du wirfst das Geld deines Vaters und deines Großvaters zum Fenster hinaus. Ich werde sicherstellen, dass nichts aus dem Trust genommen wird, den dein Vater eingerichtet hat.«
Alex hatte gerade an ihrem Frisiertisch gesessen, um sich zum Dinner fertig zu machen, als Oliver hereingestürmt war. Er war völlig unerwartet nach Hause gekommen, ohne sie vorher zu informieren.
»Du weißt sehr wohl, dass ich dieses Geld nicht anrühren kann. Es gehört dir. Warum regst du dich eigentlich so auf?« Sie klang viel mutiger, als sie sich in seiner Gegenwart fühlte.
»Warum muss ich es von Scully erfahren? Vermutlich weiß das gesamte Dorf Bescheid, und ich bin der Letzte, der es hört.«
Alex’ zitterten die Knie. Wenn Oliver mit ihr schimpfte, kam sie sich immer vor wie ein ungezogenes Kind.
»Was denkst du dir eigentlich? Willst du in die Politik gehen und dir Wählerstimmen sichern?« Olivers Stimme klang sarkastisch. »Es ist lächerlich, Geld für so etwas auszugeben. Im Dorf sind sie tausend Jahre ohne Krankenhaus ausgekommen. Sie können es sich ja noch nicht einmal leisten, nach Dr. Cummins zu schicken, geschweige denn, in ein Krankenhaus zu gehen.«
Alex schwieg. Sie saß da und hielt sich den Arm, als habe er sie geschlagen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Er kann mich nicht aufhalten, sagte sie sich. Am besten erwiderte sie gar nichts, denn er würde sie ja doch nur anschreien.
»Kannst du denn nichts richtig machen?«, fuhr Oliver fort. »Du bist so amerikanisch, dass es mir peinlich ist.«
»Mein amerikanisches Geld scheint dir nicht peinlich zu sein.« Erschrocken über ihren Mut schlug sie die Hand vor den Mund.
Erschöpft ließ er sich auf einen Stuhl sinken.
»Vermutlich ist es meine Schuld. Ich sollte öfter hier sein und dich an die Leine legen. Niemand hat dir beigebracht, wie du dich als meine Frau zu benehmen hast. Du kannst ja noch nicht einmal eine Gabel richtig halten, und niemand scheint dich zu korrigieren. Nun, ich werde jetzt damit beginnen. Heute Abend beim Essen werde ich dir beibringen, wie du dich als Mitglied des englischen Hochadels zu benehmen hast. Mit den Tischmanieren fangen wir an. Aber würdest du mir vorher bitte noch erklären, warum du ein solches Projekt begonnen hast, ohne mich zu konsultieren?«
Seine Stimme klang gleichmütig, und er zeigte keine Emotionen, aber er starrte sie an, als sei sie ein Gegner.
»Du bist ja nie da.«
»Ich war in den letzten Monaten durchaus zu Hause, aber du hast nie mit mir über diese Angelegenheit gesprochen.«
»Ich habe mit der Herzogin darüber gesprochen, schließlich trägt sie hier die Verantwortung.« Alex hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen, als ihr dieser Satz entschlüpft war. »Deine Mutter ist vollkommen im Bilde.« Sie blickte Oliver nicht an und beschäftigte sich damit, ihre Haare hochzustecken.
Im Spiegel sah sie, wie er die Augenbrauen hochzog. »Mutter?«
»Deine Mutter und ich haben mit Architekten und den beiden Cummins gesprochen. Außerdem haben wir den Bürgermeister des Dorfes informiert, weil wir es für klug hielten, ihn einzubeziehen. Wenn die Architekten und die beiden Ärzte über das Vorhaben reden, sitzt er dabei und nickt nur mit dem Kopf. Er ist so begeistert von der Idee, dass er mit allem einverstanden ist.«
»Ist ihm denn nicht klar, welche Kosten auf die Dorfbewohner zukommen?«
»Ihnen werden keine Kosten entstehen.«
Schweigen. Alex stand auf und trat an ihren Schrank. Heute Abend waren nicht nur Clarissa und Scully beim Essen zugegen, sondern auch Oliver. Und die beiden Ärzte und James’ Frau waren auch eingeladen. Unschlüssig blickte sie in den Schrank. Ohne ihren Mann anzuschauen, sagte sie: »Ich nehme an, du möchtest gerne aussuchen, was ich heute Abend trage.«
Oliver erhob sich und trat auf sie zu. Er warf einen raschen Blick über ihre zahlreichen Kleider. Sie waren ebenso elegant wie die von Rebecca, aber für seine Frau fand er sie unpassend. »Es ist nicht ein einziges vernünftiges Kleid dabei«, sagte er und nahm eines vom Bügel. »Hier, zieh das an.«
Normalerweise zog sie dieses Kleid nur tagsüber im Schloss an, aber sie schlüpfte
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