Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
»Nur an diesem Abend und zu Ihrem Ergötzen …« Er hielt inne und kostete seine Zeit im Rampenlicht gebührend aus. »Begrüßen Sie bitte mit einem herzlichen Applaus diiiiieee … ›Hot n’ Hunky‹!«
Als er die Bühne verließ, rauschte der Trupp der Mädels in einer johlenden Masse aus Haarspray, Lipgloss und Fruchtlikör an uns vorbei. Wir begingen den Fehler, auch aufzustehen, und wurden von dieser Flut von Hormonen mitgerissen.
»Stripperalarm«, murmelte Rosie, und ich freute mich, in ihren Augen ein verschmitztes Funkeln zu entdecken. Das war bedeutend besser als die Tränen, in die sie immer noch ohne jede Vorwarnung ausbrach. »Das wird interessant«, sagte sie und nickte zu Vivienne hinüber, die mit uns aufgestanden war und höflich ihr Amüsement zur Schau stellte. Die Musik wurde kontinuierlich lauter.
»Kommt jetzt das, von dem ich denke, dass es kommt?«, fragte Mum mit großen Augen und drückte ihr Glas an ihre gerötete Wange.
Ich nickte und schwankte leicht. »Was glaubst du?«, fragte ich und sah, wie drei Gestalten in Superheldenkostümen auf die Bühne sprangen und ihre enormen Bizepse anspannten. Dagegen sahen die von Pete wie Knoten in einem Bändchen aus.
»Um Himmels willen!« Vivienne griff sich an die Kehle, wo man kein Botox injiziert hatte. »Denkt ihr, sie werden singen?« Sie schaute Mum an. »Margaret?«
Mum war versunken in den Anblick von Batman, der seine Hüfte schwang, als würde er einen imaginären Hula-Hoop-Reifen kreisen lassen. Sein Gemächt war in dem winzigen Lederslip deutlich zu erahnen, und Rosie stupste mich an.
»Glaubst du, das ist echt?«, flüsterte sie.
»Wenn nicht, muss er sich wohl ein Frettchen in die Hose gesteckt haben«, sagte ich, griff zu einem herumstehenden Drink und kippte ihn hinunter.
»Was tut der denn da?«, fragte Vivienne, als Superman sich das Hemd vom Leib riss und geckenhaft auf und ab schritt, seine Brust so breit und braun wie eine Schranktür. »So heiß ist es hier nun auch wieder nicht.«
»O doch«, sagte Mum und kramte in ihrer Tasche nach ihrer Brille, als jetzt Zorro in einer einzigen Bewegung seine Maske abnahm und seine Hose auszog und dann in einem Leopardenstring an die Rampe trat.
»Ausziehen, ausziehen!«, kreischten die Mädels hysterisch und grapschten nach ihm, während Vivienne puterrot wurde.
»Das ist empörend«, stotterte sie, als Zorro sich jetzt auf ein Knie niederließ, seine Hand nach ihr austreckte, mit den Augenbrauen wackelte und sich anzüglich die Lippen leckte. »Wir sind in Amersham und nicht … in der Bronx.«
Rosie und ich schauten uns an und brachen in unkontrolliertes Gekicher aus.
»Lassen Sie mich los«, fuhr Vivienne den Mann an, als der sie jetzt auf die Bühne hievte und ihr ein Fläschchen Babyöl in die Hand drückte.
»Schaut euch ihr Gesicht an!«, schrie Mum und hielt sich ihren Bauch. Lachtränen kullerten ihr über die Wangen.
Als die drei Hünen sich vornüberbeugten und im Rhythmus der Musik mit ihrem muskulösen Hintern vor Viviennes Gesicht herumwackelten, erstickten wir fast vor Freude.
»Sie müssen das Öl einmassieren«, half eines der Mädels ihr auf die Sprünge.
»Was würde wohl der Bürgermeister dazu sagen?« Viviennes Klage rief schallendes Gelächter hervor, das noch einmal anschwoll, als sie die Augen schloss und ein winziges Tröpfchen Öl auf ihren Finger träufelte. Das rieb sie Superman auf den Po, als würde sie ihr Sideboard polieren. »Margaret, hilf mir doch, bitte!«, flehte sie, und Mum schob sofort unternehmungslustig ihre Ärmel hoch.
»Wenn du darauf bestehst«, sagte sie, trat vor und war sichtlich enttäuscht, als Vivienne ihre ausgestreckte Hand ergriff und unter massivem Protest von der Bühne sprang.
»Man muss sich diesen Dingen gegenüber vermutlich tolerant verhalten«, schnaubte Vivienne und überprüfte ihre Frisur. Dann holte sie ein Taschentuch aus der Tasche und wischte sich die Hände ab. »Immerhin schreibe ich eine Beziehungskolumne.«
»Da ist ja noch einer!«, rief jemand. Ich stellte den Whisky ab, den ich irgendwo entdeckt hatte, und schaute auf die Bühne. Ein Schweinwerfer strahlte herab, und drum herum glitzerten blaue Funken wie … wie … Nein, das konnte nicht sein.
»Elliot?«
Ich drängelte mich durch die Menge, stolperte in der Eile und blieb erst stehen, als er auf der Bühne erschien, offenbar noch ein wenig benommen.
»Total raffiniert«, freute sich eines der Mädels. »Wie bei David
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