Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
gehen Sie«, sagte ich. Plötzlich war mir wieder schlecht. »Mir ist schwindelig.« Der tätowierte Karussellwärter kam herüber, ließ die Muskeln spielen und wollte den Bügel öffnen.
»Vielleicht sollte ich Sie zum Auto bringen«, sagte Elliot mit einem verschmitzten Grinsen.
Ich schaute ihn entsetzt an. »Bitte nicht. Er wird denken …«
Elliot versteifte sich und schaute an mir vorbei zu der Stelle, wo Pete wartete. »Vielleicht sollte ich ihm einfach sagen, dass wir ein Verhältnis miteinander haben.«
»Willst du nicht mal aussteigen, Schätzchen?« Der Tätowierte steckte sich eine Zigarette hinters Ohr und schaute mich gelangweilt an. »Erst nicht drinbleiben wollen und dann …«
Pete kam und reichte mir die Hand. »Ich kann es gar nicht glauben, dass du ohne mich gefahren bist, Muffin«, sagte er und nahm meinen Arm.
Ich war vollkommen regungslos, nur meine Augen blinzelten. Mich noch einmal zu Elliot umzudrehen, wagte ich nicht.
»Es … hat Spaß gemacht«, sagte ich langsam, stieg aus und ging staksig wie ein neugeborenes Fohlen.
Ich hatte das Gefühl, immer noch herumzuwirbeln. Bäume, Karussells und Menschen tanzten in großen Kreisen um mich herum. Vor mir standen zwei Petes, und ich ließ mich gegen den rechten sinken.
»Alles okay, Sash?« Pete half mir vom Boden auf und schaute den Tätowierten vorwurfsvoll an aus seinen vier Augen.
»Die kann nicht viel ab, was?«, sagte der, entzündete ein Streichholz an der Schuhsohle und steckte sich seine Zigarette an. »Dabei sind wir hier doch gar nicht das ›Alton Towers‹ mit seinen wirklich sensationellen Fahrgeschäften.«
»Alles dreht sich«, sagte ich und wartete darauf, dass Elliot jeden Moment etwas Verhängnisvolles sagen würde. Doch wenn ich mich vollkommen still verhielt, würde sich vielleicht alles in Wohlgefallen auflösen.
»Ich hätte schwören können, dass du da oben mit einem Mann gesprochen hast«, sagte Pete, legte meinen Arm um seinen Nacken, meinen anderen um seine Taille und schleppte mich fort. »Ich hoffe, er hat dich nicht belästigt.« Wie eine Handpuppe kippte ich nach vorne.
»Ich spüre meine Beine gar nicht.«
Verwundert darüber, dass Elliot noch immer nichts gesagt hatte, schielte ich zurück und bemerkte einen verkohlten Fleck im Gras, von dem aus blaue Funken in einer Rauchwolke aufstiegen. Doch man musste schon genau hinsehen, um etwas zu erkennen. Erleichtert ließ ich mich gegen Pete sacken. Ich hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund.
»Petey!« Eine sportliche Frau kam aus der Menge geschossen und stürzte sich auf Pete. Ihr eng anliegendes weißes Kleid ließ erkennen, dass sie keine Unterwäsche trug.
»Becky!« Er ließ mich los, und ich sackte sogleich auf die Knie. »Seit wann bist du aus Indien zurück?«
»Seit ein paar Wochen. Wie geht’s, Peter Pan?« Laut schmatzend küsste sie ihn auf beide Wangen, und ihr kurzes, weinrotes Haar streifte ihm dabei in die Augen. »Ich wurde in Delhi ausgeraubt, und in Bangalore bin ich richtig krank geworden und habe fünfzehn Pfund verloren.«
»Gewicht oder Geld?«
Sie brüllte los vor Lachen, während ich wimmerte und mir den Dreck von meinen Fingern wischte. Ausgerechnet jetzt mussten wir Petes Ex treffen. Die nicht im Entferntesten so war, wie ich mir eine Bürgermeistertochter vorgestellt hatte. Ich hatte immer eine deftige, pferdeähnliche Blondine mit kräftigem Gebiss und Tennisschläger in der Hand vor Augen gehabt … oder mit einem Degen, wenn man Petes Erzählungen Glauben schenken durfte.
»Und du, ganz im Freizeitlook?«, sagte sie und zog spielerisch an seinem Gürtel. »Was ist aus dem Hawaiihemd geworden, das ich dir geschenkt habe?«
Peter Pan? Hawaiihemd? Ich fragte mich, ob ich eingeschlafen war und träumte.
»Übrigens, Becky, das ist meine Verlobte Sasha«, sagte Pete, als ihm einfiel, dass es mich auch noch gab. Er griff nach meiner Hand und zog mich hoch. »Wir heiraten am Siebenundzwanzigsten.«
»Hallo.« Sie sah meine schmutzige Hand und entschied sich, mir zur Begrüßung lieber affektiert zuzuwinken. »Und ich dachte, du weinst mir hinterher.« Sie klimperte mit ihren zugekleisterten Wimpern in Petes Richtung und spitzte dabei ihren Rosenmund.
»Und, was treibst du dich hier herum?«, fragte Pete und strich sich verlegen die Haare zurück. Was für ein höchst merkwürdiger Abend, dachte ich.
»Daddy muss einen offiziellen Termin wahrnehmen«, sagte sie, verdrehte ihre kastanienbraunen Augen und gähnte
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