Wer nie die Wahrheit sagt
zu viel. Wie schrecklich, Lily, aber zumindest haben wir eine Ahnung, wer dafür verantwortlich ist.«
Lily sagte ausdruckslos: »Tennyson und sein Vater.«
Sherlock ergänzte: »Und Mr. Monk, der Kurator. Er muss da mit drinstecken. Kein Wunder, dass er den Tränen nahe war, als du ihm sagtest, du wolltest die Bilder wieder mitnehmen. Er wusste, dass die Bombe früher oder später platzen würde. Er wusste, dass in Washington die Bilder früher oder später von Experten untersucht werden würden und dass einer die Fälschungen erkennen würde.«
»Tennyson auch«, bemerkte Savich.
»Und wahrscheinlich auch mein Schwiegervater«, fügte Lily hinzu. »Vielleicht steckt ja die ganze Mischpoche da mit drin. Aber sie können nicht gewusst haben, dass wir’s schon einen Tag nach unserer Ankunft rauskriegen würden.« Sie wandte sich an Simon Russo. »Ich bin noch wütender als Sherlock. Danke, Mr. Russo, dass Sie so schnell am Ball waren und uns so rasch informiert haben.«
Simon wandte sich an Savich. »Ein Gutes hat die Sache ja. Zumindest hat Tennyson Frasier nicht Zeit gehabt, alle acht fälschen zu lassen. Jetzt, wo ich mit Sicherheit weiß, dass wir vier Fälschungen haben, kann ich den Namen des Fälschers rauskriegen. Das ist nicht weiter schwer, denn wisst ihr, es kann nur einer von drei oder vier Menschen auf der ganzen Welt gewesen sein – die einzigen Künstler, die gut genug sind, um die Essenz von Sarah Elliott einzufangen und jeden zu täuschen, außer einem Experten, der auf diese Möglichkeit gefasst war.«
Lily meinte: »Hätten Sie gewusst, dass es Fälschungen sind, wenn Sie nicht zuvor gehört hätten, dass sie an einen Kunstsammler verkauft worden sind?«
»Vielleicht nicht, aber nach einer zweiten oder dritten Prüfung wäre mir sicherlich aufgefallen, dass irgendwas nicht stimmt. Sie sind wirklich ausgezeichnet ausgeführt. Wenn ich rausgefunden habe, wer sie gefälscht hat, werde ich dem Künstler mal einen Besuch abstatten.«
»Vergiss nicht, Simon, wir brauchen Beweise«, mahnte Savich, »um Tennyson festzunageln. Und seine Eltern sowie diesen Mr. Monk.«
Sherlock meinte: »Kein Wunder, dass der Kerl im Bus versucht hat, dich umzulegen, Lily. Denen war klar, dass sie rasch handeln mussten. Gut, dass du kein Weichei bist und den Kerl fertig gemacht hast. Ich will die alle hinter Schloss und Riegel sehen, Dillon. Und erst noch ein bisschen auf ihnen rumtrampeln, vielleicht.«
Simon, der Die Jungfernfahrt studiert hatte, blickte auf. »Was meinst du damit, sie hat den Kerl fertig gemacht? Jemand hat Sie überfallen? Aber Sie kamen doch gerade erst aus dem Krankenhaus.«
»Sorry, hab vergessen, das zu erwähnen«, entschuldigte sich Savich.
»Es gab keinen Grund, es ihm zu erzählen«, sagte Lily. »Aber ja, es stimmt, ich war vor fünf, sechs Tagen operiert worden. Es ging mir gut, dank einer Psychiaterin, die … ach, lassen wir das. Aber ich habe mich gut gefühlt. Ein junger Kerl ist zu mir in den leeren Bus gestiegen, hat sich neben mich gesetzt, und auf einmal zieht er dieses echt gruselige Klappmesser raus. Ich hab wirklich Glück gehabt, mit heiler Haut davonzukommen.« Und Lily grinste ihn an wie ein Honigkuchenpferd, das erste Grinsen, ja überhaupt Lächeln, das er von ihr bekam. Er grinste ebenfalls.
»Sehr gut. Sie haben wohl bei Ihrem Bruder gelernt?«
»Ja, nach Jack … ach, lassen wir das.«
»Bei Ihnen gibt es aber eine Menge ›Lassen-wir-das‹, Mrs. Savich.«
»Daran werden Sie sich vielleicht gewöhnen müssen.« Aber sie sah, dass sein Gehirn den Namen Jack registriert hatte.
Simon meinte: »Was das vierte Gemälde, Bildnis, betrifft, dachte ich zuerst, es wäre in Ordnung, doch dann habe ich gemerkt, dass derselbe Fälscher, der auch die anderen drei gefälscht hat, dieses hier gemalt hat. Von Bildnis habe ich noch nichts gehört, aber das finden wir schon. Wahrscheinlich ging es an denselben Sammler.«
Mr. Beezler, der sichtlich schockiert war, wischte sich mit einem blütenweißen Leinentaschentuch die Stirn ab und sagte: »Für ein Museum wäre das eine Katastrophe, Mrs. Savich, das wäre, als würde mir jemand eine Stange Dynamit in den Auspuff meines Mercedes stecken. Sie, Mr. Russo, sind, soweit ich es verstanden habe, also in der Lage, die Bilder wieder zu beschaffen, ja?«
»Ja«, bestätigte Simon. »Halten Sie ruhig die Staffeleien warm, Mr. Beezler.«
»Und ich spreche mal mit den Jungs von der Kunstfälschung«, erklärte Savich,
Weitere Kostenlose Bücher