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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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geschafft.«
    »Ihre Leute waren auch nicht zu überhören.« Der Mann sagte: »Das nehme ich als Kompliment.« Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und sagte nichts.
    Er grinste. »Auch wenn es nicht so gemeint ist.«
    Sie drehte sich um und lief zum nächsten Türschild. Klingelte. Wieder keine Antwort. Der Mann kam langsam hinter ihr hergeschlendert.
    »Warum interviewen Sie nicht einfach mich?«
    Emma zögerte. Dann sah sie, dass Manuel den Sendemast ausfuhr. Noch zehn Minuten.
    »Wohnen Sie denn hier in der Gegend?«
    Der Mann lachte leise.
    »Gewissermaßen. Jedenfalls bin ich Berliner und finde so einen aufgesetzten Trauermarsch zum Kotzen.«
    Emma warf noch einen Blick auf die zugezogenen Gardinen und dachte, was soll’s, wenn er nur Parolen drischt, kann ich es immer noch löschen. Sie trat einen Schritt näher an ihn heran und besah ihn sich. Die Furchen um seinen Mund bildeten exakte Dreiecke und verliehen ihm den Ausdruck eines traurigen Clowns. Seine Augen waren von einem intensiven Blau und erwiderten konzentriert ihren Blick.
    »Wie heißen Sie?«
    »Konrad Weiß. Und Sie?«
    »Emma. Emma Vonderwehr. Ich arbeite für BerlinDirekt und …«
    Er warf einen Blick auf den Ü-Wagen.
    »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    Sie grinste nervös und spürte, dass sie rot wurde. Mit etwas viel Schwung hob sie das schwere Mikro des Funkgerätes und stieß damit fast an seine Lippen.
    »Herr Weiß, wie haben Sie die letzten Stunden hier er lebt?«
    »Eine gezielte Werbemaßnahme der Rechten, so kurz vor den Wahlen in Brandenburg. Es war notwendig, dem ein Zeichen entgegenzusetzen. Wir haben …Was ist los?«
    Emma hatte das Mikro wieder sinken lassen.
    »Herr Weiß, ich brauche keine politischen Parolen! Ich brauche einen Anwohner und Augenzeugen. Wenn Sie das nicht hinkriegen, können wir uns die Zeit sparen!«
    Er sah sie erstaunt an, nickte dann aber. Einen Moment überlegte er, dann nahm er Emmas Hand mit dem Mikro und hielt es sich wieder an die Lippen.
    »Die Rechten haben hier ihren komischen Kranz aufgehängt und dann die Musik aufgedreht. Man konnte sein eigenes Wort nicht verstehen, so haben die gegrölt. In den Rabatten sind sie rumgetrampelt und haben da auch reingepinkelt.«
    »Hatten Sie Angst?«
    »Na klar! Die haben Bengalos gezündet, wissen Sie, wie heiß die werden? Ich hab eine alte Frau gesehen, die hat sich noch in den Hausflur gerettet.«
    Emma stoppte die Aufnahme. Erleichtert sah sie ihn an.
    »Vielen Dank.«
    Er lächelte. »Bitte.«
    Emma machte kehrt und lief auf den Ü-Wagen zu. Die wenigen Schritte nutzte sie, um in Gedanken den Text zu formulieren. Manuel war bereits dabei, die Sätze des Mannes sauber zu schneiden.
    »Zwei Takes?«
    Sie nickte, ohne den Kopf von ihrem Blatt zu heben.
    »Mach das mit den Bengalos zuerst.«
    Fünf Minuten später stand sie vor dem Wagen und nahm den Text auf. Die Dramatik zuerst – das Feuer, der Lärm, der beginnende Kampf der beiden Gruppen. Dann der O-Ton. Auf ein Zeichen spielte Manuel ihn in die Aufnahme, so ging es hinterher schneller. Dann die Beruhigung. Die Polizei, die Festnahmen, Begutachtung der Schäden. Alles hatte harmlos begonnen. O-ton 2. Fertig.
    Mit geübter Hand schnitt Manuel die Enden digital sauber und blendete die Atmo unter den Text. Das Zischen eines Bengalos und der Schrei einer Frau wurden mehrfach eingesetzt. Emma beobachtete ihn dabei. Sie hatte ein mulmiges Gefühl. Langsam klang es wie ein Straßenkampf in der Bronx.
    »Übertreib es nicht.«
    Manuel warf ihr einen Seitenblick zu und grinste. Noch eine Anmeldung beim Schaltraum, und dann schickte er den Beitrag mit einem lauten Klack auf die Tastatur rüber ins Funkhaus. Emma sah auf die Uhr. Sie hatte 14 Minuten und 32 Sekunden gebraucht.
    Als sie mit wackligen Knien über die Straße zu ihrem Fahrrad ging, sah sie sich nach dem Mann im grauen Anzug um. Gregor Weiß. Die Autonomen schienen auf ihn zu hören. Blume hatte mit ihm gesprochen, kurz bevor es richtig losging. Kannten sie sich? Worüber hatten sie so aufgeregt diskutiert?
    Jetzt war niemand mehr auf der Straße zu sehen. Der Ü-Wagen brauste an ihr vorbei, Manuel fuhr schneller, als er hier durfte. Auch Emma fühlte, dass sie froh war, den Ort verlassen zu können. Eine Fackel musste den Kranz der Rechten getroffen haben, das Grün war verbrannt, der Plastikreifen schmorte vor sich hin. Hinter einem Fenster bewegte sich eine Gardine. Emma überlegte, ob sie noch einmal versuchen sollte, einen Nachbarn

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