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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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er sich befand. Estelle starrte ihn an. Zwanzig Kilo hatte er in den letzten Monaten verloren. Als er zum ersten Mal das Zeug geschnupft hatte, fühlte es sich an, als würden ihm Glassplitter die Stirn zerreißen. Doch dann hatte es ihn wie eine warme Brise umweht. Er fühlte sich wohl in seinem Körper, und er verspürte keinen Hunger. Zwanzig Kilo. Diese Jugendlichen mit ihren unbeschwerten Kinderkörpern hatten vermutlich noch nicht einmal den Unterschied gemerkt. Fleischklops hatten sie ihn damals in der Schule gerufen. Meat Loaf, wie den Sänger. Ist doch cool, hatte Edgar gesagt und ihm auf die Schulter gehauen, er macht echt gute Musik.
    Achim drehte die Heizung runter. Wenn er aufflog, konnte er die Fahrschule sowieso vergessen. Dann brauchte er sich in der Gegend nicht mehr blicken zu lassen. Hatte Edgar eigentlich einen Plan für danach? Wir kümmern uns, hatte er gesagt. Ich brauche dich. Mensch, Alter. Hilf mir. Und er war so einsam gewesen. Hatte sich gefreut, dass Edgar an ihn gedacht hatte. Zwanzig Kilo. Er hatte nicht gewusst, dass das Zeug so wirkte. Aber auf einmal hatte er gedacht, dass sich doch noch etwas ändern könnte für ihn. Er hatte noch nie mit einer Frau geschlafen. Das wusste niemand, nicht einmal Edgar.
    Estelle stöhnte und sah demonstrativ auf ihre kleine Armbanduhr. Einen wilden Augenblick stellte sich Achim vor, wie er die aufgerollte Karte nahm und ihr fest zwischen die Beine rammte. Er nahm die Karte und wollte sie in die Ecke stellen, aber er stolperte über eine der Mädchenhandtaschen und wäre fast hingefallen. Ann Katrin kicherte.

Berlin, Charlottenburg. Redaktion BerlinDirekt
    D er Koch in der Kantine bereitete alles für die Spätschicht vor. Es gab Tomatensuppe, Stullen und Reste der Gemüse platte vom Mittag mit Reis vermischt. Emma holte sich Kaffee, ein Hanuta und Gummibärchen und setzte sich in die letzte Tischreihe am Fenster. Sie hatte ihre Unterlagen mitgenommen und breitete sie vor sich auf dem Tisch aus.
    Ihr Smartphone piepte, eine neue Nachricht von ihrer Schwester Ida. Das Foto war auf dem kleinen Display kaum zu erkennen, war es ein Stück Haut? Ida ging immer extrem nahe an die Objekte heran.
    Emma scrollte über ihr Telefonbuch und wählte die Nummer von Khoy. Er meldete sich nach dem ersten Klingeln.
    »Hallo, rasende Reporterin!«
    Sie lächelte.
    »Hey du. Nicht mehr sauer?«
    Khoy lachte. »Ach Quatsch.«
    Emma spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals breitmachte, den sie schnell runterschluckte. Sie war so erleichtert. Sie wusste, dass sie mit ihrer ungeduldigen Art die Menschen in ihrem Umfeld vor den Kopf stieß. Sie hatte nicht viele Freunde in dieser Stadt.
    »Hast du was rausgefunden über das Zeug?«
    »Warte.«
    Emma hörte, wie Khoy seiner Mutter zurief, dass er vor die Tür ging. Dann ein Rascheln, vermutlich holte er seine Zigaretten hinter dem Tresen hervor, und ein paar Schritte. Sie hörte Verkehrslärm. Kollegen aus der Musik betraten die Kantine. Emma drehte sich leicht nach rechts und schirmte ihr Gesicht mit der linken Hand ab.
    »Also, das Zeug ist der Hammer. Über 90 Prozent Reinheitsgehalt.«
    »Wie gefährlich ist es?«
    Vor Anspannung hatte Emma laut in den Hörer gesprochen. Ein Musikredakteur hob den Kopf und nickte ihr zu. Sie winkte und sprach leiser in ihr Telefon.
    »Weißt du, wo die Quellen für so was sitzen?«
    »Früher wurde so was selbst gemacht. Die Anleitung findest du im Netz. Alles, was man braucht, gibt’s in der Apotheke, und ist was nicht zu kriegen, wird es gegen einen anderen Stoff ausgetauscht. Das macht es auch so gefährlich. Da wird von Laien irgendwas zusammengebraut.«
    Emma hörte, wie Khoy an seiner Zigarette zog.
    »Das Zeug hier ist aber zu gut. Das haben Profis gemacht. Ich hab ein paar Jungs gefragt, die sagen, so was kommt aus Tschechien. Da gibt’s ’ne Vietnamesen-Mafia dafür. Du fährst über die Grenze und kaufst es irgendwo an der Straße. Verkaufst es hier zu dem zehnfachen Preis, und die Kids haben ihren Spaß damit.«
    »Ein Junge ist daran gestorben.«
    »Crystal ist schlimmer als Koks. Schlimmer als Heroin. Es frisst dein Gehirn.«
    Er schwieg. Emma dachte an die Jungs auf dem Zeltplatz. Wie Zombies waren sie ihr vorgekommen. Waren die beiden Todesfälle Zufall, oder hingen sie zusammen?
    Eine vertraute Stimme fragte vorne am Tresen nach Senf. Bente hatte sich eine Suppe mit Würstchen geholt und blickte jetzt in ihre Richtung. Emma erhob sich halb und winkte sie zu sich. Ins

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