Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
in den Schmutz gezogen werden sollte.
Ob der Trubel der letzten Tage und Wochen der rechten Partei geholfen oder geschadet hatte, darüber wurde jetzt auf allen Kanälen diskutiert. Der Moderator kündigte Konrad Weiß an, Deutschlands Experte für die Rechte Liga, ein Mann, dessen Gesicht spätestens heute Abend nach den Diskussionen im Fernsehen jeder Deutsche kennen würde und dessen neues Buch schon vor der Veröffentlichung alle Vorbestellungslisten sprengte. Als die markante Stimme von Weiß ertönte, stellte Emma das Radio aus.
Langsam ließ sie die Autoschlangen hinter sich. Die weißen Flecken auf den Feldern waren nun endgültig verschwunden, und trotz der Kälte, die sich hartnäckig hielt, war schon der Geruch des Frühlings in der Luft.
Staatssekretär Eberhard Hirsch hatte die Kollegen in Brandenburg darüber informiert, dass die Rechte Liga den Kauf des Pfarrhauses plante, um ein Schulungszentrum aufzubauen. Die Verwaltung hatte interveniert, und mittlerweile verkündete auch die Kirche, den Verkauf des Geländes noch einmal überdenken zu wollen. Ministerpräsident Platzeck nahm den Vorfall zum Anlass, einen Appell an die Brandenburger zu richten, an der Wahl teilzunehmen. Jede Stimme für die bürgerlichen Parteien war eine Stimme gegen rechts.
Emma blinkte und fuhr bei Straußberg von der Bundesstraße.
Hier trugen die meisten Wagen vor ihr das Kennzeichen für Märkisch-Oderland.
Brandenburg, Kreisstadt Müncheberg,
Kreiskrankenhaus
D er Parkplatz vor dem Haupteingang war voll, Familien im Sonntagsstaat strömten in das Gebäude, die Arme voller Blumen und Obst. Emma fragte sich durch und klopfte bald an eine Zimmertür der chirurgischen Station.
Der Pastor lächelte ihr entgegen. Er sah blass und schmal aus, der rechte Armstumpf wirkte frisch verbunden. Emma grüßte verlegen und ärgerte sich, dass sie nicht an Blumen gedacht hatte. Der Pastor fragte sie über die Vorfälle bei der Beerdigung aus und gestand, dass er froh war, nicht daran hatte teilnehmen zu können. Sie legte ihm die Hand auf den linken Arm. Dann fiel ihr noch etwas ein.
»Pastor Brinkmann, warum haben Sie mir nicht gesagt, dass der Bürgermeister der beste Freund Ihres Sohnes war? Dass Thomas in Wahrheit Christian Eichwald hieß?«
Der Pastor sah sie erstaunt an.
»Aber das habe ich Ihnen doch gesagt, Enna!« Er beugte sich, so weit es ihm möglich war, nach vorn. »In unseren Berufen, Frau Journalistin, ist es wichtig, gut zuhören zu können!« Er lehnte sich wieder zurück und lächelte trotz der Schmerzen, die er offensichtlich empfand. »Bei Ihnen und bei mir in der Kirche. Aber Sie, Enna, Sie brennen einfach zu sehr.«
Emma schwieg. Dann fragte sie den Mann nach seinen Plänen.
»Das hängt davon ab, wie sich die Kirche verhält. Heute früh war eine Frau aus dem Dorf hier zu Besuch, sie erzählte mir, dass sich eine Bürgerinitiative gegründet hat. Es könnte sein, dass ich dort wohnen bleibe und sehe, was ich tun kann.«
Emma lächelte und dachte an Heike. Vielleicht wurden doch noch ein paar Träume der jungen Frau wahr, wenn auch anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Der Pastor würde sie sicher unterstützen. Ein Blick auf den Kranken zeigte ihr, dass ihn das Gespräch angestrengt hatte. Sie verabschiedete sich, versprach, bald wiederzukommen, und ging leise aus dem Zimmer. Als sie die Tür hinter sich zuzog, war der Pastor schon eingeschlafen.
Als sie aus dem Fahrstuhl trat, sah sie Blume am Empfang stehen. Er hatte die Arme verschränkt, wippte ungeduldig mit den Schuhspitzen und wartete, dass er an die Reihe kam. Sie ging auf ihn zu und sagte: »Er liegt auf Station 7, Zimmer 114. Aber lass ihm noch etwas Zeit, er ist gerade eingeschlafen.«
Blume hatte beim Klang ihrer Stimme überrascht hochgesehen. Jetzt löste er seine Arme aus der Verschränkung und nickte verlegen.
»Trinkst du noch einen Kaffee mit mir?«
»Ich will lieber zurück.«
Er nickte wieder. Sie lächelte knapp zum Abschied und wandte sich zum Ausgang. Vor der Tür hatte er sie eingeholt.
»Emma. Warte doch mal.«
Sie blieb stehen. Eine Gruppe in Bademänteln sah ihr neugierig entgegen. Sie standen um einen zylinderförmigen Standaschenbecher herum und zogen an ihren Zigaretten. Blume trat an ihre Seite und schob seine Hände in die Hosentaschen.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.«
»Danke.«
Einer der Männer in der Raucherecke lachte. Sein Atem stieg in Wolken nach oben, es war immer noch empfindlich
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