Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden
Schwierig genug – und selbst das ist nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung dafür, dass die Singularität das Rennen gewinnt.
Wir müssen zunächst die politische Geographie neu ordnen, um Platz zu schaffen für globale Institutionen, die in der Lage sind, die Kriegsgefahr zu bannen und den Klimawandel zu bremsen. Und wir müssen ferner die Zeit nutzen und die Energieausbeute ein weiteres Mal revolutionieren. Nur so versetzen wir uns in die Lage, die von den fossilen Energieträgern vorgegebene Grenze zu durchbrechen. Wenn wir weiterhin so viel Öl und Kohle verbrennen wie im 20. Jahrhundert, erwischt uns die Weltendämmerung vielleicht noch, bevor die Kohlenwasserstoffe verbraucht sind.
Einige Umweltschützer empfehlen ein anderes Vorgehen. Sie plädieren für die Rückkehr zu einfacheren Lebensweisen, um den Energieverbrauch zu senken und dadurch die Erderwärmung zu stoppen. Doch ist zweifelhaft, ob und wie das gelingen kann. Die Weltbevölkerung wird wahrscheinlich bis 2050 um weitere drei Milliarden Menschen auf ihr Maximum wachsen und entsprechend mehr Energie verbrauchen. David Douglas, als Vizepräsident von Sun Microsystems für eine nachhaltige Unternehmenspolitik verantwortlich, hat vorgerechnet, dass allein, wenn jeder dieser zusätzlichen Menschen nur eine herkömmliche 60-Watt-Birne besitzt und diese bloß täglich vier Stunden lang nutzt, weltweit weitere 20 oder mehr 500-Mega-Watt-Kraftwerke ans Netz gehen müssen. 45 Und die Internationale |586| Energieagentur (IEA) veranschlagt einen Anstieg des Erdölbedarfs von täglich 86 Millionen Barrel im Jahr 2007 auf 116 Millionen im Jahr 2030 – und dann wären noch immer 1,4 Milliarden Menschen ohne Strom.
Die Zahl der Armen auf der Welt wird sich vervielfachen, aber auch in bestimmten Regionen und für die Angehörigen bestimmter sozialer Schichten wird der Wohlstand zunehmen – und dieser Doppelschlag wird verhindern, dass die Energieausbeute in den nächsten 50 Jahren sinken wird. Setzen wir weniger Energie zur Herstellung von Düngemitteln und zum Transport von Lebensmitteln ein, werden Hunderte von Millionen Armen verhungern. Dann wird vermutlich die Weltendämmerung noch schneller über uns hereinbrechen als alles andere. Doch wenn die Menschen nicht Hungers sterben, werden sie mehr und mehr Energie verlangen. Allein in China kommen jeden Tag 14 000 neue Kraftwagen auf die Straße. 400 Millionen Menschen (mehr als die Gesamtbevölkerung der USA) werden zwischen 2000 und 2030 ihre niederenergetischen Äcker und Höfe verlassen und in die Städte mit ihrem hohen Energiebedarf ziehen. Und die Zahl der Reisenden, die für ihre Ferien mit Düsenjets nach Übersee fliegen und dort in Hotels leben, wird von 34 Millionen im Jahr 2006 auf 115 Millionen im Jahr 2020 steigen.
Nichts spricht dafür, dass wir unsere Energieaufnahme reduzieren werden, bevor uns eine Katastrophe dazu zwingt – was bedeutet, dass wir dem Ausverkauf der Ressourcen, der Vergiftung des Planeten oder beidem nur dann entkommen, wenn wir saubere, also erneuerbare Energiequellen anzapfen.
Atomenergie wird wohl oder übel ein großer Teil davon sein. Die Furcht vor radioaktiver Strahlung hat den Atomprogrammen seit etwa 1970 Fesseln angelegt; vielleicht wird diese Furcht vergehen, wenn das neue Jahrhundert auch auf neue Gedanken kommt. Gewiss wird auch die Sonnenenergie größere Bedeutung erlangen: Nur die Hälfte eines Billionstels der Energie, die die Sonne ausstrahlt, gelangt zur Erde, und davon wiederum wird rund ein Drittel zurück ins All reflektiert. Und doch erreicht uns jede Stunde genügend Sonnenenergie, um den aktuellen Energiebedarf der Menschheit für ein Jahr komplett zu decken – wenn wir diese Energie denn effektiv nutzbar machen könnten. Vielleicht könnten auch mit Hilfe der Nanotechnologie und der Genetik völlig neue Energiequellen geschaffen werden. Das mag noch nach Science-Fiction klingen, und es wird gewaltiger technischer Anstrengungen bedürfen, um ein Zeitalter ausreichend verfügbarer sauberer Energien herbeizuführen. Doch wenn uns solche Sprünge nicht – und vor allem: bald – gelingen, wird die Weltendämmerung das Rennen machen.
Damit wir die Singularität erreichen, müssen wir die Hunde des Krieges an der Leine halten, die Klimasprünge meistern und eine Energierevolution durchziehen. Und das alles muss gleichermaßen klappen. Um die Weltendämmerung gewinnen zu lassen, reicht es aus, dass die Beherrschung nur eines
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