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Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Titel: Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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gibt mehrere Möglichkeiten, wie sich unsere Zukunft entwickeln könnte, doch die meisten laufen auf ein finsteres Ende hinaus: auf die Schwärze der Weltendämmerung.
    Darüber, was Singularität für die Vorherrschaft des Westens bedeuten wird, lässt sich endlos diskutieren, was es mit der Epochendämmerung auf sich hat, zeichnet sich sehr viel klarer ab. 1949 sagte Albert Einstein zu einem Journalisten: »Ich weiß nicht, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen werden wird, aber ich kann Ihnen sagen, womit sie im vierten kämpfen werden: mit Steinen.« 39 Nach der Dämmerung wird niemand die Welt regieren, weder Ost noch West.
    Das Große Rennen
    Das Gespräch mit dem Geist des Vergangenen führt zu einem beunruhigenden Schluss: Das 21. Jahrhundert kann eigentlich nur zu einem Wettlauf werden. Auf der einen Bahn unterwegs ist die Singularität, auf der anderen die Weltendämmerung. Eine wird gewinnen, die andere verlieren. Eine Silbermedaille wird es nicht |583| geben. Entweder werden wir bald (vielleicht schon vor 2050) eine Transformation in Gang setzen, die die industrielle Revolution weit in den Schatten stellen und die meisten unserer aktuellen Probleme in Wohlgefallen auflösen wird; oder wir stolpern in einen Zusammenbruch, wie es bislang keinen gab. Schwer zu sagen, wie irgendein mittlerer Weg funktionieren soll – ein Kompromiss, durch den es allen Menschen ein bißchen besser geht, China schrittweise die Führung übernimmt und alles andere ähnlich weiterläuft wie bisher.
    Das aber heißt, dass die nächsten 40 Jahre die bedeutsamsten der Weltgeschichte sein werden.
    Was die Welt braucht, um ihrer Dämmerung zu entgehen, ist in erster Linie, alles dafür zu tun, um einen globalen Atomkrieg zu verhindern. Und was die Großmächte dazu beitragen können, ist die Reduktion ihrer Arsenale. Deren völlige Abschaffung könnte paradoxerweise ein größeres Risiko bergen, denn die Erfindung der Atombombe ist nicht rückgängig zu machen, und die
bad guys
, Terroristen und die Machthaber in Schurkenstaaten, werden Atomwaffensperrverträge in jedem Fall ignorieren. Am stabilsten wird die Situation daher bleiben, wenn die Großmächte über genügend Waffen verfügen, Aggressoren abzuschrecken, diese aber nicht ausreichen, um uns alle auszulöschen.
    Die ursprünglichen Atommächte – USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China – haben sich seit den 1980er Jahren in diese Richtung bewegt. Während des Kalten Krieges machte Lewis Fry Richardson – der britische Mathematiker, Pazifist und Meteorologe (der die Wetterforschung aufgab, als ihm klar wurde, wie sehr er damit die Luftwaffe unterstützte) – eine viel zitierte Rechnung auf. Ihr zufolge lag die Wahrscheinlichkeit bei 15 bis 20 Prozent, dass vor 2000 ein Atomkrieg ausbrechen würde. 2008 jedoch konnte der Energiewissenschaftler Vaclav Smil eine deutlich optimistischere Schätzung vorlegen. Er bezifferte die Chance, dass ein Konflikt der Größenordnung des Zweiten Weltkriegs (dem 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen) vor 2050 ausbrechen könnte, mit weniger als einem Prozent. 40
    Zweithöchste Priorität hat die Aufgabe, das »global weirding« zurückzudrängen, also die Zunahme extremer Witterungsereignisse zu bremsen. Darum steht es nicht sonderlich gut. 1997 versammelten sich die Mächtigen der Welt in Kioto zur Verabschiedung eines Klimaschutzprotokolls. Vereinbart wurde, die Emission von Treibhausgasen bis 2012 um 5,2 Prozent unter den Stand von 1990 zu drücken. Den größten Teil dieser Reduktionen hätten die reichen Staaten des Westens bewerkstelligen müssen, weshalb es die USA – in den 1990er Jahren die weltgrößten Luftverschmutzer – vorzogen, das Protokoll nicht zu ratifizieren. Viele Kritiker hatten, wie ein indischer Delegierter formulierte, den Eindruck, hier empfählen »Leute mit starker Fettleibigkeit anderen, die sich gerade von Auszehrung erholen, eine heftige Diät« 41 . Doch die amerikanische Regierung blieb stur: Auch Indien und China (das die USA 2006 als größten Luftverschmutzer ablöste) müssten zu Einschnitten bereit sein.
    |584| Der politische Wille zu umfassenden Vereinbarungen fehlt offenbar noch immer, wie vor allem der Ende 2009 gescheiterte Weltklimagipfel in Kopenhagen bewiesen hat. Nicholas Stern hat in seinem Report geschätzt, dass die Einführung CO 2 -armer Technologien, der Schutz der Wälder und die Steigerung der Energieeffizienz – von Maßnahmen also, die in der Lage

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