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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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würde sie nicht herausfinden, indem sie sich schlaflos im Dunkeln hin und her wälzte.
    Die andere, beunruhigendere Frage hatte damit zu tun, dass sie überhaupt noch lebte und sie stellen konnte. Da konnte nur Fallan sie aufklären.
    Mit immer noch klopfendem Herzen und trockenem Mund beschloss sie, in die Küche zu gehen und sich ein Glas Leitungswasser zu holen. Im Flur erkannte sie am Schimmern um die Küchentür, dass dort noch Licht brannte. Als sie hineinging, war Fallan immer noch mit der Lupe über den Karten am Werk. Die Küchenuhr zeigte jetzt halb drei an, und er hatte sich anscheinend nicht vom Fleck gerührt, seit sie sich vor knapp vier Stunden von trügerischer Ermüdung ins Bett hatte locken lassen.

    Diesen Mann wollte sie wirklich nicht zum Feind haben. Er war eine Maschine.
    Als sie den Hahn aufdrehte und das erste, abgestandene Wasser ablaufen ließ, wurde sie von ihren letzten Gedanken gedrängt, das Thema anzusprechen, das ihr am meisten zu schaffen machte.
    »Heute Nachmittag vor dem Laden – woher wussten Sie da, dass wir gleich beschossen werden würden? Als Sie reagiert haben, war das Auto hinter uns, und vorher hatten Sie gar nicht genau hingesehen. Und plötzlich werfen Sie mich gerade rechtzeitig aus dem Weg. Als hätten Sie hinten Augen. Genau wie Mittwoch.«
    Fallan starrte sie an, als würde er abwägen, ob sie eine Antwort wert war, und einen langen Augenblick nahm sie an, sie würde keine bekommen.
    »Angst«, sagte er schließlich. »Ich höre auf meine Angst.«
    Jasmine sah ihn fragend an. Sie verstand nicht und fürchtete, dass er genau das erwartet hatte.
    »Ich hatte auch Angst«, erklärte sie, »aber erst als er geschossen hatte, als ich wusste, dass ich in Gefahr war. Sie wussten es schon vorher. Woher?«
    »Ich meine keine bewusste, spezifische Angst, sondern unterbewusste, allgemeinere. Etwas, was man spürt und nicht denkt – das intensive Gefühl, das einem drängend und eindeutig klarmacht, dass man in Gefahr ist. Kennen Sie das nicht? Wenn man plötzlich irgendwie merkt, dass in der direkten Umgebung irgendetwas einfach nicht stimmt.«
    Wie wenn man einen Killer in der Küche sitzen hat, dachte Jasmine. Sie musste an den Anfang der ganzen Sache zurückdenken, als sie abrupt von einer unerklärlichen Beklemmung überrumpelt worden war.
    »Doch. Montagmorgen, als ich ins Büro gekommen bin. Da wusste ich, dass irgendwas nicht stimmte, aber ich wusste nicht, woher .«

    »Da wollte die Angst Ihnen etwas sagen. Bewusste Gedanken nehmen nur einen kleinen Teil des Gehirns in Anspruch – der größte Teil verarbeitet unterbewusst die Sinneswahrnehmungen. Unsere bewussten Gedanken basieren hauptsächlich auf Sprache, die sich erst relativ spät entwickelt hat. Sie ist wie ein hübsches, aber schlecht geschriebenes Programm auf dem leisen, effizienten, unterbewussten Betriebssystem, das neue Informationen viel, viel schneller verarbeiten kann. Der Teil des Gehirns, der einem sagt, dass man rennen muss, weil er ein Raubtier oder eine Lawine wahrgenommen hat, war schon lange vor der Sprache da und reagiert viel direkter.«
    Sie wusste noch, wie sie hinterher in Jims Büro ihre Umgebung analysiert und nach den kleinen Hinweisen gesucht hatte, die ihr Gehirn unterbewusst sofort erkannt hatte.
    »Und aus welchen Informationen hat Ihr Gehirn geschlossen, dass gleich jemand auf uns schießen würde?«, fragte sie.
    »Gute Frage. Dass der Wagen auf dem Weg in die Sackgasse nicht gebremst hat; vielleicht ist er irgendwie auffällig gefahren; vielleicht hat kurz etwas aufgeblitzt, was mein Gehirn erst mithilfe anderer Informationen als Pistole erkannt hat – ich weiß es wirklich nicht. Ich kann versuchen, es im Nachhinein zu analysieren, aber darum geht’s ja gerade: Das war keine Reaktion auf eine rationale Analyse, sondern auf etwas, was eine rationale Analyse verworfen hätte.«
    »Sie haben sich darüber anscheinend schon mal Gedanken gemacht.«
    »Das gehört bei meinem Leben dazu. Wir hören normalerweise nicht richtig auf die Angst. Wir spüren sie, versuchen aber, sie zu rationalisieren, indem wir bewusst und in Worten darüber nachdenken. Dann wollen wir uns meistens beruhigen und Gründe finden, warum es ein falscher Alarm war. Wir reden uns ein, dass alles wieder gut wird . Und für viele Leute war ich der Grund, dass es nicht wieder gut wird. Ich hab immer auf meine Angst gehört, und deshalb bin ich heute noch am Leben.«
    Jasmine sah sich die Landschaftsstreifen

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