Wer schlafende Hunde weckt
hat was zu sagen?«
Abercorn blieb die Antwort im Hals stecken. Er schaute plötzlich Catherine an, bevor sie beide fast gleichzeitig antworteten.
»Frankie Callahan.«
»Gangster und Bullen vom alten Schlag«, sinnierte Fallan. »Alte Bündnisse und alte Gewohnheiten vergehen nicht.«
»Alte Gewohnheiten wie Spuren verwischen und Beweise verschwinden lassen«, sagte Catherine. »Wir wissen alles, haben aber nichts in der Hand. So einfach verknacken wir die Kerle nicht.«
»Dann sorgen wir dafür, dass sie es selbst tun«, erwiderte Fallan ernst.
»Wie?«, fragte Catherine mit der zaghaften Neugier von jemandem, der weiß, dass es eine Antwort gibt, aber nicht, ob sie ihm gefällt.
»Wie ich’s sehe«, antwortete Fallan, »können Sie nicht auf Ihre üblichen Kanäle zurückgreifen, weil Sie nicht wissen, wer mit denen in Kontakt steht. Das heißt, Sie müssen die Ermittlung an Sharp Investigations übergeben – Jasmine und ich kümmern uns drum.«
Catherine sah ihn mit mahnender Skepsis an.
»Dabei muss etwas rauskommen, was wir vor Gericht verwenden können«, warnte sie. »Wenn Sie jemanden an einen Stuhl fesseln und im Hintergrund Gerry Rafferty laufen lassen, braucht’s keinen Ruaraidh Wilson, um uns fertigzumachen.«
Fallan tat unschuldig und verletzt, wodurch er für Jasmine paradoxerweise dämonischer aussah, als je zuvor. Und da hatte er ihr noch nicht mal erklärt, was er vorhatte.
»Nein, nein, bei dem Plan verlassen wir uns nicht nur auf meine Talente.«
Einfache Fahrt in die Campsies
Jasmine hörte Schritte draußen im Flur, atmete kontrolliert und bereitete sich auf ihren Einsatz vor. Sie musste es auf Anhieb richtig verkaufen. Diesmal gab es keine Proben, keine Wiederholungen und keine zweite Aufführung, bei der sie sich verbessern konnte.
Sie musste besorgt wirken, aber nicht ängstlich; die Angst kam später. Eher verzweifelt als resigniert. Demütig. Zerknirscht. Hilflos. Genau wie am Telefon.
»Mr McDade, es tut mir leid, es tut mir so schrecklich leid«, hatte sie gesagt. »Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden soll. Ich weiß, dass sie mir gesagt hatten, ich soll die Sache Ihnen überlassen … hätte ich das bloß getan. Aber ich … ich hab mir solche Sorgen um Jim gemacht. Ich hab doch sonst niemanden. Ich musste einfach wissen, was los ist, aber … es war alles so schrecklich. Irgendwer hat auf uns geschossen, und dieser Fallan, der Psychopath …«
An der Stelle hatte sie sogar Tränen hinbekommen; zumindest das Schluchzen.
»Jetzt mal ganz langsam, junge Frau. Ganz ruhig. Tief durchatmen. Was ist passiert?«
»Viel zu viel. Das Ganze ist völlig außer Kontrolle geraten. Ich hab ein paar Sachen rausgefunden, und ich hab Angst. Der Typ, von dem Sie geredet haben, Glen Fallan, der ist nicht tot. Ich dachte erst, er wär jemand anders, und er würd mirhelfen, aber er ist genauso, wie Sie gesagt haben, und irgendwer will ihn umbringen, und jetzt ist er festgenommen worden, und wenn die auch hinter mir her sind, kann mir keiner helfen, und da gibt’s so Fotos, und ich weiß nicht …«
»Halt, halt, halt. Ganz ruhig. Er ist festgenommen worden?«
»Ja. Er hat auf irgendwelche Polizisten geschossen, und war dabei mit meinem Auto unterwegs, und ich hab Angst, dass die denken, dass ich was damit zu tun hab. Ich weiß ja, dass Sie gesagt haben, ich soll mich da raushalten, aber ich glaub, das hat alles damit zu tun, was mit Onkel Jim passiert ist. Haben Sie schon irgendwas rausgefunden?«
»Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt. Aber nichts so Dramatisches wie Sie anscheinend. Was war das mit irgendwelchen Fotos?«
»Das sind so Infrarotbilder, die Jim angefordert hatte. Luftaufnahmen vom Norden von Glasgow, hauptsächlich von den Campsie Hills, Ende 1983 aufgenommen. Der Typ, von dem er die haben wollte, hat gesagt, da kann man auch Körperwärme drauf sehen, sogar von Friedhöfen. Ich glaub, Jim wollte rauskriegen, wo irgendwelche Leichen liegen, und irgendwer hat ihn deswegen umgebracht. Ich hab Angst, dass ich als Nächstes dran bin. Aber wenn ich Ihnen die Fotos gebe, können Sie da doch ermitteln, oder? Dann können Sie rauskriegen, was los ist, und wer dahintersteckt, und dann bin ich sicher, und …«
»Ganz ruhig, junge Frau. Keine Angst. Alles wird gut. Haben Sie die Fotos bei sich?«
»Ja. Ich bin in Jims Büro. Hab mir gedacht, hier bin ich am sichersten, weil die hier schon eingebrochen sind. Können Sie herkommen? Bitte?
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