Wer schlafende Hunde weckt
vor Gericht gehen.«
»Das ist noch Zukunftsmusik«, warnte Abercorn. Er wandte sich an Jasmine. »Was wollten Sie uns eigentlich über Fletcher sagen?«, fragte er.
»Er war letzten Dienstag im Büro«, erwiderte sie. »Er hat gesagt, er hätte von der Vermisstenmeldung gehört und wollteermitteln, weil er Jim von der Arbeit kannte. Im Nachhinein ist mir aber aufgefallen, dass er sich ziemlich erschreckt hat, als er reinkam, als hätte er nicht mit mir gerechnet.«
»Der wollte die Bude ausräumen«, urteilte Fallan. »Alle Akten mitnehmen, die Jim mit den Ramsays in Verbindung bringen. Er – oder einer von seinen Leuten – hat’s später nachgeholt, als wir weg waren.«
»Er hat sich auch komisch benommen«, sagte Jasmine. »Anfangs sehr ernst, voller Fragen, und dann hat er mich ziemlich schnoddrig abgefertigt und gesagt, ich soll mir keine Gedanken machen.«
»Er hat Sie ausgehorcht, wie viel Sie wissen«, erklärte Catherine. »Und dann hat er beschlossen, dass Sie keine Gefahr darstellen.«
»Dummes kleines Huhn, das nicht weiß, was es macht«, erwiderte Jasmine und zuckte die Schultern.
»Trotzdem sind die Ihnen am nächsten Tag gefolgt«, sagte Fallan. »Und als Sie dann nicht nur weiter nachgeforscht haben, sondern auch noch als Erstes zu mir gefahren sind, wurden die unruhig. Schlimm genug, dass die Geister der Vergangenheit wieder auferstehen, und wenn sie dann noch den sicheren Drei-Millionen-Deal gefährden … Ich glaub, ich nehme die Entschuldigung von eben doch zurück. Keiner von uns wäre ein Kollateralschaden gewesen. Als die uns zusammen gesehen haben, mussten wir beide sterben.«
»Aber warum sollten die sich von Ihnen bedroht fühlen?«, fragte Jasmine. »Sie konnten die nicht mit dem Verschwinden der Ramsays in Verbindung setzen, sondern nur mit Ihrem Vater.«
»Mein Vater ist nicht der Einzige, mit dem die nicht in Verbindung gebracht werden wollten.«
»Mit wem denn noch?«, fragte Catherine, deren Stimme Jasmines überraschten, ungeduldigen Ton angenommen hatte.
»Heroin für drei Millionen bringt drei alten Bullen nichts, wenn sie ihren Ruhestand nicht damit verbringen wollen, auf dem Pubklo Tütchen für ’nen Zehner zu verticken. Die mussten auch einen Käufer an der Hand haben.«
Fallan wandte sich an Abercorn.
»Sie sind hier der Experte für organisierte Kriminalität. Was macht Tony McGill denn heute so?«
Abercorn verzog das Gesicht, als er wohl etwas tiefer in seinem Gedächtnis kramen musste als erwartet.
»Hat knapp zwanzig Jahre gesessen, nachdem er in Liverpool mit einem frisch gekauften Drogenkoffer erwischt wurde, der Motley Crue ein Jahrhundert lang bei Laune halten könnte. Hat immer behauptet, er wäre reingelegt worden, aber das war ja bei OJ nicht anders.«
»Er ist auch reingelegt worden«, erwiderte Fallan. »Nur nicht von der Polizei, wie es in seinen persönlichen Legenden heißt. Das ist aber graue Geschichte. Was macht er heute?«
»Ist vor sechs Jahren rausgekommen. Seinen Sohn, auch Tony, kennen Sie?«
»Teej. Lebender Beweis, dass Talent oft eine Generation überspringt.«
»Ja. Er hat den Familienbetrieb übernommen, und Tony senior hat von drinnen die Fäden gezogen. Kein ›Goldenes Zeitalter‹, kann man wohl sagen. Als Tony zurückkam, war von seinem einstigen Imperium kaum noch etwas übrig. Da war er sechzig. Jetzt ist er siebenundsechzig, achtundsechzig. Nicht gerade auf dem aufsteigenden Ast.«
»Gangster sind keine CID – Bullen. Da gibt’s kein festes Pensionsalter.«
»Der alte Tony sieht sich auf jeden Fall noch als großen Mann, aber für alle anderen ist er eine Witzfigur. Ein Mann von gestern. Hat immer noch viele Kontakte, aber die werden auch älter und sterben aus. Hat auch immer noch die gleichen Probleme wie früher, nämlich keinen eigenen Lieferanten.Vor allem sind seine schlimmsten Ängste Wirklichkeit geworden, während er gesessen hat.«
»Wer das Spice kontrolliert, kontrolliert das Universum«, sagte Fallan.
Diese Achtziger-Film-Anspielung entlockte Catherine unwillkürlich ein winziges Lächeln. Sonst hatte sie aber keiner verstanden, schon gar nicht Jasmine.
»Die, die eine direkte Versorgung hatten, konnten sich breitmachen«, erklärte Abercorn. »Selbst wenn McGill nicht gesessen hätte, hätte er nicht verhindern können, dass ihm seine Macht verloren ging. Alle seine alten Reviere – Gallowhaugh, Shawburn, Croftbank – man kennt ihn da noch, aber er hat nichts mehr zu sagen.«
»Und wer
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