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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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etwas zugänglicher.
    »Kommen Sie doch rein und setzen Sie sich kurz. Tron arbeitet gerade noch hinten, macht aber gleich Pause. Ist ja fast schon Mittag.«
    Sie öffnete die Tür ein Stück weiter und trat zur Seite.
    »Ich bin übrigens Rita«, sagte sie. »Rita Cranleigh. Mussten Sie weit fahren?«
    »Aus Glasgow.«
    Rita führte sie in den Flur, der nach der Sonne draußen dunkel wirkte. Die Eichenvertäfelung an den Wänden schluckte eine Menge Licht und ließ ihre Schritte auf dem lackierten Dielenboden widerhallen. Jasmine sah eine Treppe zu einer Galerie, von der drei Türen abgingen. Alle waren geschlossen. Hinter einer davon hörte sie immer noch die Kinderstimmen.
    Rita merkte, wie sie hinaufschaute, und wie neugierig sie war. Sie führte Jasmine an der Treppe und weiteren geschlossenen Türen vorbei in eine riesige Küche nach hinten raus. Jasmine hörte die Kettensäge jetzt lauter und näher, konnte ihren Benutzer aber immer noch nicht sehen; obwohl sich ihr Unbehagen langsam legte, war sie sich nun doch ziemlich sicher, dass es tatsächlich eine Kettensäge war.
    »Sie wollen wohl wissen, was das hier für ein Haus ist«, sagte Rita, die sich Jasmines Neugier seltsam sicher schien.
    »Ich will hier nicht rumschnüffeln«, erwiderte sie höflich. »Wenigstens nicht, was das angeht«, fügte sie mit verlegenemKichern hinzu. (Ich bin nämlich eine echte Privatdetektivin. Wirklich.)
    »Es ist ein Zufluchtsort«, sagte Rita ruhig. »Die Frauen hier wollen meist nicht, dass ihr Aufenthaltsort bekannt wird, also müssen Sie entschuldigen, dass ich eben etwas abweisend war.«
    »Kein Problem. Unter diesen Umständen hätte ich wohl nichts Schlimmeres sagen können als ›ich bin Privatdetektivin‹.«
    »Das stimmt«, erwiderte Rita und grinste, als sie den Wasserkocher füllte. »Andererseits würde ein Privatdetektiv, der eine unserer Frauen sucht, sich wohl nicht unbedingt sofort als solcher ausweisen.«
    Jasmine fürchtete einen Augenblick lang, dass Rita damit andeuten wolle, sie habe sie sofort als ungeschickte Amateurin erkannt, und ließ sich dazu verleiten, ihr einen neuen Misstrauensgrund zu geben.
    »Könnte natürlich auch eine falsche Fährte sein. Lieber nach einem Mann fragen, um Sie abzulenken.«
    »Nein«, erwiderte Rita fast amüsiert. Sie öffnete eine große, zweitürige Kühlgefrierkombination und stellte eine Milchtüte auf den Tisch neben eine Zuckerschale. »So jemand würde den Namen Tron Ingrams nicht kennen. Er behandelt unsere Zusammenarbeit diskret. Und überhaupt würde keiner versuchen, über ihn an die Frauen zu kommen. Der durchschaut sofort jeden.«
    »Was macht er denn bei Ihnen?«
    »Er arbeitet hier auf freiwilliger Basis, wenn er Zeit hat. Als Gärtner, Handwerker, Bote, alles, was so anfällt, um den Laden am Laufen zu halten. Er war früher Soldat. Er könnte einem morgens den Schuppen abreißen und nachmittags aus dem Material eine Brücke bauen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie wir je ohne ihn klargekommen sind, auch wenn wir es immer noch ab und an müssen. Er ist oft außer Landes.«

    »Was macht er da?«
    »Arbeiten.«
    Jasmine fragte sich, ob sie nachhaken sollte, weil sie sich nicht sicher war, ob Rita absichtlich so vage geantwortet hatte oder es einfach nicht wusste.
    Sie hörte, wie sich irgendwo im Haus eine Tür öffnete und ein paar Sekunden später wieder schloss.
    »Die kommen erst wieder raus, wenn Sie weg sind«, erklärte Rita und holte drei Tassen aus einem Regal. Die Zahl stimmte Jasmine gleichzeitig erwartungsvoll und besorgt. »Sie wollen von niemandem gesehen werden, damit nichts zu den Leuten durchdringen kann, vor denen sie geflohen sind. Wir ergreifen alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen, aber nichts ist todsicher. Manchmal verplappert sich jemand oder vertraut dem Falschen. Im Laufe der Jahre sind eine Menge Ehemänner und Partner hier aufgetaucht, und das ist nicht nur für unsere Frauen eine große Belastung. So etwas zerstört bei allen das Sicherheitsgefühl.«
    »Was machen Sie dann?«
    »Dann müssen wir die Polizei rufen.«
    Sie hörte sich so an, als wäre das meistens den Ärger nicht wert.
    »Die verwarnen die Männer und erteilen ihnen einen Platzverweis, aber die kommen doch wieder. Wenn sie wissen, dass ihre Frau oder Freundin hier ist, lassen sie nicht locker. Außer natürlich, wenn Mr   Ingrams da ist«, fügte sie hinzu und zog die Augenbrauen hoch. »Wenn der jemanden verwarnt, kommt er nie wieder.«
    Der Lärm draußen

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