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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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silberfarbener Passat vor dem Haus, und der Fahrer stieg eiligaus, als wollte er unbedingt als Erster bei Tron und Jasmine sein.
    Nach einer flüchtigen Begrüßung bat Anne sie in die Küche. Sie ließ den Besuch vorgehen und fragte ihren Mann mit fast vorwurfsvoller Neugier, was er schon zu Hause machte.
    »Ich hab doch gesagt, ich mache früher Schluss, damit ich rechtzeitig da bin.«
    »Ja, aber das musste wirklich nicht sein. Ich schaff das alleine, das weißt du doch.«
    Jasmine fiel eine spezielle Spannung zwischen den beiden auf. Nämlich die Spannung zwischen zwei Leuten, die weder sich noch sonst wem eingestehen wollen, dass es eine Spannung gibt. Nicht aggressiv, nicht kochend, ohne Wut und Ärger, aber wenn man es erst bemerkt hatte, sah man gar nichts anderes mehr.
    Annes Mann hieß Neil Caldwell, wie Jasmine den Briefumschlägen auf einer Küchenarbeitsplatte entnahm. Er trug Hemd und Krawatte, worin er sich aber sichtlich unwohl fühlte. Anne Ramsay dagegen war ziemlich locker angezogen, sah aber trotzdem völlig zugeknöpft aus. Sie trug eine luftige Hose und ein T-Shirt, aber Jasmine hatte den Eindruck, dass formellere Kleidung besser zu ihr passte, wie zu ihrem Mann informelle.
    »Also, was haben Sie für uns?«, fragte Caldwell eilig, bevor den beiden auch nur ein Stuhl am Küchentisch angeboten worden war.
    Auf einem Teller lag noch die Kruste eines Marmeladenbrots, die das kleine Mädchen wohl zurückgelassen hatte. Mitten auf dem Tisch warteten drei Hot-Wheels-Autos in einer Reihe vor dem Zuckerschalen-Kreisverkehr.
    Anne schaute ihren Mann genervt an; er sollte wohl erst mal die Klappe halten. Sie schlug vor, dass sie sich setzten. Jasmine blieb bei ihren ersten Worten lieber stehen, weil sie sich dann weniger erbärmlich vorkam.

    »Zuerst möchte ich mich entschuldigen: Jim Sharp hätte sich Anfang der Woche bei Ihnen melden sollen, womit wir auch schon beim Grund unseres Besuchs wären. Jim ist am Montag nicht zur Arbeit gekommen, und wir wissen nicht, wo er ist.«
    Anne wirkte im ersten Augenblick völlig niedergeschlagen und dann etwas besorgt.
    »Er ist verschwunden? Haben Sie sich bei der Polizei gemeldet?«
    »Die Polizei weiß Bescheid«, erwiderte Ingrams, »aber ohne verdächtige Umstände können die keine Ermittlungen einleiten.«
    Gut ausgedrückt, dachte Jasmine. Genau genommen stimmte beides.
    »Und Sie meinen, das hat etwas mit seiner Arbeit für mich zu tun?«, fragte Anne.
    »Als seine Kollegen ermitteln wir in mehrere Richtungen«, erwiderte Jasmine. »Im Moment überprüfen wir alle Fälle, an denen er gerade gearbeitet hat. Zu den meisten haben wir detaillierte Akten, aber wir mussten Sie stören, weil Jim leider Ihre Fallakte bei sich hatte, als er verschwand.«
    Jasmine bemühte sich um einen ernsten, professionellen Ton, weil sie noch wusste, wie wütend Anne Anfang der Woche am Telefon geworden war.
    »Ich kann verstehen, wenn es für Sie schwierig oder zumindest anstrengend ist, aber wir bräuchten von Ihnen eine Zusammenfassung des Falls, in dem Jim für Sie ermittelt hat.«
    Anne seufzte stockend. Sie atmete tief ein, als wollte sie ihrem Ärger Luft machen, riss sich dann wohl doch der Sache wegen zusammen und atmete kontrolliert wieder aus.
    Neil deutete die Situation weniger optimistisch.
    »Soll ich das nicht lieber mit den beiden durchsprechen?«, schlug er in vorauseilender Fürsorge vor, was Anne sichtlich nervte.

    »Ach, geht schon«, erwiderte sie etwas pampig. Jasmine kam es nicht so vor und Neil auch nicht, aber er konnte im Moment nichts tun. »Ich mach das schon«, setzte Anne fort. »Geh du mal nach oben und hol das, du weißt schon, aus dem Schrank. Und pass auf, dass Megan nicht aus irgendeinem Grund hier reinkommt, okay?«
    »Klar«, sagte er, dankbar einen Auftrag zu haben.
    Jasmine erwartete, dass Anne sich setzte, aber stattdessen blieb sie gegen eine Arbeitsplatte gelehnt mit verschränkten Armen stehen.
    »Wenn Sie das Ganze aufnehmen oder mitschreiben wollen, dann los, ich erzähl’s nämlich nicht zweimal.«
    Jasmine bekam kurz Panik, unvorbereitet zu sein und als Hochstaplerin erkannt zu werden, wie sonst nur, wenn sie mit Jim unterwegs war. Sie hatte kein Diktafon dabei, nicht mal einen Notizblock.
    Ingrams rettete sie und zückte sein Handy. Er drückte kurz auf dem Touchscreen herum und legte es auf den Tisch. Jasmine fiel ein, dass sie auch auf ihrem eine Aufnahmefunktion hatte, legte es aber nicht daneben, weil sie es ihm ganz

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