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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Beruhigungsmittel gegeben haben, denn ich erinnere mich an fast nichts mehr danach. Mit meiner Hand in der meiner Mutter einzuschlafen, selbst wenn mein Handgelenk gefesselt war, war das wunderbarste Gefühl der Welt.
    Als ich wieder aufwachte, war sie weg, aber das wohlige Gefühl dauerte an. Dieses Aufwachen war vollkommen anders, als es vor vier Tagen gewesen war.
    Gott, waren es wirklich erst vier Tage gewesen?
    Ich dachte über alles nach, was geschehen war: die Worte auf dem Spiegel, obwohl niemand da war, die Paranoia, dass mein Zimmer verwanzt war, obwohl es keine Wanze gab, die Anrufe, von denen niemand außer mir auch nur das Klingeln gehört hatte, die Geschenke des heimlichen Verehrers, die alle außer mir nett fanden. Die seltsamen Blicke und versteckten Andeutungen meiner Freunde, die alle unheimlich schienen, aber vollkommen harmlose Erklärungen hatten. Was daran nicht stimmte und in jedem Fall seltsam war, war einzig und allein meine Wahrnehmung.
    Wie war ich hierhergekommen? Vor vier Tagen war ich ein vollkommen normales Mädchen gewesen und jetzt – ich starrte auf meine Handgelenke, die mit dicken Ledergurten am Bett fixiert waren. Wie in einem schlechten Film. Meine Hände waren zu Fäusten geballt und als ich sie lockerte, sah ich den Freundschaftsring an meiner rechten Hand.
    Da. Das war eine Sache – die Einzige –, die ich mir ganz sicher nicht ausgedacht hatte. Mein Ring. Er hatte nicht nur die Hand gewechselt, sondern war zu einem bestimmten Zeitpunkt verschwunden gewesen.
    Das klang unmöglich, aber es stimmte. Und wenn das stimmte, konnte auch alles andere stimmen.
    Das bedeutete, dass jemand mich
tatsächlich
töten wollte.
    Mach dir keine Sorgen, Jane, unsere Schicksale sind miteinander verbunden. Ich passe auf dich auf, wohin du auch gehst
, hatte mein heimlicher Verehrer gesagt.
    »Mom!«, rief ich. »Mommy!«
    Keine Antwort. Angesichts der unheimlichen Stille im Zimmer vermutete ich, dass es vollkommen schalldicht war.
    Ich zerrte an den Fesseln, versuchte die Hände herauszuziehen, schaffte es aber nicht. Als ich mich umsah, ob ich irgendetwas erreichen konnte, bemerkte ich einen durchsichtigen Umschlag auf dem Tisch neben meinem Bett. Als ich näher hinsah, sah ich, dass Officer Rowley mir das Foto vom Tatort gebracht hatte.
    Es war grausam und dennoch schön.
    Das war das Erste, was mir daran auffiel. Es zeigte einen Moment kurz vor Tagesanbruch, in dem die Welt zweifarbig erschien und alles in ein blaugraues Licht getaucht war. Die Straßenlaternen waren aus, die Straße erschien nur noch als graues Band. Im Hintergrund, verschwommen, die schattigen Umrisse großer Häuser, mit dunklen Streifen vom Regen. Im Vordergrund, leicht rechts, im blaugrauen Gras, stand ein zauberhafter Rosenstrauch. Fast märchenhaft, wie eine verwandelte Hexe, die die knotigen Finger gen Himmel streckte. Mitten darin lag ein Mädchen.
    Ich betrachtete das Foto, als wäre nicht ich darauf, und suchte nach Hinweisen. Fetzen ihres Tüllrocks hingen in den Zweigen, flatterten im Morgenwind wie zarte Fähnchen. Ein Dekokaninchen, eine Ente, gefolgt von fünf winzigen Küken, und ein Eichhörnchen, das Flöte spielte, hielten still bei ihr Wache. Eines ihrer Beine war angewinkelt, das andere ragte aus dem Strauch heraus, ein Plateauschuh baumelte daran. Aschenputtel, nach dem traurigen Ende des Balls. Ihre linke Hand war unter ihrem Körper verborgen, die rechte, mit einem Freundschaftsring am Zeigefinger, griff nach oben, wie um die einzelne tiefrote Rose zu pflücken, die über ihr hing – der einzige Farbfleck im Bild. Ihr hübsches Gesicht war fast gänzlich mit dunklen Haaren bedeckt. Ihr Körper war mit üblen, klaffenden Wunden übersät und dunkelrotes Blut sickerte aus einer tiefen Wunde an ihrem Kopf. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, als wollte sie gerade etwas sagen.
    »Hallo Prinzessin«, ertönte eine fröhliche Stimme von meiner Zimmertür. Ich blickte auf und sah einen unbekannten Mann in OP -Kleidung hereinkommen. Ich vermisste Loretta.
    Der Neue sagte: »Ich heiße Ruben. Und so wie dein Zimmer aussieht, bist du die kleine Miss Beliebt.«
    Er berührte den riesigen Strauß roter Rosen. »Der muss echt teuer gewesen sein. So einen spendablen Freund hätte ich auch gerne.«
    »Die Blumen sind nicht von meinem Freund«, sagte ich.
    »Wow, dann machst du wohl was richtig. Und was ist mit diesem kleinen Kerlchen hier?« Er nahm den Teddybären, der ein Muskelshirt mit der Aufschrift
Werd

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