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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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mein Handy, um mein Mädchen anzurufen und mit ihr auszugehen.«
    Da fiel es mir auf einmal ein: David war nicht auf dem Video gewesen. Es war seltsam, dass ich nicht einmal bemerkt hatte, dass er gefehlt hatte. Jetzt, da es mir einfiel, ärgerte es mich.
    »Ist das wahr?«, fragte Richter Zonin und hob die Augenbrauen so hoch, dass sie fast in seiner kunstvollen Haarpracht verschwanden.
    »Es ist einfache Mathematik, Mann.« Der Mann zuckte mit den Schultern. »Er kam über Freunde und Familie an sie heran, oder? Und ich nahm halt sein Handy, um an sie ranzukommen; das steht ja wohl jedem frei.«
    Waren Langley und Kate deshalb so sonderbar gewesen? Wollten sie nicht, dass ich merkte, dass David nicht dabei war?
    »Ich dachte, du wärest mein Freund, Mann«, sagte der mit den Brustmuskeln und verschränkte die Arme. »Freunde machen so was nicht. Die Freundin wegnehmen oder das Handy stehlen. Und dann noch beides? Das geht echt nicht!«
    Wahrscheinlich schläft sie noch ihren Rausch aus. Das haben Kate und Langley über Nicky gesagt, und es traf wahrscheinlich auch auf David zu. Er schlief nur seinen Rausch aus. Oder er übte. Häufig war er beim Proben so versunken, dass er nicht ans Telefon ging. Oder zur Tür. Wie das eine Mal vor zwei Wochen. Und als er endlich zur Tür gekommen war, war er verärgert gewesen, weil ich ihn unterbrochen hatte.
    Der Mann im Anzug breitete die Hände aus. »Ein korrektes Geschäft, Mann, so funktioniert der freie Markt.«
    Der mit den Brustmuskeln schlug jetzt gegen den Tisch vor ihm. »Freier Markt, pah! Das … eines Tages wirst du dafür bezahlen. Schon bald. Und ich spreche nicht vom Ersetzen des Handys.«
    »Sie machen mir Angst, Sir«, sagte Richter Zonin.
    Er machte mir auch Angst. Und dann wurde mir bewusst, dass nicht er es war. Genau dasselbe hatte Nicky nämlich zu mir gesagt, als wir das letzte Mal miteinander gesprochen hatten.

Elftes Kapitel
    N icky und ich waren einander am Anfang des Schuljahres als Partner im Biologielabor zugeteilt worden. In der zweiten Schulwoche lud sie mich zu sich nach Hause ein, um an einem Projekt zu arbeiten, für das es Extrapunkte gab. Ich war überrascht, denn vielleicht war ich Streberin genug, um das zu tun, aber ich dachte nicht, dass sie es wäre. Nicky di Savoia war so cool, dass es Beliebtheit noch überstieg. Ihr Vater war ein bekannter Musikproduzent, und ihre Mutter war früher ein Supermodel gewesen. Die ganze di-Savoia-Familie war ständig in den Ausgaben von
Gotham
und
Vanity Fair
zu sehen, die meine Mutter in der Küche herumliegen hatte.
    Das Haus der di Savoias war von der Straße nicht zu sehen, versteckt hinter dicken Hecken und einer hohen Mauer. Dahinter war ein steinernes Schloss – mit Wassergraben.
    »Ihr habt eine Zugbrücke?«, fragte ich ungläubig.
    »Ja, wir brauchen sie, im Wasser ist ein Alligator.«
    »Das glaub ich nicht!«
    »Es ist nur ein kleiner. Okay, es ist ein unsichtbarer. Aber so zu tun, als wäre da einer, wirkt Wunder, was den Gehorsam der Zwillinge angeht.«
    Die Zwillinge waren Nickys fünfjährige Brüder, Marc Antonio und Gian Luca. Wie Nicky waren sie aus einem Waisenhaus für Flüchtlingskinder adoptiert worden, nur stammte Nicky aus Brasilien und ihre Brüder aus Vietnam. Sie kamen angelaufen, um sie zu begrüßen, sobald wir aus der Garage in die riesige Küche im Tudorstil traten. Und wenn es mich schon überrascht hatte, dass Nicky Extrapunkte sammeln wollte, so überraschte es mich noch mehr, wie sie sich ihren Brüdern gegenüber benahm.
    »Was hat dir heute in der Schule am besten gefallen?«, fragte sie Marc Antonio zuerst.
    »Ich hab einen Marienkäfer gefangen.«
    »Erzähl, was du damit gemacht hast«, sagte Gian Luca grinsend.
    »Ich hab ihn gegessen. Schmeckt wie Hähnchen.«
    »Marc Antonio ist der Koch in der Familie«, erklärte Nicky. »Er muss alles einmal probieren.«
    Sie war erstaunlich im Umgang mit ihnen, fragte sie nach ihren Freunden und Lehrern, holte ihnen was zu essen, wusch ihnen die Gesichter, untersuchte feierlich ein abgeschürftes Knie und fahndete nach einem unsichtbaren Splitter. Als ich sie zusammen beobachtete, nahm ich mir vor, mich mehr um Annie zu kümmern. Oder eigentlich, mich überhaupt um sie zu kümmern.
    Mr und Mrs di Savoia kamen in die Küche, um zu sehen »worum es bei dem vielen Lachen ging«, und ich konnte nicht anders, als sie anzustarren. Nicht weil sie beide auf exotische Art phantastisch aussahen – er war indianischer und

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