Wer schön sein will, muss sterben
Sonnenbrille auf die Nase und starrte auf etwas nicht weit Entferntes. »Ich war wohl am Donnerstag ein bisschen neben der Spur, mehr, als ich dachte. Ich hab beim Einfahren in die Einfahrt das Auto von meinem Alten erwischt, und wir hatten ein bisschen Zoff.«
»David!«, ich war ernsthaft besorgt.
»Babe, es gibt Wichtigeres, um das du dir Sorgen machen musst. Sag mir, was machst du hier so den ganzen Tag?«
»Also, Cowboy, hier ist ganz schön was los. Manchmal kommt meine Mutter, um mich zu ärgern, manchmal muss ich baden.« Ich war versucht, ihm davon zu erzählen, dass etwas auf den Spiegel geschrieben war, aber ich wollte nicht, dass er dachte, ich sei verrückt. »Dann ist da eine Polizeibeamtin, die mich besucht. Aber ich glaube nicht, dass sie mich besonders mag, denn ich kann mich an fast nichts erinnern.«
»Woran kannst du dich denn erinnern?«, fragte er. Seine Finger bewegten sich ein bisschen schneller.
»Ich erinnere mich daran, dass ich zu euch Jungs in das Zimmer kam und mich dann auf deinen Schoß gesetzt habe …«
»Daran erinnere ich mich auch«, sagte er und lächelte. »Du sahst umwerfend aus mit den kleinen Feenflügeln. Und dem … wie nennst du das Top, das du anhattest?«
»Ein Tube-Top.«
»Ja. Hübsch.« Ich spürte wie sein Blick mich losließ, als würde er sich das gerade vorstellen. Sich vorstellen, wie ich ausgesehen hatte.
Plötzlich war mir schmerzlich bewusst, wie anders ich jetzt aussah. Jetzt hatte ich Blutergüsse im Gesicht, konnte mich nicht bewegen. Alles war … falsch. Anders. »War das das letzte Mal, dass du mich auf der Party gesehen hast?«
Das schien ihn wieder in die Gegenwart zurückzuholen. Auf seiner Stirn bildeten sich Fältchen, und er presste die Lippen zusammen, wie er es tat, wenn er wütend wurde. »Worauf willst du hinaus?«
Seine Reaktion überraschte mich. So benahm er sich sonst, wenn jemand anderer Meinung war als er oder in Frage stellte, was er sagte. »Ich will auf gar nichts hinaus. Ich versuche nur zusammenzustückeln, was passiert ist. Der Arzt sagt, meine Lähmung ist vielleicht zum Teil psychisch. Das heißt, an je mehr ich mich erinnere, desto schneller werde ich mich wieder bewegen können.«
»Das ist doch völliger Quatsch. Warum solltest du dich nicht bewegen wollen?«
Ich biss mir auf die Lippen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht kannst du mir helfen, indem du mir hilfst, mich zu erinnern.«
Sein Kiefer lockerte sich etwas. »Im Ernst? Du erinnerst dich an nichts? Du lügst mir nichts vor?«
»Nein.« Ich war erleichtert, dass er sich etwas entspannte.
»Also, ich glaube, das letzte Mal habe ich dich gesehen, als du mich wegen der Mädchen allein gelassen hast.« Er zog die Hand weg, mit der er meine gehalten hatte. »So, wie du es immer machst.«
Meine Erleichterung verflog, und mir wurde innerlich ganz kalt.
Dreizehntes Kapitel
» I ch lasse dich nicht immer wegen der Mädels alleine«, beharrte ich.
»Wirklich? Was war denn vor zwei Wochen?«
Was war los? Ich hatte den Eindruck, dass die Welt wieder unter mir wegbrach. »Damit waren wir doch schon durch. Du sagtest, dass du es verstehst. Du sagtest, du würdest mir noch eine Chance geben.«
»Ja«, sagte er, ballte die Hände und öffnete sie wieder, der Körper starr. »Na, vielleicht war das ein Fehler.«
Zwei Wochen zuvor hatte David von seinem Job im Musikladen den Nachmittag frei gehabt, und wir hatten vorgehabt, ihn gemeinsam zu verbringen. Beim Lunch war Langley zum Büro des Rektors gerufen worden, weil ihr Großvater Atemprobleme hatte. In der letzten Stunde schickte sie uns eine SMS , dass er okay sei, aber es schien, als wäre sie es nicht. Das war Langley, die sich rühmte, unabhängig zu sein und niemanden zu brauchen. Aber sie klang so niedergeschlagen, dass klar war, dass sie eine Dosis der »drei S« brauchte – Shoppen, Slush, schwesterlichen Beistand. Das, was Freundinnen tun.
Ich schickte David eine Nachricht, dass ich später kommen würde, und machte mich mit den Mädchen auf den Weg zum Shopping-Center. Ich bekam keine Antwort von ihm. Während wir unterwegs waren, bat ich Kate und Langley, kurz anzuhalten, damit ich seine Lieblingstörtchen kaufen konnte. Wenn wir gestritten hatten, hatte ich ihm als Zeichen der Versöhnung immer Törtchen mitgebracht, und für gewöhnlich endete es damit, dass ich die Creme von ihm ableckte.
Als sie mich auf dem Weg nach Hause bei ihm absetzten, öffnete auf mein Klingeln niemand die Tür. Sein
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