Wer schön sein will, muss sterben
leid. O Gott. Ich weiß, ich hätte es nicht tun sollen. Es ist nur … es ist nur … ich fühle mich so schuldig. Was mit dir passiert ist. Das alles hier?« Sie wies mit einer ausladenden Geste des Armes durchs Zimmer. »Ganz ehrlich, ich war das. Das hier ist mein Fehler.«
»Was? Warum?«
»Ich hätte aufhören sollen.«
Ich konnte nicht glauben, dass sie wirklich das sagte, wonach es sich anhörte. Ich spürte, dass ich eine Gänsehaut an den Armen bekam. »Womit?«
»Ich meine, dich aufhalten sollen«, sagte sie schnell. »Auf der Party. Vom Losgehen abhalten sollen. Ich hätte sehen müssen, dass mit dir etwas nicht stimmte, dass du nicht du selbst warst.«
»Warum?«
»Du … ich meine, du hast geschwankt. Du hättest eine Freundin gebraucht. Und ich war nicht für dich da. Ich hätte da sein sollen. Ich hätte es besser wissen müssen. Und ich hab nichts getan.«
»Kate. Ich weiß nicht, was an dem Abend passiert ist. Aber ich weiß und bin mir sicher, dass du bei mir gewesen wärest, wenn ich dich darum gebeten hätte.«
Sie sah mich mit dem Ausdruck völligen Entsetzens an, die Hand vor dem Mund, die Augen weit.
Mir wurde ganz kalt. »Kate, was ist los?«
Sie hatte rote Flecken im Gesicht. »Ich … ich muss gehen«, sagte sie, griff nach ihrer Tasche und rannte aus dem Zimmer.
Natürlich musste Pete gerade in dem Moment hereinkommen und mich ärgern. »Wow, du hast wirklich keinen Witz gemacht. Die Leute lieben dich wirklich«, frotzelte er.
»Ich bin nicht in Stimmung.« Ich versuchte, den ängstlichen Ausdruck in Kates Gesicht zu vergessen.
»Was ist gerade passiert?«
»Ich hab keine Ahnung.« Ich blickte ihn an. Heute trug er ein Cowboyhemd mit Perlmuttknöpfen, bedruckt mit tanzenden Chilischoten. »Wo kaufst du deine Klamotten?«
»Blendend, oder?«
»Wenn das bedeutet, dass einem die Augen so sehr brennen, dass man nicht mehr hinsehen kann?«
Sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an, die Lippen geschürzt, die Augenbrauen gerunzelt, was ihn unglaublich süß aussehen ließ. »Ich denke schon, dass das die eigentliche Bedeutung des Wortes ist.«
Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. »Mir reicht es langsam, die ganze Zeit in diesem Zimmer hier …«
»Willst du hier weg?«
»Meinst du das ernst?«
Er deutete auf den Rollstuhl. »Wir haben Räder, Baby.«
Zweiundzwanzigstes Kapitel
» H ast du ein bestimmtes Ziel im Kopf?« Pete beugte sich bei der Frage herunter an mein Ohr, während er mich durch die Zimmertür schob. Seinen Atem an meinem Nacken zu spüren verursachte ein Prickeln in meinen Armen.
Vielleicht lag es auch daran, dass es aufregend war, endlich mal aus Zimmer 403 herauszukommen. »Ich weiß nicht. Vielleicht die Cafeteria?«
»Willst du noch kranker werden?«
»Ich hab gehört, die heiße Schokolade sei ganz gut.«
»Das hat dir jemand erzählt, der eine tiefe Abneigung gegen dich hegt.« Er sagte das in einem Tonfall, als würde er es unheimlich bedauern, mir diese schlechten Nachrichten mitzuteilen, aber …
»Es war meine kleine Schwester.«
Ich spürte beinahe, wie er hinter mir mit gespielter Resignation den Kopf schüttelte. »Die meisten Morde werden von Familienmitgliedern begangen.«
»Das stimmt nicht«, protestierte ich. Ich versuchte, mich umzudrehen, aber seine Hand oben auf meinem Kopf zwang mich geradeaus zu blicken. Seine Hand war stark, aber sanft.
»Vielleicht, aber du kannst nicht leugnen, dass Familienmitglieder die stärksten Beweggründe haben.« Er ließ seine Finger noch einen Moment in meinem Haar, es fühlte sich wundervoll an. Er glättete sie und fügte hinzu: »Obwohl Annie ziemlich cool wirkt.«
Als er die Hand zurückzog, streifte sein Daumen meinen Hals, was wieder das gleiche Prickeln von vorhin in meinen Armen auslöste. Jetzt breitete es sich in meinem Bauch aus. Hör auf damit, sagte ich mir, und versuchte, mich stattdessen auf die Abteilungen des Krankenhauses zu konzentrieren, durch die wir kamen. Die Intensivstation war ein Labyrinth von verglasten Zimmern, Stationsräumen und einigen wenigen Bereichen, die mit einsam herumstehenden, unbequem aussehenden Sofas und Sesseln vollgestellt waren. Die Wände waren in hellem Gelb gestrichen, vermutlich zur Aufheiterung, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es funktionierte. Im Aufenthaltsraum in der Nähe meines Zimmers saß eine ältere Frau, die in einer Bibel blätterte, ihr zu Füßen lag ein kleines Mädchen mit Rastazöpfen ausgestreckt auf dem Fußboden
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