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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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unsere Finger, wir küssten und lachten und erzählten uns Witze und küssten uns wieder. Die Küsse wurden länger, fast wie in Trance, und ich wusste nicht, wo ihr Körper begann und meiner endete. Wir knutschten stundenlang unter dem Vollmond mit dem Geräusch der Wellen und des sich sanft im Wind bewegenden Schilfes. Schließlich hielten wir uns nur noch fest, lagen eng umschlungen auf dem langen Ledersitz des Cadillacs und beobachteten, wie hin und wieder ein paar Wolken langsam über den samtigen Nachthimmel trieben.
    »Ich liebe dich, Jane.«
    Das wollte ich hören. Das brauchte ich. Das wurde mir später bewusst. Aber als ich sagte: »Ich liebe dich auch«, wusste ich, dass es für jeden von uns etwas anderes bedeutete. Ich liebte sie als Freundin. Ich liebte es, dass sie mich brauchte. Mich sogar liebte. Das war es, was ich liebte.
    Am nächsten Tag lagen wir auf einem Batiktuch am Strand vor ihrem Haus. Ihr Kopf lag auf meiner Schulter, und sie zeichnete die Wassertropfen an einer Cola-light-Dose nach.
    »Was jetzt?«, fragte sie.
    »Was meinst du?«
    »Ich meine, wenn die Schule anfängt. Werden wir uns sehen?«
    Mein Herz begann zu pochen. »Natürlich sehen wir uns. Wir haben fast alle Kurse zusammen. Wir sehen uns jeden Tag.«
    »Das meine ich nicht.« Sie stützte sich auf einen Ellbogen. Sie war mit Abstand das hübscheste Mädchen am Strand – vielleicht der schönste Mensch, den ich jemals getroffen hatte. »Ich meine das hier. Werden wir uns so treffen.«
    »Ich weiß nicht. Ich bin mir nicht sicher …«
    »Ja, ich auch nicht«, sagte sie und legte sich wieder hin.
    »Außerdem würde Langley …«
    »Oh, total.«
    Es war nur ein Experiment. Niemand würde es erfahren. Nur Spaß.
    In der Nacht, unserer letzten dort, beschlossen wir, die sechzehnköpfige Dampfdusche ihrer Eltern auszuprobieren. Sie war toll. Die ganze Rückwand war mit Spiegeln ausgestattet, die nicht beschlugen. Kate war gerade dabei, mir einen Schnurrbart und Bart aus Seifenschaum zu verpassen, mit der strengen Anweisung, die Augen geschlossen zu halten, als sie plötzlich erstarrte.
    Ich öffnete die Augen und sah, warum, denn ich erblickte im Spiegel ihre Mutter. Wir taten nichts, aber wir waren beide nackt, und ich konnte mir vorstellen, wie es aussah. Wie meine Mutter reagiert hätte. Wie jeder reagiert hätte. Mein Herz begann zu pochen. Einen Moment hallte das Geräusch der sechzehn Duschköpfe durch den Raum wie ein sintflutartiger Platzregen. Da sagte Mrs Valenti: »Vergesst nicht das Wasser vom Boden zu wischen; ich will nicht, dass jemand ausrutscht und sich den Kopf aufschlägt.«
    Wir haben nie darüber gesprochen. Der Sommer ging zu Ende, und ich begann, mit David zu gehen. Kate und ich waren uns nie wieder so nahe. Sie versuchte einmal, davon anzufangen, aber ich tat so, als wüsste ich nicht, was sie meinte.
    Aber manchmal, wenn ich bei David war, in seinem Zimmer, blickte ich hinüber zu Kates Fenster und dachte daran, wie es gewesen war, sie zu küssen.

    Ich fragte mich, ob ich es ihr jetzt sagen sollte. Ich blickte sie an, aber sie starrte auf meine Hand.
    »Dein Ring«, sagte sie und zeigte auf ihren eigenen, passenden Ring an ihrer linken Hand. »Wo hast du ihn her?«
    »Du hast ihn mir geschenkt.« Ihre Augen schienen jetzt noch glasiger. Hatte sie etwas genommen?
    »Ich weiß, aber …« Sie runzelte die Stirn. »Ach, egal. Ich hab ganz vergessen, dass ich ein Geschenk für dich hab.« Sie durchwühlte ihre Louis-Vuitton-Tasche und zog einen hellblauen Baumwollschal mit eingewebten Goldfäden heraus. »Ich dachte, du könntest ihn vielleicht um deinen Kopf wickeln, wenn du den Verband behalten musst. Es wäre irgendwie bohème und chic.«
    »Danke.« Ich fuhr mit den Fingern über das weiche Material, genoss die Tatsache, dass ich wieder etwas spüren konnte, bis ich auf etwas Hartes aus Plastik stieß. »Kate, da ist noch die elektronische Ladensicherung dran.«
    »Oh, sie müssen im Laden vergessen haben, es abzumachen.« Sie sah ängstlich aus. »Ich hab ihn gekauft. Wirklich. Ich hab den Kassenbon hier irgendwo.«
    Sie begann in ihrer Handtasche zu kramen, erst ruhig, dann hektisch, bis sie ihr vom Schoß rutschte und auf die Erde fiel. Der Inhalt fiel heraus: ein Medikamentenfläschchen, Gebisshaftcreme, eine Flasche Parfüm, die als Tester gekennzeichnet war, eine hellgrüne Lesebrille, an der noch das Preisschild befestigt war.
    »Kate, was hast du gemacht?«
    Sie sah schuldbewusst aus. »Es tut mir

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