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Wer Schuld War

Titel: Wer Schuld War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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leider eine
sehr traurige Nachricht
für sie hätten. Das alles kommt Pilar so beängstigend real vor, dass sie plötzlich an der Tür steht und zitternd den Riegel
     zurückschiebt, ohne zu wissen, wie sie hierhergekommen ist.
    Draußen steht nicht die Polizei, sondern Manuel. Manuel ist nicht so gut wie Philipp, aber immerhin viel, viel besser als
     die Polizei, und nur so ist zu erklären, dass Pilar bei seinem Anblick breit lächelt, was Manuel sofort missversteht und versucht,
     sie zu umarmen. Aber sie entzieht sich ihm, nimmt seine Hand und führt ihn in die Küche, drückt ihn auf einen Stuhl, stellt
     ein Glas vor ihn hin und schenkt Rotwein ein. All das passiert schweigend, denn sie hat das Gefühl, nicht sprechen zu können,
     so trocken ist ihre Kehle nach dem anfänglichen Schock und der anschließenden Erleichterung.
    Am liebsten hätte sie geweint.
    Manuel nimmt ihre Hand. »Was ist los?«, fragt er sanft, und nun weint sie tatsächlich, lässt alles, was sich die letzten Tage
     und Wochen aufgestaut hat, herausströmen und schämt sich nicht, während Manuel weiter ihre Hand hältund ihr dieses wunderbare Gefühl gibt, nicht allein zu sein, vermischt mit dem Bedauern, dass sie beide sich zur falschen
     Zeit am falschen Ort getroffen haben, und dann zieht Manuel sie sachte an sich und küsst sie auf ihr dickes, elektrisierendes
     Haar.
    Sie macht sich los.
    Es ist nicht in Ordnung, was hier passiert.
    Es darf auch nicht weitergehen.
    Aber es ist schön.
    Ein paar Sekunden erlaubt sie sich, zu träumen, nimmt seine Hand und legt sie sich an die Wange, und Manuel beugt sich vor,
     und sie steht auf und geht auf seine Seite des Tisches, und dann küssen sie sich richtig, zum ersten und wahrscheinlich letzten
     Mal, denn mehr als diesen einen Abend werden sie nicht haben.
     
    »Was ist los?«, fragt Manuel ein paar Minuten später ein zweites Mal, und Pilar hätte es ihm so gern erzählt, aber natürlich
     ist das vollkommen unmöglich. So sitzen sie eine Stunde später in einer lauten Kneipe, um sie herum lauter Menschen aus Alexas
     Generation, die so fremd wirken, dass sich Pilar selbst ihren Schülern näher fühlt als diesen jungen Frauen und Männern, die
     sich unbeschwert geben und trotzdem bei näherem Hinsehen etwas angestrengt Besorgtes an sich haben. Sie legt ihr Handy vor
     sich auf den Tisch. Sie hat Philipp eine SMS geschickt und einen Zettel auf den Küchentisch gelegt, nachdem Manuel sie davon
     überzeugt hat, dass sie im Moment nicht mehr tun kann, und dass sich, sollte ihm tatsächlich etwas passiert sein, sich die
     Polizei oder das Krankenhaus bei ihr melden würden.
    Die junge Bedienung schlängelt sich, den Block gezückt, zu ihnen durch. Ihre schwarze Schürze ist lässig unter dem Bund der
     Jeans gebunden, ihr straffer Bauch lugt unter demweißen Spaghettiträger-Top hervor, ihre schmale Stirn unter dem mittelbraunen, zum Pferdeschwanz zurückgekämmten Haar ist
     mit feinen Schweißtropfen bedeckt, ihre ungeschminkten Lippen sind leicht aufgeworfen, als sie ihre Bestellung notiert. Wie
     unbeschädigt sie wirkt, denkt Pilar, wie glatt und schön und unverletzlich, als ob nichts, nicht einmal die unbarmherzig verrinnende
     Zeit, diesem perfekt gebräunten, glatten Teint etwas anhaben könnte.
    »Weiß Barbara, dass du mit mir zusammen bist?«, fragt Pilar, eine dumme Frage, denn sie kennt ja die Antwort. Doch als Manuel
     sagt: »Nein. Sie weiß überhaupt nicht, wo ich bin«, sieht sie zu ihrer Erleichterung, dass die Geschichte komplett in seiner,
     nicht in Pilars Verantwortung liegt. Zumindest will sie das glauben, Barbara ist schließlich erwachsen, und es ist Pilars
     gutes Recht, sich nicht auch noch mit deren Kummer zu belasten, aber trotzdem fragt sie weiter, als müsste sie sich selbst
     dieses bescheidene Zipfelchen Glück verdienen.
    »Warum sagst du ihr nicht, wo du bist?«
    »Damit muss sie leben.«
    »Du kannst doch nicht einfach wortlos gehen.«
    »Ich sage, bis später. Dann gehe ich.«
    Pilar versenkt ihren Blick in Manuels Augen und entdeckt darin genau die Kraft, die ihr im Moment abgeht, und plötzlich fühlt
     sich alles richtig und gut an, verschwinden ihre Ängste wie aus Zauberhand, entspannt sich ihre Stirn, muss sie lächeln, und
     wieder nimmt Manuel ihre Hand.
    »Du bist sehr ehrlich«, sagt sie, und sieht im selben Moment ein Paar am Nebentisch Platz nehmen, das ungefähr in ihrem Alter
     ist. Der Mann macht ein finsteres Gesicht, die Frau wirkt

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