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Wer Schuld War

Titel: Wer Schuld War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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anschließend jemandem
     beschreiben. Und vielleicht ist es ja wahr, vielleicht sieht sie ihn nie wieder, vielleicht stürzt sein Flugzeug ab, oder
     Martha stirbt an einem Herzanfall, oder es gefällt ihm so gut in diesem Staat, dessen Name Martha wieder einmal entfallen
     ist, dass er gar nicht mehr zurückkommen wird.
    »Du lügst«, sagt sie, und nun sieht Manuel sie an, mit einem Gesichtsausdruck, als sei er drauf und dran, es zuzugeben, aber
     dann öffnet Barbara die Tür, und der Moment ist vorbei. Barbara bietet einen erbarmungswürdigen Anblick, obwohl sie ihr Gesicht
     gewaschen und sich geschminkt hat.
    »Setz dich doch«, sagt Martha zu ihr besorgt wie zu einer Kranken, aber Barbara schüttelt den Kopf und sagt, dass sie jetzt
     nach Hause führe, und zwar allein. »Und wie stellst du dir das vor?«, fragt Manuel mürrisch, aber es klingt nach einem Rückzugsgefecht
     oder so, als wäre es ihm in Wirklichkeit ganz recht, und weil das sicher stimmt,ignoriert Barbara ihn, geht auf Martha zu und umarmt sie von hinten so fest wie noch nie, legt dabei den Kopf auf Marthas
     runde Schulter. Martha spürt ihre Tränen nass und heiß im Nacken, und schon muss sie ebenfalls weinen, so, wie man eben manchmal
     weint, wenn im Leben etwas zu Ende geht und keiner daran etwas ändern kann.
    Sie sehen schweigend zu, wie Barbara ihren Autoschlüssel von der Anrichte im Flur nimmt, die Wohnungstür öffnet und achtlos
     zufallen lässt, wie es ihre Art ist. Auf ihre Weise ist sie nämlich ganz genauso rücksichtslos wie Manuel, und deshalb haben
     sie nach Marthas Ansicht auch gar nicht so schlecht zusammengepasst; und nun hören sie ihre Absätze im Treppenhaus klappern,
     dann das Auto übertrieben laut anspringen, auch das typisch Barbara, und dann ist alles sehr still, jedenfalls in Marthas
     Ohren. Und Martha denkt über die Liebe nach, und warum alle Leute heute so ein Theater darum veranstalten, denn wenn Liebe
     so sein kann wie jetzt zwischen Manuel und Barbara, dann lohnt sich der Wirbel einfach nicht, dann wäre man ohne sie wesentlich
     besser dran. Martha überlegt, ob sie Harry je geliebt hat, und kommt, wie immer, wenn sie sich diese Frage stellt, zu der
     Erkenntnis, dass die Antwort keine Rolle spielt. Sie hatten zusammengehört, auch wenn sie sich oft nicht ausstehen konnten,
     sie waren eine Einheit gewesen, auch wenn sie sich manchmal in seiner Gegenwart wie eine Fremde fühlte, die versuchte, einen
     Außerirdischen zu verstehen.
    Heutzutage gibt es diese eine Sicherheit nicht mehr. Es ist das Zeitalter der Wankelmütigkeit, alles muss stets im Fluss sein,
     jede Entscheidung muss umkehrbar sein, nichts darf mehr für ewig gelten, und insofern stellt sich Martha das, was man heute
     unter Liebe versteht, ungeheuer schwierig vor, geradezu unmenschlich schwierig, um genau zu sein. Nichts für sie jedenfalls.
    »Wer ist sie?«, fragt sie Manuel zum dritten Mal.
    »Wen meinst du?« Er stellt sich dumm, aber diesmal kommt er ihr nicht einfach so davon, und sie insistiert ganz gegen ihre
     Art: »Die andere, Manuel, die, mit der du Barbara betrügst.«
    »Ich betrüge Barb nicht. Wir sind einfach nicht mehr zusammen.«
    »Dann weiß sie also Bescheid.«
    »Also   …«
    »…   betrügst du sie.«
    »Nicht richtig.«
    »Was heißt das, nicht richtig?«
    »Es heißt, dass es nichts bedeutet.«
    »Es bedeutet immer etwas.«
    »Das verstehst du nicht, Mama.«
    »So?«
    »Ich verstehe es selber nicht. Es ist einfach so passiert und dann immer wieder. Ich kann es nicht stoppen, solange ich hier
     bin. Wenn ich erst einmal im Flugzeug sitze, hört es auf. Dann bin ich frei. Dann kann ich weitersehen.«
    »Fährst du deshalb so weit weg?«
    »Ich weiß nicht. Zunächst einmal brauche ich einfach wieder einen Job. Ohne Arbeit ist man nichts. Ich bin nichts. Es ist
     so, als wäre ich nicht da. Verstehst du das?«
    »Nein. Für mich bist du da.«
    »Das ist sehr lieb, Mama, aber   …«
    »Das zählt nicht. Ich weiß schon.«
    »Doch, aber   …«
    »Erzähl mir von ihr.«
    »Von wem?«
    »Du weißt genau, wen ich meine.«

PILAR
    Es klingelt an der Tür, mitten in die Stille hinein, mitten in ihre Gedanken an Paul, und ihr Herz bleibt stehen. Philipp,
     auf den sie seit Stunden vergeblich wartet, kann das nicht sein, er hat ja einen Schlüssel, und so sieht sie vor ihrem inneren
     Auge zwei verlegene Beamte, die sie nach ihrem Namen fragen, und dann, ihren Blick geflissentlich meidend, verkünden, dass
     sie

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