Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
drückte dagegen, aber es rührte sich nicht. Also packte ich es und benutzte es, um mich nach oben in die Rinne zu ziehen. Ich hielt mich mit einer Hand fest und schob die andere durch das Gitter nach draußen. Doch welche Chance hatte ich schon, dass irgendein Passant in diesem dichten Nebel meine winkende Hand unten am Boden sehen würde?
Ich saß voller Verzweiflung dort und klammerte mich am Gitter fest, um nicht zurück auf den Kohlenhaufen und von dort aus weiter zum Kellerboden zu rutschen. Wenn Fletcher zurückkam und die Handtasche, aber kein Tagebuch darin gefunden hatte, würde er mich zu zwingen versuchen, ihm zu verraten, wo es war. Vielleicht konnte ich ihn davon überzeugen, dass es doch im Haus von Tante Parry am Dorset Square lag? Oder würde er erraten, dass ich es unter dem Kohlenberg versteckt hatte? Wie dem auch sei, er würde sicher außer sich vor Wut sein.
Plötzlich hörte ich das Geräusch von Schritten über meinem Kopf auf der Straße. Er kam zurück!
Aber nein, es waren mehr als ein Paar Füße, das sich dem Haus näherte! Es waren andere Passanten dort oben unterwegs, trotz des Wetters!
»Hilfe!«, brüllte ich, so laut ich konnte, durch das Gitter. »Helfen Sie mir! Ich bin im Keller eingesperrt! Hilfe!«
Die Schritte stockten. Eine Männerstimme, verzerrt und gedämpft vom Nebel, rief etwas, das wie eine Frage klang.
Ein anderer Mann antwortete: »Ja, Sir …« und dann einige Worte, die ich nicht verstehen konnte.
Ich brüllte erneut verzweifelt um Hilfe. Meine Kehle war heiser von der Anstrengung, und meine Stimme versagte. Ich musste husten.
Die Schritte näherten sich rasch. Dann waren sie über mir.
»Hier unten!«, krächzte ich. »Ich bin hier unten!« Ich schob meine Hand durch das Gitter nach draußen.
Zu meiner unbeschreiblichen Erleichterung hörte der Mann mich diesmal und fand auch die Stelle, wo ich meine Hand nach oben streckte.
Er musste sich auf den Bürgersteig gekniet und das Gesicht auf das Gitter gepresst haben, denn plötzlich war seine Stimme ganz nah an meinem Ohr.
»Wer sind Sie?«
Die Stimme klang vertraut, doch ich hatte nicht die Zeit darüber nachzudenken, wem sie gehörte. »Oh, Sir!«, ächzte ich. »Mein Name ist Elizabeth Martin, und ich werde gegen meinen Willen in diesem Keller gefangen gehalten! Der Hausbesitzer kehrt gleich zurück und …«
»Oh mein Gott, Lizzie! Sind Sie das wirklich?«, rief die Stimme, und ich wusste, dass sie Ben Ross gehörte. »Wie zum Teufel sind Sie denn in diesen Keller gekommen? Sind Sie verletzt?«
Meine kalte Hand, die ich durch das Gitter streckte, wurde von einer starken Männerhand gepackt, die Wärme und neues Leben durch meine Adern sandte.
»Oh, Ben«, weinte ich los. »Sie sind keine Fata Morgana, Sie sind es wirklich!« Ein Gefühl von unendlicher Erleichterung breitete sich in mir aus. Ben ist da , dachte ich, jetzt wird alles wieder gut . Doch eine Sekunde später wich der Gedanke neuer Nervosität und Angst. Ben war da, doch der mörderische, verzweifelte Fletcher war ebenfalls noch dort draußen … Zu meiner Angst um mich selbst kam nun die Angst um Ross hinzu. Vielleicht schlich sich Fletcher in diesem Moment von hinten durch den Nebel an ihn heran …
Ben rüttelte mit der freien Hand heftig an dem Gitter, und ich hörte, wie er seinem Begleiter etwas zurief. »Morris, kommen Sie her! Helfen Sie mir! Verdammt, dieses Ding ist verschlossen!«
»Er ist irgendwo dort draußen, Ben!«, rief ich nach oben. »Jetzt ist keine Zeit, um mich zu befreien oder zu erklären, wie ich hierhergekommen bin! Sie müssen aufpassen! Fletcher ist der Mörder! Er ist der Mann, den Sie suchen!«
»Ich weiß, Lizzie, ich weiß«, antwortete Ben grimmig. »Hat dieser Mistkerl Ihnen etwas angetan, Lizzie? Falls ja, dann schwöre ich …«
»Nein, nein, er hat mich nur eingesperrt, das ist alles.«
Unter mir geriet der Kohlenhaufen in Bewegung und verdichtete sich. Ich glitt nach unten, und hätte Ross nicht meine Hand gepackt, wäre ich noch weiter gerutscht. Seine Finger umschlossen die meinen und zerrten mich wieder nach oben zum Gitter. Mein Arm schmerzte, wie seiner inzwischen sicherlich auch, und bald würde ich nicht mehr imstande sein, mich festzuhalten oder er mich.
»Er sucht Madeleines Tagebuch!«, ächzte ich. »Ich habe es gefunden und war unterwegs zu Ihnen, um es Ihnen zu bringen! Er wird es nicht finden, weil es nicht in meiner Handtasche ist! Ich habe ihm gesagt, es wäre dort drin,
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