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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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Rest des Tages auf mein Zimmer gehen und mir das Abendessen auf einem Tablett nach oben schicken lassen. Schreib bitte eine Nachricht an Dr. Tibbett in meinem Namen, und teile ihm mit, dass ich bedaure, nicht imstande zu sein, heute Abend Gesellschaft zum Essen zu empfangen. Es ist Donnerstag, und normalerweise kommt er heute Abend nämlich zum Essen.«
    Ich hatte ganz vergessen, dass wir Donnerstag hatten. Während ich die Nachricht schrieb, fragte ich mich, ob dies bedeutete, dass ich tête-à-tête mit Frank würde dinieren müssen. Ich fühlte mich außerstande, einen ganzen Abend lang seine Konversation allein zu ertragen. Glücklicherweise kam es nicht dazu. Zusammen mit der Antwort von Dr. Tibbett, in welcher er seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, dass seine liebe Freundin sich bald von ihrer Niedergeschlagenheit erholen würde, und sie bat, ›tapfer‹ zu sein, kam eine Nachricht von Frank, die besagte, dass er einmal mehr in der Stadt zu Abend essen würde. Unter diesen Umständen, schlug Simms ungerührt vor, wünsche Miss Martin sicherlich ebenfalls ihr Abendessen auf einem Tablett in ihrem Zimmer einzunehmen.
    Ich willigte ein, da ich nicht den Wunsch verspürte, allein im Speisesaal zu sitzen, während Simms und seine Frau unten tuschelten, dass ich ein Verhalten annahm, das mir in meiner Situation nicht zustand. Das Abendessen traf ein, nach oben gebracht von einer schmollenden Wilkins. Es bestand aus Fischpastete und Reispudding. Ich vermutete, dass es die aufgewärmten Reste der Hauptmahlzeit waren, welche das Personal zuvor gehabt hatte. Ich bezweifelte, dass man der Dame des Hauses eine Fischpastete serviert hatte. Gleichgültig, wie Tante Parry mich auch behandeln mochte, unten im Souterrain kannten sie meinen wirklichen Status sehr genau.
    Nachdem ich gegessen hatte, stellte ich das Tablett vor die Tür, in der Annahme, dass Wilkins zurückkommen und es holen würde, sobald sie die Zeit für angemessen hielt. Im Haus herrschte eine unnatürliche Stille. Aus Tante Parrys Zimmer kam kein Laut. Ich ging nach unten und fand sämtliche Räume verlassen vor. Ich beschloss, mir ein Buch aus der Bibliothek zu holen.
    Der Geruch von Zigarrenrauch hing noch immer in der Luft. Ich suchte in den dicht gepackten Bücherreihen, doch das meiste war nicht nach meinem Geschmack. Schließlich fand ich einen Band mit Poesie. Ich nahm ihn aus dem Regal und ging damit zu einem der Ohrensessel. Das Licht wurde rasch weniger, und Simms hatte den Gasbrenner in diesem Zimmer zu dieser frühen Abendstunde noch nicht angezündet. Es gab keinen Herrenbesuch zum Abendessen, und die Bibliothek würde nicht als Rauchersalon benutzt werden. Ich brauchte allerdings auch kein Gaslicht. Auf dem Kaminsims stand ein Kerzenstummel in einem Messinghalter, den ich mit einem Sicherheitszündholz ansteckte; dann setzte ich mich.
    Ich schlug das Buch auf und stellte fest, dass das Gedicht vor meiner Nase von Coleridge war und den Titel ›Kublai Khan‹ trug. Ich flüsterte einige Zeilen leise vor mich hin:
    In Xanadu ließ Kublai Khan
    Ein staatlich Lusthaus bau’n
    Wo Alph, der heil’ge Fluss verlief
    Durch Höhlen breit und endlos tief
    Für Menschen, hinab in sonnenloses Meer
    Meine Güte , dachte ich, die Beschreibung passt durchaus auf diese riesige Stadt . London war wie ein wundervolles Lustschloss, doch es stand über unsichtbaren und furchterregenden Tiefen, die ein Mensch sich kaum vorzustellen vermochte.
    Ich klappte das Buch wieder zu und blieb sitzen, das Buch im Schoß. Rings um mich herum knackte das Gebälk dieses überheizten Hauses, während es sich langsam in der nächtlichen Luft abkühlte und setzte. Gelegentlich hallten schnelle Schritte am Fenster vorbei. Einmal hörte ich jemanden in der Ferne eine traurige Melodie pfeifen, doch auch sie verklang und war verschwunden. Coleridges Worte gingen mir immer wieder durch den Kopf, doch nun galten sie nicht länger London, sondern den Kohlengruben meiner Heimat. Ich stellte sie mir ebenfalls als endlose Höhlen in einer sonnenlosen Welt vor, in der Männer und Knaben, zum Teil noch Kinder, in der Dunkelheit schufteten, während hoch über ihren Köpfen die Glücklicheren wandelten, ohne ihnen Beachtung zu schenken. Nach einer Weile vermischten sich all diese Gedanken in meinem Kopf, und ich fiel in einen unruhigen Schlaf. Ich träumte, dass ich allein durch eine lange, dunkle Straße ging, bis ich an einer Weggabelung ankam, wo ich stehen blieb, unentschlossen, welche

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