Wer sich nicht fügen will
hatte, dass nicht alles in Ordnung war, hatte ich mit einem so dramatischen Schritt nicht gerechnet. Musste Antti mir das wirklich vor den Kindern sagen? Ich wollte nicht, dass sie meine Tränen sahen, und wusste doch, dass ich gleich losheulen würde. Ich versuchte zu fragen, worüber Antti mit mir reden wollte, brachte aber kein Wort heraus. Mir war übel, und ich glaubte mich jeden Moment übergeben zu müssen.
»Ich hab mit Virve und Jouni über unsere Situation gesprochen, und Virve hat gesagt, ich wäre blöd, Mutters Angebot auszuschlagen. Na ja, und dann haben wir schon mal unseren Umzug vorgefeiert, obwohl es ja eigentlich die Verlobungsfeier von Virve und Jouni war.«
»Verlobung? Virve und … welcher Jouni?«
»Virves Freund, sie leben schon lange zusammen. Mein leuchtendes Vorbild hat ihnen wohl Mut gemacht, jedenfalls wollen sie im Sommer heiraten. Virve lässt fragen, ob Iida Blumen streuen möchte, sie haben nämlich beide keine Verwandten im passenden Alter.«
»Au ja!«, rief Iida. Ich ließ mich auf den Küchenstuhl fallen. Mir schwirrte der Kopf, ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Wie konnte ich mir einbilden, ein Verbrechen aufzuklären, wenn ich so blöd war, meinen Mann grundlos der Untreue zu verdächtigen?
»Wieso hast du diesen Jouni nie erwähnt?«, fragte ich.
»Hab ich das nicht? Na, Jouni ist viel unterwegs, deswegen haben Virve und ich oft abends miteinander geklönt, zwei Einsame. Als Nächstes schaffen die beiden sich natürlich Kinder an, und dann darf ich für Virve den Babysitter spielen, statt bei meinen eigenen Kindern zu sein. Denn das Projekt geb ich nicht auf, so anstrengend das ständige Pendeln auch ist. Aber ansonsten bin ich ein braver Junge und tue, was Mama sagt: Ich nehme das Geld und danke bestens. Hast du morgen Zeit? Wollen wir uns ein paar Häuser ansehen?«
Antti setzte sich zu mir und schlang die Arme um mich. Ich schmiegte mich an ihn und überlegte, ob ich ihm erzählen sollte, was ich mir eingebildet hatte. Nein, beschloss ich, irgendwann werde ich es ihm sagen, aber nicht jetzt. Jetzt wollte ich nur das wohlige Gefühl genießen, das sich langsam vom Körper bis tief in die Seele ausbreitete, als Antti mich zuerst auf die Stirn und dann auf die Lippen küsste.
SIEBZEHN
Ich saß am Rand der Eisfläche und beobachtete Iidas Versuche, den einfachen Axel zu springen, da vibrierte das Handy in meiner Tasche. Als ich Arto Saarnios Nummer erkannte, stand ich auf und ging auf den Flur, um ungestört sprechen zu können. Meine Muskeln waren steif, ich war durchgefroren. In meinen zwei Jahren als Eislaufmutti hatte ich immer noch nicht gelernt, mich gegen die Kälte in der leeren Eishalle zu wappnen.
»Guten Tag, Kommissarin, Arto hier, Arto Saarnio. Weißt du schon mehr über den Tod meiner Frau?«
»Die Ermittlungen sind im Gange. Sie ist an Zyanidvergiftung gestorben, wie Lulu Nightingale. Behalte diese Information aber bitte für dich.«
»Hat Riitta womöglich die Giftflasche gefunden, die Lulus Mörder verwendet hat, und beschlossen, sie für sich zu nutzen? Woher hätte sie sonst Zyanid bekommen sollen? Ist ein solcher Tod nicht ungeheuer qualvoll?«
»Ja, aber auch schnell.« Ich hörte, wie in der Halle die Musik wechselte, die Kinder trainierten jetzt zu Schlagern von Antti Tuisku. Iidas Bitten, richtige Rockmusik zu spielen, waren bei den Trainern auf taube Ohren gestoßen. Immerhin wurde gelegentlich Apocalyptica aufgelegt, seit einige international bekannte Eiskunstläufer diese Musik bei ihrer Kür verwendeten.
»Es klingt vielleicht merkwürdig oder an den Haaren herbeigezogen, aber gestern war ein Bekannter bei mir, um zu kondolieren. Jaakko Aarnivuori, vielleicht sagt dir der Name etwas. Er sitzt im Aufsichtsrat von Nokia und von der Nordea Bank, war mit mir zusammen bei der Armee. Er hat einige interessante Andeutungen über Ilari Länsimies gemacht.«
Ich spitzte die Ohren, denn ich hatte den Namen in Lulus Kundenregister gesehen. Dieser Aarnivuori hatte sich von der frivolen Nachtigall auspeitschen lassen. Ursula und Puupponen hatten schon überlegt, was die Sensationspresse wohl für diese Information zahlen würde.
»Mag sein, dass ich bloß nach jedem Strohhalm greifen will, um Riitta vom Mordverdacht zu befreien, aber meiner Meinung nach solltest du dir die Geschichte anhören. Allerdings nicht am Telefon. Bist du bei der Arbeit?«
»Nein, in Matinkylä in der Eishalle, aber wir können uns gern
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