Wer sich nicht fügen will
treffen.«
»Wäre es dir recht, wenn ich hinkomme? Was Jaakko mir erzählt hat, sollen nicht mal meine Kinder erfahren.«
»Ich bin noch gut eine Stunde hier, wir können uns zum Beispiel in deinem Wagen unterhalten. Ruf mich an, wenn du auf dem Parkplatz vor der Halle bist, dann komme ich nach draußen.«
Zu dumm, dass ich keinen Recorder dabeihatte. Zum Glück fand ich in der Handtasche wenigstens einen Notizblock. Ich hüpfte eine Weile auf und ab, um die halb erfrorenen Zehen wieder zum Leben zu erwecken, und ging dann zurück in die Halle. Viele der anderen Mütter waren besser ausgerüstet als ich, die meisten trugen Pelzmäntel oder Schneeanzüge. Auch ein paar Väter sahen beim Training zu.
Iidas Gruppe übte zum Abschluss Pirouetten. Danach war Taneli an der Reihe, während Iida noch zur Schlussgymnastik in die Garderobe ging. Die Gruppe der unter Fünfjährigen bot einen lustigen Anblick, denn es waren Winzlinge dabei, die gerade erst laufen gelernt hatten. Diesmal ging jedoch die Arbeit vor, und als Arto Saarnio sich meldete, sagte ich zu Antti, ich müsse weg.
»Aber morgen sehen wir uns Häuser an«, schwor ich.
Saarnios dunkelblauer Mercedes CLS stand in der hintersten Ecke des Parkplatzes. Da der Wagen verdunkelte Seitenfenster hatte, war Saarnio ausgestiegen und winkte mir zu. Selbst wenn man unmittelbar neben dem Auto stand, konnte man nicht hineinsehen, aber die Sicht nach draußen war einwandfrei. Das ideale Gefährt für verdeckte Beobachtungen.
Saarnio hielt mir die rechte hintere Tür auf und setzte sich neben mich auf die Rückbank. Nach der Eishalle empfand ich die Temperatur im Wagen als angenehm warm, obwohl der Motor abgestellt war. Saarnio gab mir die Hand, als hätten wir uns zu einer geschäftlichen Besprechung getroffen, und erkundigte sich, was mich in die Eishalle führte, bevor er zum eigentlichen Thema kam.
»Wie weit verfolgst du die politischen Ereignisse?«, begann er vorsichtig.
»Ziemlich aktiv.«
»Dann weißt du, dass es in diesem Land Menschen gibt, die sich über den derzeitigen Lauf der Dinge Sorgen machen. Ihrer Ansicht nach wird Finnland zum Marginalstaat, wenn nicht bald radikale Maßnahmen ergriffen werden: eine erhebliche Senkung der Personen- und Unternehmenssteuern, Schwächung des Kündigungsschutzes, Flexibilität im Arbeitsleben, Abbau der staatlichen Sozialleistungen. Der Wohlfahrtsstaat in seiner heutigen Form ist einfach nicht mehr zu finanzieren.«
Ich nickte, die Argumentation kannte ich. Saarnio fuhr fort:
»Außenpolitisch bewegt sich Finnland in der falschen Richtung. Der Nato-Beitritt muss so schnell wie möglich erfolgen, und Finnlands Stellung in der EU muss durch Bündnisse mit den richtigen Partnern gestärkt werden. Deshalb muss bereits bei der nächsten Wahl jemand Präsident werden, der der Nato positiv gegenübersteht.«
Er sah mich plötzlich besorgt an.
»Du nimmst dieses Gespräch doch nicht etwa auf?«
»Nein.«
»Gut. Dass ich meine Informationen an dich weitergebe, widerspricht allem, woran ich mein Leben lang geglaubt habe. Aber vielleicht wird es Zeit, meine Überzeugungen zu wechseln. Diese Kreise suchen also einen Gegenkandidaten zur amtierenden Präsidentin. Einigen wäre Paavo Lipponen recht, aber er kommt natürlich nicht infrage, weil er derselben Partei angehört. Außerdem braucht das bürgerliche Finnland nach Ansicht dieser Leute nach vierundzwanzig Jahren Sozi-Herrschaft einen konservativen Präsidenten. In den bürgerlichen Parteien finden sich keine geeigneten Kandidaten, es sei denn, Niinistö lässt sich nominieren. Vor zwölf Jahren wurde mit Ahtisaari schon einmal jemand ins Amt gehievt, der nicht in der Tagespolitik engagiert war, und das will man nun erneut versuchen. Aber diesmal handelt es sich um eine Person, die der Bevölkerung weitaus besser bekannt ist als Ahtisaari damals …«
»Ilari Länsimies?«, unterbrach ich ihn. Saarnio nickte.
»Ilari hat ja in der Politik und auf diplomatischem Parkett Erfahrungen gesammelt. In letzter Zeit hat er sich auch in seiner Talkshow vor allem auf außenpolitische Themen konzentriert, und auf Fragen, die mit der Gesetzgebung zu tun haben – wie zum Beispiel die Debatte über die Prostitution. Die Idee wurde offenbar halb aus Jux in den Raum gestellt, bei irgendeinem Sauna-Abend, auf dem überlegt wurde, wie man die Popularität der jetzigen Präsidentin ins Wanken bringen könnte. Länsimies zeigte Interesse, und allmählich haben sich auch andere für den
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