Wer sich nicht fügen will
Anu auf. Was ist das denn?«
Ich hatte zwischen den Schränken eine weitere Tür entdeckt: das Dienstbotenzimmer. Hier schien Tero Sulonens Reich zu sein. Mit rund zehn Quadratmetern bot es gerade genug Platz für ein Bett, ein kleines Regal mit Fernseher und DVD-Gerät, einen Sessel und einen Servierwagen, der als Tisch diente. Es roch nach Schweiß und süßlichem Rasierwasser. Koivu öffnete den in die Ecke gezwängten Kleiderschrank, dessen Tür nicht einmal ganz aufging. Neben dem Bett stand eine rote Lampe. Ich bat Koivu, im Zimmer zu warten, ging zurück in den Studiotrakt und drückte auf einen der Alarmknöpfe. Da die Türen offen standen, hörte ich den Summer in Sulonens Bude. Als ich zurückkam, sagte Koivu, auch das Licht sei angegangen.
»Sieh du dich hier um, ich nehme mir Lulus Schlafzimmer vor. Vielleicht hat sie dort ihre Kundenkartei aufbewahrt.«
Ich ging zurück in Lulus Privaträume. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer war offenbar immer abgeschlossen, an der Innenseite befand sich zudem eine Sicherheitskette. Die oberste der vier Schreibtischschubladen war verschlossen, wie auch der Aktenschrank. Ich fand am Schlüsselbund einen Schlüssel, der aussah, als könnte er passen, und tatsächlich, der Schrank ging auf. Er enthielt einen Laptop und einige Aktenordner. Ich holte einen Plastikbeutel aus dem Ermittlungskoffer und packte das Material ein, konnte mir aber nicht verkneifen, den obersten Ordner aufzuschlagen. Er enthielt Rechnungen und Quittungen, exakt nach dem Datum geordnet. Als ich zurückblätterte, fand ich eine Abrechnung über Tero Sulonens Gehalt für März. Er verdiente zweitausend Euro brutto, Steuern und Sozialabgaben waren ordnungsgemäß abgeführt. Als Berufsbezeichnung war »Wächter« angegeben. Den Laptop ließ ich in Ruhe, mit dem Passwort sollte sich jemand herumschlagen, der mehr davon verstand als ich. Die unverschlossenen Schubladen enthielten den üblichen Bürobedarf: Briefumschläge, Stifte, Briefmarken. In der untersten Schublade lag außerdem ein Stapel Briefe, die an Lulu Mäkinen adressiert waren. Der Absender war ein Horst Beckenbauer aus Zürich. Da die Briefe auf Deutsch geschrieben waren, machte ich mir nicht die Mühe, sie zu entziffern, sondern packte sie ebenfalls ein.
Mein Handy klingelte. Ich erkannte die Nummer von Ilari Länsimies und meldete mich.
»Ich habe heute absolut keine Zeit, aufs Präsidium zu kommen«, sagte Länsimies nervös, als ich ihm einen Vernehmungstermin um ein Uhr vorschlug. »Um zwei Uhr ginge es im Prinzip, aber auch dann kann ich Ihnen nur eine halbe Stunde versprechen. Um drei Uhr habe ich hier bei uns eine Sitzung mit Bergrat Raivionpää und Chefredakteur Ruohonen. Am besten kommen Sie zu mir nach Hause.« Länsimies hatte im Befehlston gesprochen, doch nun wurde er konzilianter. »Ich verspreche Ihnen einen guten Kaffee. Schließlich kann man auch über ernste Dinge in angenehmer Atmosphäre reden. Herzlich willkommen in Westend.«
Kopfschüttelnd sagte ich zu. Immerhin bot mir der Abstecher nach Westend Gelegenheit, mir meine Fragen zurechtzulegen. Ich wandte mich wieder Lulus persönlichem Besitz zu. In der verschlossenen Schublade fand ich Bargeld, dreitausend Euro und fünftausend Dollar, sowie fünf große Tischkalender, davon einer für das laufende Jahr. Ich schlug ihn auf und fand, was ich gesucht hatte – wenigstens zum Teil.
Es handelte sich zweifellos um Lulus Kundenkalender, doch leider waren nur die Initialen der Freier vermerkt. P. K. Sado-Neigung, will Bonding und Oralsex. J. T. Babyspiele. A. G. Erektionsstörung, Ölmassage probieren. Das Adressverzeichnis war leer. Irgendwo musste Lulu doch ein Kundenregister haben. Es ohne Sicherungskopien im Computer zu speichern war riskant, doch Disketten fand ich nicht, obwohl ich sogar im Kleiderschrank suchte.
Ich bat Hakkarainen, den Schreibtisch in Augenschein zu nehmen, denn er verstand sich besser darauf, Zwischenböden und Geheimfächer zu entdecken. Ich selbst übernahm das Kosmetikregal – es hätte mich nicht gewundert, wenn Lulu ihre Disketten dort versteckt hätte. Doch die Tiegel standen offen da, sie bargen kein Geheimnis. Tampons, Slipeinlagen, Monatsbinden … Moment mal. Das waren Dinge, die Fremde in aller Regel nicht anrührten.
Ich nahm die Packung mit den Binden und schüttelte sie. Die weiche Watte konnte das metallische Klappern nicht völlig dämpfen. Ich steckte die Hand zwischen die Binden und zog zwei Disketten und eine Mini-CD
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