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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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führte uns in die obere Etage. Aus den Dachfenstern strömte Licht in ein großes Wohnzimmer mit riesigem Kamin. Länsimies öffnete eine Tür an der Südseite und ging uns voran in seinen Arbeitsraum, dessen dunkle Wände und Möbel einen starken Kontrast zu dem lichterfüllten Wohnzimmer bildeten. Die Einrichtung – schwere Möbel, Ledersessel – wirkte ausgesprochen maskulin. Der Schreibtisch stand am Fenster, mit Blick aufs Meer. Um einen Konferenztisch standen fünf Stühle, an der Wand dahinter hing ein Foto, auf dem Ronald Reagan, seinen Stetson auf dem Kopf, Länsimies die Hand schüttelte. Auf dem Tisch standen eine Thermoskanne, drei Kaffeetassen und eine Platte mit Schokoladentörtchen, die ausgesprochen verlockend aussahen. Länsimies rückte mir den Stuhl zurecht und setzte sich dann neben mich. Seine leicht gewellten Haare waren an den Schläfen bereits grau, doch das erhöhte seine Attraktivität vermutlich noch.
    Er verzog amüsiert die Mundwinkel, als Koivu den Recorder aufbaute. Ich wollte gerade mit der eigentlichen Befragung beginnen, da klingelte mein Handy. Da der Anruf von Puupponen kam, meldete ich mich.
    »Hallo. Ich hab das Strafregister überprüft. Alle haben eine reine Weste, mal abgesehen von Länsimies mit ein paar Geldbußen wegen überhöhter Geschwindigkeit – und von Hytönen. Der hat ein Verfahren wegen Steuerbetrug am Hals, das zurzeit beim Appellationsgericht anhängig ist. Das Amtsgericht hatte nur eine Geldstrafe verhängt, wogegen der Staatsanwalt Berufung eingelegt hat. Und das ist noch nicht alles. Rate mal, wer Nightingale und Sulonen wegen Körperverletzung angezeigt hat? Kein anderer als Mauri Hytönen.«

FÜNF
     
    Ich hab nicht gelogen. Lulu Nightingales Kunde bin ich nie gewesen. Und ob ich sie in irgendeiner anderen Beziehung kannte, danach haben Sie nicht gefragt.« Mauri Hytönen schien sich zu amüsieren. Ich hatte ihn sofort angerufen, er sagte, er sei gerade auf dem Parkplatz vor seinem Geschäft angekommen. Ich selbst hatte mich, um ungestört telefonieren zu können, in die Eingangshalle zurückgezogen und spähte nun neugierig ins Wohnzimmer. Hellbraune Ledersessel, bunte indianische Textilien, Holzskulpturen. Elegant und makellos. Keine herumliegenden Zeitungen oder verwelkten Blumen, von schmutzigem Geschirr ganz zu schweigen.
    »Und Sie fanden es nicht erwähnenswert, dass die Nightingale Ihnen eine Ohrfeige gegeben hat, nachdem Sie sie dumm angequatscht hatten?«
    »Sie war es doch, die auf mich losgegangen ist, sie und ihr hirnloser Gorilla, der mich im Fernsehstudio nicht mal wiedererkannt hat. Das Ganze liegt schon zwei Jahre zurück, was hat das noch für eine Bedeutung? Vielleicht war sie HIV-positiv und hielt es für besser, ein Ende zu machen.«
    »Sie wussten genau, dass ich Ihnen nicht erlaubt hätte, nach Vesanto zurückzufahren, wenn Sie mir von dem Prozess erzählt hätten.«
    »Der Gedanke ist mir überhaupt nicht gekommen. Warum setzen Sie mich unter Druck, ich wusste ja gar nicht, dass Lulu in der Show auftreten sollte. Das ist doch der Witz dabei. Überraschungsgäste!«
    Puupponen hatte mir am Telefon eine Zusammenfassung der Gerichtsprotokolle gegeben. Mauri Hytönen hatte Lulu Nightingale vor zwei Jahren im »Mikado« angesprochen und lauthals erklärt, an Huren von ihrer Sorte habe er kein Interesse, er lege Wert auf Niveau. Darüber hatte sich Lulu so aufgeregt, dass sie ihn ins Gesicht schlug, wobei ihr Diamantring ihm die Wange aufkratzte. Als Hytönen sie deshalb wütend angebrüllt hatte, war Tero Sulonen, damals noch Türsteher im »Mikado«, auf ihn losgegangen. Er hatte Hytönen mehrere Schläge versetzt und ihn buchstäblich aus dem Lokal geworfen, wobei sich Hytönen den Daumen ausgerenkt hatte. Den Zeugenaussagen nach hatte Hytönen keine Gegenwehr geleistet. Deshalb war das Gericht zu dem Urteil gelangt, dass Sulonen mit unangemessener Gewaltanwendung reagiert hatte.
    »Sie planen eine Dienstreise ins Ausland, oder wie war das?«
    »Ende nächster Woche muss ich nach Tartu, wir haben da ein Renovierungsprojekt. Besteht irgendein Verdacht gegen mich?«
    »Wie wär’s mit Mordverdacht?«, sagte ich unwirsch und unterbrach die Verbindung. Mir blieb nur noch knapp eine halbe Stunde für das Gespräch mit Länsimies, dann sollten seine nächsten Gäste eintreffen. Die Tatsache, dass Hytönen Lulu und ihren Leibwächter von früher kannte, wäre natürlich kein ausreichender Grund für eine Festnahme gewesen, trotzdem

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