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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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der Show von Ilari Länsimies ebenfalls in der Öffentlichkeit bekannt ist, mit einer Prostituierten. Aber Arto Saarnio war das Risiko eingegangen, der zweite Frühling hatte ihn mitgerissen.
    »Ich gehöre nicht zu den Männern, für die Sex nur eine physische Angelegenheit ist. Oksana ist ein intelligentes Mädchen, sie hat an der Universität Kiew Volkswirtschaft studiert.«
    »Dann ist sie Ukrainerin?«
    »Ihre Familie stammt ursprünglich aus der Nähe von St. Petersburg, wurde aber in den siebziger Jahren in die Ukraine verschickt. Der Vater war Parteiangestellter und ein ziemlicher Säufer. Oksana hat vier jüngere Schwestern, die Kleider und Schuhe brauchten. Als man ihr anbot, als Kellnerin nach Finnland zu gehen, glaubte sie, es ginge um einen Ferienjob. Aber als wir uns kennen lernten, war sie schon fast ein Jahr hier. Gekellnert hat sie natürlich nie.«
    »Hatte sie ein Visum?«
    »Sie war illegal hier. Das ist ja gerade das große Plus beim Menschenhandel – für den Händler natürlich. An wen sollen sich illegal eingewanderte Frauen wenden, wenn sie verprügelt werden und man ihnen das Geld abnimmt? Oksana besaß gefälschte Papiere.«
    Es kam mir absurd vor, ausgerechnet von Sanierer-Saarnio Kritik am Menschenhandel zu hören. Ich hatte mir bis jetzt eingebildet, Menschen seien für ihn nichts als ein Kostenfaktor bei der Jagd nach immer höheren Dividenden.
    »Oksana konnte gut zuhören. Die letzten Jahre waren schlimm für mich, ich musste Entscheidungen treffen, die mich sehr belasteten und über die ich mit niemandem sprechen konnte, nicht einmal mit Riitta. Oksana ist eine Außenstehende, daher konnte ich offen mit ihr reden. Zudem versteht sie, wie die Wirtschaft funktioniert. Sie erinnert sich noch an die sozialistische Epoche und weiß, wie schwierig es ist, einen demokratischen Kapitalismus aufzubauen. Vielleicht habe ich mich deshalb rettungslos in sie verliebt. Sie ist so verständig.«
    »Sie hatten also eine Affäre mit ihr?«
    »Eine Affäre … Das ist wohl nicht das richtige Wort. Natürlich habe ich sie bezahlt und ihr Geschenke gegeben, Kleider und Schmuck. Und natürlich hatte sie auch andere Kunden, obwohl …« Saarnio überlegte eine Weile, führte den Satz jedoch nicht zu Ende.
    »Dann hat Oksana den Granatring also von Ihnen bekommen?«
    »Wenn in dem Ring ›Nad Oksanu, A.‹ eingraviert ist, ja. Ich habe ihn kürzlich in Amsterdam gekauft, dort kennt mich niemand, und so konnte ich es wagen, die Gravur machen zu lassen. Sie hat ihn also getragen? Ich hatte natürlich keine großen Pläne, ich wollte ihr nur helfen. Oksana wollte sich nicht mehr verkaufen, also habe ich ihr meine Hilfe bei der Beschaffung von Visum und Aufenthaltsgenehmigung versprochen und ihr versichert, ihr eine gute Stelle in meiner Firma und eine Wohnung zu verschaffen, falls sie nicht in der Ukraine bleiben konnte. Aber Oksana meinte, das Risiko sei zu groß. Die Mädchen wurden erpresst: Wenn sie sich nicht fügten, mussten ihre Familienmitglieder büßen. Die Situation war völlig verfahren, Oksana hätte nämlich zuerst in die Ukraine zurückkehren müssen, um dort ein legales Visum zu beantragen. Aber die Männer hatten gedroht, sie umzubringen, wenn sie Finnland verließe.«
    »Welche Männer? Können Sie mir Namen nennen?«
    Saarnio schüttelte den Kopf. Um ihn zu schützen, habe Oksana ihm keine Namen genannt. Für die Mafia wäre er das ideale Erpressungsopfer gewesen. Ich hatte den Verdacht, dass er es auch gar nicht so genau hatte wissen wollen.
    »Wann haben Sie Oksana zuletzt gesehen?«
    »In der vergangenen Woche, am Mittwoch. Ich habe wieder versucht, sie zu überreden, aber sie sagte, die Zuhälter würden sie nicht ausreisen lassen. Wissen Sie, was danach passiert ist? Wer hat sie so grausam misshandelt?«
    Ich sah Saarnio an und überlegte, ob er die Wahrheit sagte. Vielleicht war er selbst mit dem Messer auf Oksana losgegangen und wusste längst, dass sie tot war. Aber warum hätte er mir dann verraten sollen, dass er sie gekannt hatte?
    »Wusste Ihre Frau, dass Sie Oksana Petrenkos Stammkunde waren?«
    Saarnio sah mir direkt in die Augen. »Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Und wenn Riitta nun etwas durcheinander gebracht hat? Wenn sie geglaubt hat, ich wäre Lulus Kunde … Vielleicht ist ihr aufgefallen, dass ich abwesender war als früher, manchmal aber auch ausgelassen wie ein kleiner Junge. Wahrscheinlich macht das einen seltsamen Eindruck. Ich weiß nicht, was sie wusste

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