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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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und was sie wissen wollte. Arme Riitta.«
    Saarnio seufzte, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände im Nacken. Der Dreitagebart war eine kluge Lösung, denn er überspielte die schon leicht schlaffe Partie unter dem Kinn. Ich goss mir ebenfalls Wasser ein und versuchte meinem Gesprächspartner Informationen über Olga Petrenkos Zuhälter zu entlocken. Schließlich war er bereit, einen Namen zu nennen.
    »Von einem Mischin hat Oksana gelegentlich gesprochen. Sie sagte, es sei nicht ratsam, sich mit Mischin anzulegen.«
    »Über welche Kanäle hat Ihr Vizedirektor die Mädchen besorgt?«
    »Vielleicht über Svetlana, die sich mit Oksana ein Zimmer geteilt hat. Er kennt sie offenbar schon länger. Ich kann ihn natürlich fragen, aber … Ach was, er kann nichts von der Sache wissen. Und natürlich gebe ich Ihnen die Adresse, wo Oksana meines Wissens gewohnt hat. Ich hatte zuerst vor, sie von einem Privatdetektiv suchen zu lassen, aber dann hielt ich es doch für besser, mich an die Polizei zu wenden, weil ich nicht recht weiß, was ich mir nur einbilde und was wirklich wahr ist. Riitta und ich schlafen nicht mehr im selben Zimmer, aber ich höre sie im Schlaf schreien. Sie hat Albträume wegen Lulu Nightingale. Ist das womöglich ein Zeichen für Gewissensbisse?«
    »Ist sie noch in ärztlicher Behandlung?«
    »Riitta? Nein. Unsere Tochter Soila hat vergeblich versucht, sie zum Arztbesuch zu bewegen. Denken Sie nur, meine Tochter ist acht Jahre älter als Oksana. Worauf habe ich mich da bloß eingelassen!«
    Ich rief mir Oksanas Wunden in Erinnerung. Es war nicht auszuschließen, dass sie sich selbst so zugerichtet hatte. Beim Gedanken an ihr verstümmeltes Geschlechtsorgan schüttelte es mich. Das arme Mädchen, vielleicht hatte sie gehofft, durch Selbstverstümmelung ihren Marktwert zu verlieren. Wo aber steckte sie jetzt?
    Ich fragte Saarnio noch einmal nach seiner Frau. Bisher hatten wir nur gewusst, dass sie Gelegenheit zu dem Mord gehabt hätte, aber nun gab es außerdem ein Motiv, auch wenn dieses auf einem Irrtum beruhen würde.
    »Haben Sie mit Ihrer Frau jemals über Lulu Nightingale gesprochen?«
    Saarnio trank einen Schluck Wasser. Dann holte er eine Tablette aus der Jackentasche, schluckte sie und wischte sich mit einem rot karierten Taschentuch, das farblich auf Hemd und Krawatte abgestimmt war, über die Stirn. Es war schwer zu glauben, dass der Mann, der mir gegenübersaß, derselbe war, der so oft mit hartem Gesicht und ohne erkennbare Gemütsregung im Fernsehen gezeigt wurde.
    »Riitta hat mir Anfang letzter Woche vom Thema der nächsten Talkshow erzählt. Es gefiel ihr nicht, sie hatte sich deshalb fast mit Ilari Länsimies überworfen. Riitta war dagegen gewesen, Lulu Nightingale in die Sendung einzuladen, weil sie es empörend fand, Prostitution als akzeptablen Beruf darzustellen. Sie fragte, was ich davon hielte, und als ich ihr nicht schnell genug beipflichtete, lief sie aus dem Zimmer und schrie, sie wisse sehr wohl, was ich triebe. Wir haben seitdem nicht mehr darüber gesprochen, aber … Frau Kommissarin, bitte sagen Sie mir, was ich tun soll, wenn Riitta um meinetwillen die falsche Frau ermordet hat und wenn die Mafiosi Oksana umgebracht haben, weil ich ihr ein neues Leben ermöglichen wollte. Was zum Teufel soll ich dann tun?«

ZEHN
     
    Ich musste die gesamte Autorität meines Amtes einsetzen, bevor Saarnio bereit war, den Teil unseres Gesprächs, der die Zuhälter betraf, offiziell zu Protokoll zu geben. Ich sagte ihm, dass wir seine Frau erneut vernehmen würden. Bei diesen Worten sackte Saarnio in sich zusammen, er wirkte plötzlich alt und kränklich, konnte aber keine Einwände erheben. Indem er zu mir gekommen war, hatte er seine Entscheidung bereits getroffen. Nach einigem Drängen gab er auch Oksanas letzte bekannte Adresse preis. Die Wohnung lag nicht weit von der Stelle, an der Oksana aufgefunden worden war.
    »Wenn Sie Oksana finden, geben Sie mir Bescheid. Falls die Polizei eine solche Bitte erfüllen darf. Was meinen Sie, sollte ich doch einen Privatdetektiv anheuern? Vielleicht würden Oksanas Kolleginnen ihm eher trauen als der Polizei.«
    »Das müssen Sie selbst entscheiden. Aber lassen Sie uns einen Handel abschließen: Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn ich etwas von Oksana höre, und Sie informieren mich, falls Sie einen Privatdetektiv engagieren. Einverstanden?«
    Zu meiner Überraschung besiegelte Arto Saarnio unsere Übereinkunft mit Handschlag. Dann machte er

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