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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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dieser traditionelle Männlichkeitsbeweis trotz allem Anttis geheimer Traum war. Und jetzt wies er das Geld zurück, das ihm die Erfüllung seines Traums ermöglicht hätte.
    Auch am schwarzen Brett in der Lagerhalle hingen Fotos von leicht geschürzten Frauen. Ich ging auf die Loge zu, in der Minttu saß. Die junge Frau war groß und dünn, hatte die kurzen Haare im Stil der achtziger Jahre schwarz-weiß gefärbt und sich die Nase piercen lassen. Als sie den Mund aufmachte, entdeckte ich auch in ihrer Zunge ein Piercing. Das nabelfreie T-Shirt wirkte zu fetzig und dünn für die zugige Halle, unter dem straffen Gewebe zeichneten sich die Rippen ab. Sie sah mich misstrauisch an, steckte den Kopf durch das Schalterfenster und sprudelte los:
    »Was habt ihr für blödsinnige Ideen? Der Mauri hat keinen abgemurkst! Ein Superchef is das, hat mich nie angemacht. Er hat mir gleich den Job gegeben und überhaupt nich gefragt, ob ich mit Late Kinder haben will, im Gegensatz zu allen anderen Arbeitgebern. Ich hab schon gedacht, ich krieg nie ne Stelle. Mauri is kein Monster. Okay, er hat seine Macken, aber ein Mörder ist er nich. Lasst ihn in Ruhe!«
    »Du fühlst dich hier also wohl?«
    »Und ob! Ich hab hier ne feste Stelle, Late auch. Aus meiner Klasse hat sonst keiner was Festes, außer Assi natürlich, aber die is ja auch Bäuerin. Kapiert ihr denn nicht, dass Mauri für unser Dorf ein Geschenk des Himmels ist? Und wenn er in Estland zu solchen Frauen geht, na und? Ist doch nicht verboten. Ihr da in eurem Helsinki wollt ihn ja bloß lächerlich machen, weil er aus Savo ist. Damit du’s weißt, der Mann könnte hier im Dorf an jedem Finger zehn haben, aber er lebt wie er lebt, und damit basta!«
    »Stören dich eigentlich die Wanddekorationen nicht – die Fotos von nackten Frauen, meine ich?«
    »Sind doch bloß Bilder. Mich rührt keiner an, alle wissen, dass ich Late gehöre. Wir wollen im Juni heiraten, und Mauri wird Trauzeuge, das hat er versprochen.«
    Minttu bekam eine Gänsehaut, und auch ich fror. Jemand hatte die Tür zur Halle geöffnet, es zog.
    »Fährt dein Late auch mit Mauri nach Estland?«
    »Heute fahrn sie nach Tartu! Aber ich vertrau ihm, er is mir treu. So was gibt’s noch!« Minttu schlug mit der Hand gegen den Fensterrahmen, wie um ihre Worte zu bekräftigen. »Männer bleiben einem treu, wenn man lieb zu ihnen ist und nicht über jeden Mist meckert. Mauris zweite Frau war furchtbar, die hat wegen jedem Scheiß rumgebrüllt, wenn er mal vergessen hat, die Klobrille runterzuklappen oder sonst irgendwas Albernes. Mauri durfte nich mal Eishockey im Fernsehn gucken. Late und ich, wir haben zum Glück denselben Geschmack. Ihr könnt zurück in euer Helsinki fahren und euren Mörder da suchen!«
    Minttu knallte mir die Luke vor der Nase zu und begann wie besessen am Computer zu tippen. Vor ihr stapelten sich Rechnungen, offenbar kümmerte sie sich auch um den Zahlungsverkehr. Ein Mann im Overall kam näher, warf mir einen Blick zu und ging wortlos an mir vorbei in die Lagerhalle. Ich schätzte, dass Puupponen inzwischen genug Zeit gehabt hatte, Hytönen unter vier Augen zu befragen, und ging zurück zum Chefbüro, aus dem Gelächter drang.
    Puupponen sprach einen deutlich breiteren Dialekt als in Espoo, er trug fast ein bisschen zu dick auf. Offenbar ging es gerade um Eishockey, vor allem um den Trainer der finnischen Nationalmannschaft.
    »Ich hab als Junior bei Kalpa gespielt«, erzählte Puupponen gerade. »Eigentlich war ich ein fauler Sack, ich hatte überhaupt keine Lust, hinter dem Puck herzulaufen. Aber ich hab mich trotzdem aufgerafft, weil ich dachte, als Spieler hätte ich einen Schlag bei den Weibern.«
    »Und, bist du bei vielen gelandet?«, erkundigte sich Hytönen. Puupponen gab keine Antwort, warf mir aber einen scharfen Blick zu. Offenbar hatte ich schlechtes Timing bewiesen. Ich setzte mich wieder auf meinen Platz und trank von dem dünnen Kaffee, der aber auch nicht gegen das Frösteln half. Eine Frühjahrsgrippe hätte mir gerade noch gefehlt.
    Ich zwang Hytönen, noch einmal zu wiederholen, wie der Abend im Fernsehstudio verlaufen war, doch er versicherte, er habe nur Länsimies und die Maskenbildnerin Nuppu Koskela zu Gesicht bekommen.
    »Hatten Sie eigentlich keine Bedenken, dass Ihr öffentlicher Auftritt Ihr Geschäft beeinträchtigen könnte?«, fragte ich schließlich. Hytönen lachte.
    »Öffentlichkeit ist immer gut, die steigert die Nachfrage. Wenn irgendein

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