Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
Vom Netzwerk:
sich beeilt. Allerdings brachten uns die Ergebnisse nicht weiter. An Lulus Bluse hatte ein Haar von Tero Sulonen gehangen, unter ihren Fingernägeln waren keine Rückstände, und in ihrer Vagina befand sich kein Sperma. Am Rock war ein alter Blutfleck festgestellt worden, doch es handelte sich um Lulus eigenes Blut.
    »Ursula und Autio vernehmen gerade Lulus Kunden. Die waren gar nicht begeistert, aufs Präsidium zitiert zu werden. Bist du sicher, dass Ursula diesmal keine Informationen weitergibt?«, fragte Koivu nervös. Vor einigen Jahren hatten wir sie verdächtigt, im Internet die Identität eines Verhafteten publik gemacht zu haben, doch stichhaltige Beweise hatten wir nicht gefunden.
    »Ein Teil der Kunden streitet verständlicherweise jeden Kontakt zu Lulu ab. Ihre Aufzeichnungen sind vor Gericht nicht zulässig, sofern wir sie nicht durch Fotos oder andere Beweisstücke untermauern können, und die haben wir nicht, da Lulus Bankschließfach bisher nicht gefunden wurde.«
    »Und ausgerechnet an dem Tag, an dem wir uns Lulus Kunden vornehmen, wird auf Sulonen geschossen. Scheiße! Wir hätten ihn in der Zelle behalten sollen, da wäre er wenigstens in Sicherheit gewesen.«
    »Ruhig Blut, Chefin«, mischte sich Puupponen ein.
    Vor dem Big Apple standen gleich mehrere Polizeifahrzeuge: drei Streifenwagen, der Kombi der Spurensicherung und ein Saab, den ich als Kaartamos Dienstwagen identifizierte. Was zum Teufel hatte Kaartamo am Tatort zu suchen? Auch der Übertragungswagen des Nachrichtenstudios war bereits eingetroffen. Eine Schießerei in einem Einkaufszentrum hatte es in Finnland noch nie gegeben. Nachmittags war das Big Apple vor allem von Schülern bevölkert, in einigen Jahren würde vielleicht auch Iida dort herumhängen.
    Der Krankenwagen parkte direkt neben dem Warenaufzug, dessen Tür plötzlich aufging. Sanitäter mit einer Krankentrage eilten heraus. Das Opfer trug einen Kopfverband und war in Seitenlage fixiert, ein Schlauch führte von seiner Armbeuge zu einer Infusionsflasche. Wir traten beiseite, doch ich erhaschte einen Blick auf Sulonens bleiches Gesicht und die offenen, aber leeren Augen. Die Sanitäter schoben die Trage in den Krankenwagen und stiegen hastig ein. Dann raste die Ambulanz mit Blaulicht und heulenden Sirenen davon. Ich hoffte inständig, dass Tero Sulonen überleben würde.
    Die Rolltreppe an der Nordseite, die in die erste Etage führte, war abgesperrt. Ich sprang über das Absperrband und hielt dem Wachmann, der Unbefugten den Zutritt verwehren sollte, meinen Dienstausweis hin. Der Kollege, der die Operation vorläufig leitete, hatte sich also dafür entschieden, die Wach- und Schließgesellschaft um Amtshilfe zu bitten. Erstaunlich, dass er nicht gleich Soldaten angefordert hatte.
    Allem Anschein nach führte der stellvertretende Polizeichef persönlich das Kommando, jedenfalls sprach Kaartamo aufgeregt in sein Handy. Das Einkaufszentrum war nicht geräumt worden, im Erdgeschoss drängelten sich Neugierige, obwohl es nichts mehr zu sehen gab außer den Kreidestrichen, die die Stelle markierten, an der Tero Sulonen zusammengebrochen war. Es herrschte eine unwirkliche Stimmung, irgendetwas fehlte. Ich brauchte eine ganze Weile, um zu begreifen, was es war: die Musik und die Werbedurchsagen, die normalerweise aus den Lautsprechern rieselten. Gut so. Auf Kaffee im Sonderangebot und die neuesten Hits legte ich im Moment keinen Wert.
    »Kallio, wo kommst du denn her?«, rief Kaartamo. »Ich dachte, du bist in Savo.«
    »Nicht mehr.« Ich sah mich suchend um und entdeckte schließlich Mira Saastamoinen, die gerade um die Ecke kam.
    »Hallo, Maria! Sulonen ist in die Klinik gebracht worden. Das Geschoss hat ihm den Hinterkopf total zertrümmert.«
    »Das Geschoss? Vorhin hast du doch gesagt, die Tatwaffe wäre unbekannt.«
    »Stimmt. Niemand hat einen Schuss gehört oder etwas gesehen.«
    »Eine Pistole mit Schalldämpfer?«
    »Es muss ein viel größeres Kaliber sein«, mischte sich Miras Streifenkollege Akkila ein. »Die Verletzung am Hinterkopf lässt eher auf ein Gewehr schließen. Das Geschoss sitzt möglicherweise noch im Kopf.«
    Mira und Akkila hatten zum Tatzeitpunkt zufällig im Big Apple Kaffeepause gemacht und waren daher sofort zur Stelle gewesen, als ein Wachmann die Notrufzentrale alarmiert hatte. Die Augenzeugen warteten im Café: eine Frau mittleren Alters im Ledermantel, die offenbar hoffte, mit ihren bunten Strähnchen und wilden Locken jünger auszusehen, als

Weitere Kostenlose Bücher