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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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Kilometer hinter Vesanto brach Puupponen das Schweigen. »Ich ruf meine Mutter an und sag ihr, dass wir zum Mittagessen kommen«, murmelte er und fummelte so ungeschickt an der Freisprechanlage, dass es wahrscheinlich weniger gefährlich gewesen wäre, das Handy in die Hand zu nehmen. Das Gespräch war kurz, er sagte lediglich, er käme mit seiner Chefin, wir könnten aber nicht lange bleiben.
    Puupponens Eltern wohnten in einer Wohnblocksiedlung nördlich des Zentrums von Kuopio. Beide waren bereits pensioniert. Der Vater hatte bei der Eisenbahn gearbeitet, die Mutter als Sekretärin bei der Polizei. Sie behandelten mich wie einen hohen Gast. Vor allem die Mutter war begierig zu erfahren, wie sich ihr Sohn als Polizist in der Hauptstadtregion bewährte, daher lobte ich nicht nur das Dillfleisch, das sie uns auftischte, sondern bei passender Gelegenheit auch Puupponens Arbeit. Die humoristische Ader hatte Puupponen offenbar von seinem Vater geerbt, der in breitem Dialekt einen Witz nach dem anderen riss, während die Mutter mir immer wieder besorgte Blicke zuwarf. Sie fürchtete offenbar, ich könnte die Geschichten ihres Mannes zu gewagt finden. Zu guter Letzt mussten wir uns sputen, um rechtzeitig am Flughafen zu sein. Zum Glück hatte die Maschine wieder Verspätung. Nach dem Start holte Puupponen den Laptop hervor und überarbeitete das Vernehmungsprotokoll, während ich vergeblich versuchte zu schlafen. Hytönens Worte und der Anblick von Ursula und Kaartamo in der Polizeikantine gingen mir im Kopf herum und ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Als wir wieder abgeschottet im Auto saßen, ignorierte ich die vier Kurzmitteilungen auf meinem Handy und fragte Puupponen, ob er wüsste, wie Kaartamo und Ursula zueinander standen. Puupponen hatte eine kameradschaftliche Beziehung zu Ursula, er kam besser mit ihr aus als wir anderen.
    »O Maria! Kapierst du das wirklich nicht?«, sagte er fast mitleidig. »Es ist doch sonnenklar, warum sie Kaartamo um den Bart streicht. Sie will zum Lehrgang für den höheren Dienst und hofft, dass Kaartamo ihr über deinen Kopf hinweg eine Empfehlung schreibt.« Er wich einem Wagen aus, der mit zerbeultem Heck am Straßenrand stand. Im Radio hatte es geheißen, durch den Schneesturm sei es zu Verkehrsunfällen mit vier Toten und zig Verletzten gekommen. Zum Glück hatte sich keiner der tödlichen Unfälle im Tätigkeitsbereich unseres Dezernats ereignet.
    »Warum meint Ursula, ich würde sie nicht empfehlen?«
    »Weil du sie nicht magst.«
    »Ich bin mit ihren Methoden nicht immer einverstanden, aber alles in allem leistet sie gute Arbeit. Verflixt nochmal, wieso denkt sie immer noch, ich wollte ihr Steine in den Weg legen? Ich hab ihr doch …« Ich brach mitten im Satz ab, denn Puupponen wusste ja nichts von Ursulas Abenteuer im Mikado. »Selbstverständlich würde ich sie für den Lehrgang empfehlen, auch wenn unsere Personalressourcen dadurch noch knapper werden.«
    »Kaartamo tut nichts ohne Gegenleistung«, sagte Puupponen plötzlich. »Vielleicht sollte ich Ursula lieber warnen.«
    »Gegenleistung?«
    »Ich weiß, wie er vorgeht. Ursula hält sich für abgebrüht, aber ob sie wirklich mit Kaartamo ins Bett steigen würde, bloß um zu dem Lehrgang zu kommen?«
    »Glaubst du wirklich, dass Kaartamo …«, begann ich, wurde aber vom Klingeln des Handys unterbrochen. Mira Saastamoinen rief an.
    »Hallo Maria, endlich! Wo hast du denn gesteckt?«
    »Im Flugzeug auf dem Rückweg von Kuopio.«
    »Ich bin im Big Apple. Hier ist schwer was los. Ein Mann hat einen Kopfschuss abgekriegt, und die ganze Sache riecht ziemlich faul …«
    »Wieso?«
    »Erstens haben wir keinerlei Vorstellung, was die Tatwaffe gewesen sein könnte. Eine normale Schusswaffe jedenfalls nicht. Und zweitens das Opfer … Es ist Tero Sulonen.«

DREIZEHN
     
    Statt zum Präsidium in Kilo zu fahren, steuerte Puupponen das Einkaufszentrum Big Apple in Matinkylä an. Dass dort jemand am helllichten Tag geschossen hatte, klang unglaublich. Ein solches Risiko gingen Berufsverbrecher selten ein. Obwohl es nicht mehr so heftig schneite, war der Verkehr weiterhin zähflüssig. Immer wieder sah man Unfallwagen am Straßenrand.
    Während der Fahrt rief ich Koivu an, der in meiner Abwesenheit die operative Verantwortung trug und auch die Morgenbesprechung organisiert hatte. Er berichtete, dass die Resultate der DNA-Untersuchungen an Lulu Nightingales Leiche eingetroffen waren, das kriminaltechnische Labor der Zentralkripo hatte

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