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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verlief komplikationslos. Die Tiefe wurden in ihre Drahtkäfige getrieben, mit einem Elektrokarren zu den freien Plätzen in den Hallen gefahren und dort abgestellt wie irgendeine Stapelware. Nur die beiden Collies kamen in einen richtigen Stall mit kleinem Auslauf und einem Bretterverschlag, in dem sie schlafen konnten. Sie standen dann fast bewegungslos am Gitter und sahen die Männer ratlos und flehend an. Es kostete Kabelmann Überwindung, sich von ihrem Blick loszureißen und hinter Josef Wulpert herzulaufen, um das Innere des Wagens auszuspritzen und zu säubern.
    »Beginnen wir mit einer Frage, Herr Tenndorf«, sagte Prof. Sänfter, nachdem ›Château Lafite‹ eine Kanne starken Kaffee gebracht hatte. »Sie haben eine Tochter, nicht wahr?«
    »Ja. Wiga. Acht Jahre alt.«
    »War Ihre Tochter schon einmal krank? So richtige Kinderkrankheiten, Wasserpocken, Masern, Mumps …«
    »Ja. Mumps.«
    Sänfter rührte in seiner Kaffeetasse herum. »Auch Ziegenpeter genannt, Bauernwetzel, Wochentölpel, wissenschaftlich Parotitis epidemica. Diese nichteitrige Ohrspeicheldrüsen-Schwellung hat im Volksmund viele Namen und ist über die ganze Erde verbreitet. Der Erreger ist der Mumps-Virus, entdeckt von Johnson und Goodpasture. Im allgemeinen harmlos, kann er aber auch das Zentralnervensystem in Mitleidenschaft ziehen. Dann wird es ernster: Meningitis, hin und wieder auch Enzephalitis. Komplikationen kann man bei jeder Krankheit erwarten.«
    Tenndorf sah Prof. Sänfter irritiert an. Noch begriff er nicht, wohin die Mumpserzählung führen sollte.
    Sänfter trank einen Schluck Kaffee, sagte genußvoll: »Ah! Das ist mal wieder ein Kaffee, so richtig dick und ungesund!« und sah dann Tenndorf fragend an. »Haben Sie Ihre Tochter impfen lassen?«
    »Natürlich. Eine Kombinationsimpfung …«
    »Natürlich! Wieso ist das natürlich? An den Impfstoffen wurde jahrelang geforscht …«
    »Bitte, Herr Professor, kommen Sie jetzt nicht damit!« unterbrach ihn Tenndorf und hob abwehrend beide Hände.
    »Aber ja komme ich damit. Damit Ihre Tochter vor Pocken und anderen Krankheiten geschützt ist, damit sie keinen Mumps, keine Kinderlähmung, keine Lungentuberkulose bekommt, mußten vorher Hunderttausende von Tieren an den Versuchen sterben. Nicht Tausende … nein, Hunderttausende! Wissen Sie, wie hoch die Norm ist, um ein einziges Arzneimittel bis zur Marktreife durchzutesten? Einhunderttausend Versuchstiere! Für ein Mittel! Und das alles nur für die Gesundheit der Menschen, für ihre Heilung, gegen Schmerz und Seuchen, zur Verlängerung des Lebens! Wenn Sie morgen Schnupfen bekommen oder Husten, dann regt Sie das nicht auf – Sie nehmen Tropfen und Pillen, und weg ist die Infektion. Früher endete eine Erkältung oft in einer tödlichen Lungenentzündung. Wissen Sie, wieviel Millionen in aller Welt starben, bevor es die Antibiotika gab? Warum gibt es heute nicht mehr wie im Mittelalter Choleraepidemien, Pestseuchen, Typhuskatastrophen? Weil wir uns wirksam dagegen schützen können, durch Hygienemittel, durch Medikamente, Impfstoffe, Lebendvakzine … alles erforscht im Tierversuch. Soll das gestoppt werden? Sollen wir zurückfallen in die Zeit, wo ein vereiterter Blinddarm ein Todesurteil war? Wenn die ohne Zweifel ehrenwerten Tierschützer und Gegner der Tierversuche einmal selbst krank werden – was tun sie dann? Sie rufen ihren Hausarzt, der gibt ihnen eine Injektion oder eine Salbe oder eine Kapsel, und jeder Kranke erwartet, daß er nun gesund wird. Aber keiner denkt mehr daran, daß für diese Medikamente Millionen Tiere sterben mußten. Auch die Tierschützer denken nicht daran – sie wollen ja gesund werden. Hier beginnt in meinen Augen eine ungeheure, schädliche Heuchelei! Selbst den Segen der modernen Medizin auszunutzen, aber gegen die Entdecker der helfenden Präparate ins Feld zu ziehen. Mit Transparenten ist noch niemand geheilt worden! Auch Sprechchöre sind keine Therapie!«
    »Muß man rasierten Kaninchen neue Waschmittel in die Haut massieren? Müssen Katzen neue Bodenreiniger schlucken? Müssen Tausende Kaninchen blind werden, um neue kosmetische Augentropfen zu testen, nur, damit die Damen abends große, leuchtende Augen haben?«
    »Ich spreche von der medizinischen Forschung«, antwortete Sänfter steif.
    »Sie macht nur zehn Prozent der Tierexperimente aus. Lidschatten und Nagellack, Aromastoffe für Lebensmittel und Holzkonservierungsmittel werden an Tieren erprobt … davon spreche ich. Wenn ich

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