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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rund fünf Monate Knast … von November bis März. Gut zu fressen, ein warmes Bettchen, Radio, Hausbibliothek und tolle Bekanntschaften für später. Die reinste Erholung ist das für mich. Sieben Monate auf Walze, fünf Monate Urlaub, bezahlt vom guten Vater Staat, das ist doch was, oder …?!«
    »Und das ist dieses Mal schiefgegangen?« Wulpert musterte den Landstreicher schon etwas wohlwollender. Einige Gedanken gingen ihm durch den Kopf, die ihm beim Anblick des Halbverhungerten plötzlich gekommen waren.
    »Und wie in die Hose! Ich heiße übrigens Laurenz Kabelmann. Sie können Lauro zu mir sagen, das sagen sie alle. Beruf – jeh, ist das lange her – Metzger. Dann war ich im Zoo, zuletzt Tierpfleger. War eigentlich 'ne schöne Zeit, wenn ich da zurückdenke.«
    »Du warst Tierpfleger?« Wulpert reichte ihm die zweite Zigarette. »Bei was denn?«
    »Erst bei den Lamas. Aber da wollte ich bald weg. Die spuckten mich immer an. Ich bin ja hart im Nehmen, aber immer nur Spucke im Gesicht – nee! Dann war ich bei den Bären. Das sind Typen! Sehen so harmlos aus, so putzig, wie 'n Spieltier, kraule-kraule hinterm Ohr. Von wegen! Nachdem sie mir dreimal die Arschbacke aufgehackt hatten, wollte ich endgültig weg. Dann bekam ich die Affen … war das schön. Wenn ich an den Schimpansen Bongo denke, kommen mir jetzt noch die Tränen. Aber dann flog ich doch raus, weil ich mit Bongo eines Abends so richtig gesoffen hatte. Haben Sie schon mal 'nen besoffenen Affen gesehen? Das ist ein Theater …«
    »Du kennst dich mit Affen aus?« Wulpert sah Laurenz Kabelmann nachdenklich an. Wenn das Geschäft in Hamburg klappte, kann ich den Kerl gut gebrauchen, dachte er. Es werden dann laufend Affen geliefert. Ich muß eine Quarantänestation bauen, eine neue Investition, aber sie lohnt sich. Auf Affen sind die Forschungsinstitute ganz wild, da können sie experimentieren wie am Menschen. Das gibt fabelhafte Preise.
    »Kommen Sie mal mit, Lauro …«
    Wenig später saß Kabelmann in Halle II auf einem Hocker und blickte die langen Reihen Drahtkäfige entlang. Gebell, Gekreische, Miauen und ein unbeschreiblicher Gestank von Kot, Urin und Verfaultem umgaben ihn.
    Wulpert schien das nicht mehr zu riechen. »Na?« fragte er.
    »Das haut den stärksten Goliath um! Junge, Junge … wieviel sind das denn?«
    »Das kann ich dir nur nach der Tagesliste sagen. Das geht hier rein und raus. Ist das was für dich? Der Winter ist gerettet. Du bekommst 'ne warme Bude, soviel Essen, daß du dich verdoppeln kannst, einen vernünftigen Lohn …«
    »Wieviel, Chef?«
    »Stunde acht Mark … netto, steuerfrei, schwarz in die Hand …«
    »Zehn, Chef …«
    »Acht, oder du kannst dir weiter den Arsch abfrieren!« Wulpert stützte sich auf seinen Stock. Der verdammte Beinstumpf juckte und brannte. Es gab anderes Wetter. »Also – was ist?«
    »Ich hab' 'ne Abneigung gegen Ratten, Mäuse und so 'n Zeug. Aber 'ne warme Bude, gutes Essen … Gibt's hier auch zackige Weiber?«
    »Das ist deine Sache!« Wulpert lachte kurz auf. »Mit acht Mark Stundenlohn netto kannste dir ab und zu einen Ausflug nach Hannover leisten.«
    »Das ist wahr. Das ist wahr!« Kabelmann geriet in sichtbare Begeisterung. »So 'n richtiger Puffbummel, den kann sich unsereins sonst ja nie gönnen. Aber ich habe nur Ahnung von Lamas, Bären und Affen, Chef.«
    »Es werden in Kürze so viele Affen kommen, daß du ins Schwitzen kommst.« Wulpert hielt seine Hand hin. »Abgemacht? Aber eins sag' ich dir schon vorweg: Wenn du bei mir auch mit den Affen säufst, fliegst du sofort. Ich brauche kerngesunde Primaten …«
    »Was brauchen Sie?« Kabelmann starrte Wulpert verblüfft an.
    »Primaten! So nennen die Wissenschaftler die Affen, weil sie aus der Vorstufe des Menschen stammen …«
    »Aha. Muß man ja wissen.« Kabelmann zögerte noch einen Augenblick, dann schlug er in die angebotene Hand ein. Der Vertrag war damit nach uralter Bauernregel geschlossen. Für den Winter war er versorgt. Und die Arbeit? Die konnte man so einteilen, daß sie nicht belastete. Ob jeder Käfig jeden Tag gesäubert wurde, darauf kam es nicht an. Er hatte bei der Führung durch die Hallen genug Dreck gesehen, wochenalten Dreck, in dem die Tiere lebten, in so engen Käfigen, daß sie sich oft nicht einmal umdrehen konnten. »Wann kann ich anfangen?«
    »Sofort, Lauro.« Wulpert blickte auf die Uhr. Er hatte noch ein wenig Zeit. Die Fahrt nach Hamburg über die Autobahn war kein Problem. »Wir gehen jetzt

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