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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Primaten weiterkommen.«
    Sänfter trat vom Käfig zurück, ging zu einer Art Pult und hielt Tenndorf einige Vergrößerungen von Mikrofotografien hin. »Hier, sehen Sie sich das an. So sieht ein AIDS-Retrovirus HTLV-3 aus. Dieses kugelförmige, genau abgegrenzte Gebilde ist das reife Virus. Ein mikroskopisch kleines Teilchen, dessen Durchmesser wir in Hundertstel Nanometer messen und das man nur im Elektronenmikroskop bei 100.000facher Vergrößerung sehen kann. Und trotzdem kann es die T-Helfer-Zellen, die Regler unserer Immunabwehr, zerstören. Die Abwehrkraft des Organismus bricht zusammen … der Mensch stirbt qualvoll.« Sänfter zeigte auf die noch munteren Äffchen. »Diese Affen werden nicht nach langem Leiden eingehen – sie werden in einem bestimmten AIDS-Stadium schmerzlos getötet, allein nur zu dem Zweck, Millionen Menschen zu helfen und eine schreckliche Krankheit zu besiegen. Ist das verdammungswürdig?«
    »Ich darf nicht daran denken, daß dort auf dem Tisch Pumpi und Micky liegen könnten …« Tenndorfs Stimme klang heiser hinter dem Mundschutz. Die Äffchen knabberten ihre Bananen und waren in den Augen der Wissenschaft bereits tot. »Gibt es keine anderen Forschungsmöglichkeiten, Herr Professor?«
    »Nein! Ganz klar: Nein! Woran soll man die Entwicklung von Krankheiten erkennen, wenn nicht am lebenden Organismus? Wie kann man Gegenmittel entwickeln, ohne sie am kranken Lebewesen auszuprobieren? Versuche an Menschen? Auch die gibt es schon. Es melden sich überall Probanden, die sich für ein gutes Honorar der pharmazeutischen Forschung zur Verfügung stellen … solange keine absolute Lebensgefahr besteht. In Amerika – aber nur da ist das möglich – haben sich vor einiger Zeit zu lebenslänglich Zuchthaus oder zum Tode Verurteilte für Experimente zur Verfügung gestellt, bis ein lauter Protest diese wirkliche Unmenschlichkeit stoppte. Die Freiwilligen wurden sogar mit einigen Krebsarten infiziert. Aber ich glaube nie und nimmer, daß sich Freiwillige für AIDS-Forschungen zur Verfügung stellen. Was bleibt also für den Kampf gegen eine Geißel der Menschheit? Nur das Tier!«
    »Ich möchte gehen, Herr Professor«, sagte Tenndorf tonlos. »Bitte, bringen Sie mich aus dieser sterilen Höhle hinaus. Ich sehe nur durch Menschenhand todgeweihte Tiere …«
    »… und vergessen dabei die todgeweihten Menschen. Gehen wir.«
    Sie verließen den Keller, fuhren mit dem Lift wieder hinauf in die Klinik und blieben in der Eingangshalle stehen – Professor Sänfter blickte auf seine Armbanduhr. »Ich müßte jetzt auf die Intensivstation«, sagte er. »Kommen Sie mit?«
    »Nicht unbedingt …«
    »Ich habe Verständnis dafür, Herr Tenndorf. Es gibt viele Menschen, die keine kranken Menschen sehen können. Schade. Aber gerade auf der Intensivstation hätte ich Ihnen zeigen können, wie wir Menschen retten, mit Medikamenten und Maschinen, die wir nur am Tier entwickeln konnten.« Prof. Sänfter hielt Tenndorf die Hand hin. »Denken Sie mal darüber nach …«
    »Das ändert nichts daran, daß ich Micky und Pumpi suchen werde und die Tierfänger dazu!«
    »Tun Sie das. Übrigens, das habe ich noch vergessen: In meinem Labor haben wir keine gestohlenen Hunde. Ich bekomme die Tiere ausschließlich aus Tierzuchtanstalten.«
    »Das gibt es?«
    »Aber ja. Fast jede große Hochschule hat sie. Die Freie Universität in Berlin zum Beispiel hat einen eigenen Bau dafür, eine Art Pyramide aus Beton. Dort leben rund 88.000 Versuchstiere.« Sänfter hob die Hand. »Bau! Wir haben uns noch nicht über die neue Schwimmhalle unterhalten.«
    »Ach ja.« Tenndorf holte aus der Tasche die Rohskizze. »Es sind nur Gedanken, Herr Professor. Vorschläge.« Er reichte ihm die Papiere hin. »Wir können jederzeit darüber sprechen.«
    »Danke.« Sänfter steckte die Zeichnungen ungesehen in die Tasche. »Ich rufe Sie an, Herr Tenndorf.« Noch ein freundliches Nicken, dann verschwand Sänfter im Lift nach oben.
    Tenndorf wartete, bis die Kabine unter der Decke verschwand, und wandte sich dann um. Den Bauherrn bin ich los, dachte er und verließ die Klinik. Rund zwanzigtausend Mark Architektenhonorar sind weg. Aber auch für zwanzigtausend gäbe ich Micky nicht her! Es gibt Dinge im Leben, die unbezahlbar sind … und wenn es nur eine kleine Katze ist.
    Der neue Helfer stellte sich ganz brauchbar an, soweit man das am ersten Tag beurteilen konnte.
    Als Willi Wulpert sehr spät aus Hamburg zurückkam, brannte noch Licht in

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