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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich über die Fotos von den Tierversuchen auf. Da werden lange Artikel geschrieben, da werden Maßnahmen gefordert, neue Gesetze, Bestrafungen, ein Volk empört sich lauthals. Aber was geschieht wirklich? Nichts! Gar nichts! Nur billige Lippenbekenntnisse, bis hinauf zur Regierung und den verantwortlichen Ministern. Neue Gesetze? Ja, aber ganz sanfte, stilisierte, denn die Lobby ist groß und wendig und stark. Mittlerweile leben ganze Industrien von den Tierversuchen. Da gibt's Fabriken für klimatisierte Mäusebrutkästen, Tiefkühlanlagen für eingefrorene Versuchstier-Embryos, sogenannte Primatenstühle, auf denen man die Affen festschnallt, nicht zu vergessen das umfangreiche Tierlabor-Zubehör, die Käfige, die Ausstattung der Tierzuchtanstalten. Wissen Sie, daß die amerikanische Multi-Firma ›Charles River Breeding Laboratories‹ jährlich 20 Millionen Versuchstiere liefert und jetzt auch in Deutschland eine Filiale eröffnet? 20 Millionen Tiere für tödliche Experimente – kann man sich diese Menge überhaupt noch vorstellen? Hier liegt die Macht der Tierschänder: die Größenordnung, die Industrialisierung des Tötens, die Tausende von Arbeitsplätzen. Da zieht jeder Minister die Decke über den Kopf.« Holle atmete tief durch. »Was nutzen Proteste? Was Schweigemärsche mit Transparenten? Was jede Aufregung? Alles nur Atem, in den Wind geblasen. Nein … es muß gehandelt werden! Und handeln heißt hier: direkter Angriff auf die Tierverächter. Zuschlagen, wo andere nur reden. Durch Taten etwas erzwingen. Das klingt sehr radikal. Aber die Trägheit der Menschen schreit nach Radikalität.«
    »Und da soll ich mitmachen?«
    »Ja! Es gibt, wie gesagt, viele, die reden, aber wenige, die sich engagieren. Sie sind ein Mensch, den man darauf ansprechen kann. Ihre Zeitungsanzeige beweist es.«
    Tenndorf sah schweigend vor sich hin. Holle wartete auf eine Antwort, aber statt dessen sagte Tenndorf plötzlich: »Geben Sie mir jetzt doch einen Kognak.«
    »Na also.« Holle griff in das wackelige Regal, schob zwei Aktenordner zur Seite und holte dahinter eine Flasche hervor. Gläser, allerdings nur Wassergläser, standen daneben. »Andere hab' ich nicht«, sagte er. »Die Russen trinken Wodka auch aus Wassergläsern.«
    »Bitte nur einen Fingerbreit für mich.«
    Holle goß ein. Tenndorf prostete ihm zu, trank und kippte sein Glas hinunter. »So, jetzt ist mir wohler«, sagte er dann. »Sie glauben also, ich binde mir einen Schal vor den Mund oder ziehe eine Strumpfmaske über und klaue Tiere …«
    »Befreie, Herr Tenndorf, befreie …«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Wir kommen hier zusammen, besprechen die Aktion, planen alles bis ins Letzte, kalkulieren Schwierigkeiten ein – so eine Art Generalstabsarbeit, wissen Sie. Dann beginnt nachts die Aktion. Nur mit dem Unterschied, daß wir dann einen Mann mehr haben.«
    »Wenn ich zusage …«
    »Da Sie nicht spontan aufgestanden und gegangen sind, nehme ich an, daß Sie zusagen.«
    »Und welche Funktion haben Sie mir zugedacht?«
    »Nicht die des eigentlichen Befreiers. Sie bilden den Troß, um weiterhin so kriegerisch zu sprechen. Sie sollen den Lkw fahren und die befreiten Tiere in das Versteck bringen.«
    »Für diesen einfachen Job brauchen Sie mich? Das kann doch jeder andere auch machen.«
    »Nein. Denn das Fahren ist nicht alles. Wir brauchen ein größeres Versteck.«
    »Aha!«
    »Wir wollen unsere Aktionen ausweiten. Wir können immer nur so viele Tiere befreien, wie wir Unterbringungsmöglichkeiten haben. Es zieht mir das Herz zusammen, wenn ich die anderen zurücklassen muß und weiß, morgen oder übermorgen sind sie zu den Versuchen abtransportiert.« Holle lächelte Tenndorf kumpelhaft an. »Sie sind Architekt, Sie haben mehrere Bauten in und außerhalb Hannovers, es ist strenger Winter, die Bauten liegen zum größten Teil still, aber was fertig ist, sind die Keller. Sie wissen, worauf ich hinauswill?«
    »Nicht übel. Nur hat das einen Haken.«
    »Welchen?«
    »Die Keller sind natürlich ungeheizt. Bei dieser Kälte buchstäblich Eiskeller.«
    »Schon einkalkuliert. Es gibt ja Wärmestrahler. Gas-Wärmestrahler, an Propanflaschen angeschlossen.« Holle trank sein Glas aus. »Sie sehen, wir haben an alles gedacht. Was wir noch nicht hatten, war ein Quartiermeister … eben Sie.«
    »Ich muß sagen, ich bekomme Appetit an der Sache.« Tenndorf blickte auf seine Uhr. »Wann ist die nächste Versammlung Ihrer Aktionsgemeinschaft? Ich muß das

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