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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gespräch mit Ihnen leider abbrechen. Ich habe in einer halben Stunde einen Termin bei Professor Sänfter.«
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Standhaftigkeit.« Holle streckte ihm die Hand hin. »Seien Sie kein Politiker, fallen Sie nicht um!«
    Sie lachten, verabschiedeten sich wie alte Freunde, und Holle blickte Tenndorf nach, bis das Auto an der nächsten Straßenecke abbog. Zurück im Büro, griff er zum Telefon und rief einen Mann an, den er Harry nannte.
    »Ich glaube, es klappt«, sagte er. »Hast du den Wagen?«
    »In Ordnung. Einen Zweitonner. Da kriegen wir gut und gern zweihundert Tiere rein.«
    »Fabelhaft. Bis morgen, Harry. Achtzehn Uhr hier.«
    Holle legte auf, steckte sich wieder eine Zigarette an, trat an das Fenster und blickte hinaus auf die verschneite Straße. Assessor Dr. Steffen Holle, Staatsanwaltschaft Hannover, der unbekannte Tierbefreier, gegen den bereits drei Ermittlungsverfahren liefen. Eines davon bearbeitete er selbst.
    Wenn das jemals bekannt wurde, war er lebenslänglich arbeitslos. Wer würde ihn denn noch nehmen? Der Staat nicht, die Industrie nicht. Selbst eine Praxis aufmachen? Mit Juristen konnte man bald die Straßen pflastern.
    Und in den nächsten Tagen würde man eine neue Akte anlegen: nächtlicher Einbruch und Großdiebstahl von Tieren. Es war anzunehmen, daß der Jüngste in der Staatsanwaltschaft auch diese Straftat zur Bearbeitung bekommen würde.
    Um die Mittagszeit kam Laurenz Kabelmann ins Haus und zog ein dummes Gesicht. Er roch nach Stall, ein strenger Geruch von Kot und Urin, der sich in der Kleidung festgesetzt hatte. Zum erstenmal seit Monaten waren die Ställe richtig gesäubert worden. Mit heißem Wasser hatte Kabelmann die Gänge geschrubbt, jeden Einzelstall ausgeräumt und den festgebackenen Kot von den Gittern und den Böden gekratzt. Besonders verdreckte Tiere hatte er sogar gebadet, mit Seife und Bürste abgeschrubbt und schwärende Wunden behandelt. Er kam sich vor wie Herakles, der den Stall des Augias gesäubert hatte.
    »Der Kerl ist Gold wert!« hatte Wulpert zu seiner Frau Emmi und seinem Sohn Josef gesagt. »So verwildert er aussieht – arbeiten kann er. Das hätte ich ihm nie zugetraut … wie man sich doch irren kann! Ein halbes Jahr bei uns, und wir haben aus dem wieder 'nen Menschen gemacht! Wetten? Der bleibt bei uns, auch wenn es Frühling wird. Der geht nicht wieder auf die Walze.«
    »Was ist denn los?« fragte Wulpert. Er saß schon am Tisch, aus der Küche strömte Bratenduft. »Hunger? Noch zehn Minuten, Lauro. Es gibt Rindsrouladen.«
    »Draußen ist einer«, sagte Kabelmann mißmutig. »Will nicht weggehen.«
    »Wer ist draußen?«
    »So 'n Affe von der Presse … ein Reporter …«
    Wulpert zuckte hoch, als hätte ihn ein Stromstoß getroffen.
    »Du Arschloch!« brüllte er. »Warum hast du ihn nicht in die Fresse gehauen?!«
    »Ich wußte doch nicht …« Kabelmann riß die Augen auf und stotterte. »Ich habe gedacht … von wegen Reklame … aber dann …«
    »Vollidiot!« Wulpert riß den Stuhl um, stürmte aus dem Haus und stürzte auf den Reporter zu, der draußen im Hof wartete. Die Kamera hatte er schußbereit vor der Brust. Kabelmann ging langsam hinterher. Niemand sah, wie er grinste. Wozu doch ein struppiger Bart gut ist.
    »Raus!« sagte Wulpert heiser, als er vor dem Reporter stand. »Sofort runter von meinem Hof!«
    »Ich komme von der Illustrierten ›Blick in die Welt‹. Ich möchte …«
    »Die ›Blick in die Welt‹ kann mich kreuzweise!« brüllte Wulpert. »Hier gibt es nichts zu blicken! Das ist ein Bauernhof wie alle anderen mit Tierzucht und Tierverkauf.« Er starrte auf die Kamera und holte tief Luft. »Haben Sie schon fotografiert? Was haben Sie aufgenommen?«
    »Nur das Haus, die Einfahrt, den Hof, die Ställe von außen, die Hallen, die Stapel von Käfigen. Transportieren Sie Schweine oder Kälber mit Käfigen?«
    Wulpert gab keinen Laut von sich. Aber plötzlich stürzte sich der bullige Mann auf den Reporter, riß ihm mit einem wilden Ruck die Kamera vom Hals, so daß der lederne Riemen zerriß, und warf sie Kabelmann zu. Der fing sie geschickt auf.
    Sprachlos starrte der Journalist den rabiaten Wulpert an und rieb sich den Nacken. »Sind … sind Sie verrückt?« stotterte er schließlich. »Geben Sie sofort die Kamera her! Das ist Körperverletzung, was Sie da tun!«
    »Die kommt erst noch!« Wulpert packte den Reporter am Parka und schüttelte ihn. »Lauro«, schrie er, »reiß den Film raus! Und dann

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