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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Polder, Schelling oder wie sie sonst noch heißen mögen, die ihren Ruhm durch das Leid armer gequälter Kreaturen erhöhen wollen. Was sollen alle diese Argumente: Rettung der Menschheit, Heilung von Krankheiten, Fortschritte der Lebensverlängerung, das große, noch so weite, vielleicht nie erreichbare Ziel: Mensch, werde 150 Jahre alt! Dann mach dir aber andere Sterne Untertan, denn diese Erde wird zu eng für dich werden …
    Sie schrak aus ihren Gedanken hoch, als sich der Schlüssel in der Tür drehte. Dr. Polder kam herein und schloß sofort von innen wieder ab. Schweigend setzte er sich hinter seinen Schreibtisch, fingerte wieder eine verbogene Zigarette aus der Rocktasche und zündete sie an.
    Carola starrte ihn mit weiten Augen an. Nicht nur eine stumme Frage, auch Entsetzen lag in diesem Blick. Da Dr. Polder weiter schwieg, fragte sie endlich leise: »Sie … Sie haben Pumpi und Micky gefunden, nicht wahr? Sie sind hier …«
    »Nein!« Dr. Polder inhalierte einen tiefen Zug und blies dann den Rauch durch die Nase aus. »Das kann ich Ihnen versichern. Hier sind sie nicht. Aber …«
    »Was aber?«
    »Sie hatten recht.« Dr. Polder atmete schwer. »Wir arbeiten zum Teil mit Versuchstieren, die wirklich illegal zu uns kommen! Tiere, deren Herkunft unklar ist. Ich habe mich davon eben überzeugt. Bitte, glauben Sie mir, ich hatte davon keine Ahnung. Es ist eine grandiose Sauerei …«
    »Ich habe diese Sauerei gesehen.« Carola zeigte auf den geschlossenen Wandschrank. »Beeindruckende Fotos haben Sie gemacht …«
    »Eine Versuchsreihe wegen Kehlkopfkrebs. Bisher gab es nur die Chordektomie oder verschiedene Teilresektionen. Wir sind in der Forschung, in der Pharmakologie jetzt so weit, daß wir Hoffnung hegen können, auch chemotherapeutisch das Larynxkarzinom erfolgreich angehen zu können.« Dr. Polder machte wieder zwei tiefe Züge. »Wie könnte man das anders erforschen als am Tier …«
    »Ich kann es nicht hören!« Carola hielt sich beide Ohren zu. »Der Mensch als Supergott über allen anderen Wesen! Früher, zu Zeiten meiner Großeltern oder Urgroßeltern …«
    »… betrug die Lebenserwartung im Durchschnitt 55 Jahre! Heute liegt sie bei zirka 73 Jahren.« Dr. Polder winkte ab. »Das ist ja alles tausendmal gesagt worden. Aber das Foto eines mit Schläuchen gespickten Äffchens alarmiert natürlich alle unsere Gefühle und verdrängt die Wahrheit: Dieses Äffchen kann vielleicht eine Epidemie aufhalten! Es wird geopfert für etwas Gutes, für einen Segen für die ganze Menschheit … im Gegensatz zu den Millionen Toten auf den Schlachtfeldern der Kriege, die sinnlos geopfert wurden und noch werden! Davon spricht keiner. Im Gegenteil, man nennt die in den Tod getriebenen Helden, schießt Ehrensalut, senkt die Regimentsfahnen, hält patriotische Reden, spielt mit verklärten Blicken das Lied vom guten Kameraden, anstatt die Politiker und die Generalität des Verbrechens an der Menschheit anzuklagen! Meine Liebe, wir leben in einer furchtbaren Welt der Heuchelei und der Umdrehung aller Vernunft!« Dr. Polder zerdrückte eine Zigarette in einem Aschenbecher aus Zinn. »Und jetzt geht es los! Jetzt werde ich auf den Tisch hauen und den Verantwortlichen suchen, der da für unsere Biosaturn geklaute Tiere kauft!«
    »Wichtiger ist, wer sie verkauft …«
    »Da haben wir mehrere Händler. Einige sind spezialisiert auf Hunde, andere auf Ratten und Mäuse, wieder andere auf Affen …«
    »Bitte, bitte, hören Sie auf.« Carola preßte wieder die Hände gegen ihre Ohren. »Ich möchte nach Hause. Wenn Sie sagen, Pumpi und Micky sind nicht hier, dann glaube ich Ihnen das.«
    »Ich bringe Sie weg.« Dr. Polder erhob sich. »Wo steht Ihr Wagen?«
    »Zwei Straßen weiter, um die Ecke.«
    »Aber vorher hätte ich noch eine Frage: Was hätten Sie getan, wenn die Tiere wirklich bei uns gewesen wären?«
    »Ich hätte sie mitgenommen, was sonst? Und anschließend die Kripo verständigt.«
    Dr. Polder schloß die Tür seines Zimmers wieder auf. Keine Sekunde zu früh, denn fast gleichzeitig klopfte es, die Tür flog auf, und Dr. Schelling trat ein.
    »Ein Schäferstündchen ist so fein – allein nur muß man dabei sein!« deklamierte er und breitete die Arme weit aus, als wolle er Carola und Dr. Polder an seine Brust ziehen.
    »Von Goethe ist das nicht«, sagte Carola aggressiv. »Nicht mal von Felix Meier.«
    »Wer, zum Teufel, ist Felix Meier?« tönte Dr. Schelling wie ein Burgschauspieler des vorigen

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