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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fahren …«
    Unbeschädigt zu Hause angelangt, was Tenndorf eines der selten vorkommenden Wunder nannte, beschloß man, an diesem Abend nicht zu kochen, sondern um die Ecke in ein ungarisches Lokal zu gehen.
    »Zur Aufheiterung«, sagte Tenndorf aggressiv. »Puszta-Musik hat für mich das gewisse Etwas, was mein Blut perlen läßt.«
    Carola überhörte das und ging hinaus, um sich umzuziehen. Sie kam zurück in einem bunten Rock, einer grünen Bluse und roten Stiefeln.
    Tenndorf starrte sie entgeistert an. »Was ist denn das?« fragte er nach einer Weile Staunen.
    »Ungarisch! Joy Mama! Immer stilecht sein, mein Lieber!«
    Es wurde ein merkwürdiger, aber doch schöner Abend. Das ungarische Essen war vorzüglich, der Wein herrlich, die Musik, wie man sie erwartet hatte: mit Puszta-Sehnsucht und Zigeunerklang. Und so ganz nebenbei blickte Tenndorf die Kinder an, ergriff ihre Hände und sagte feierlich: »Hättet ihr was dagegen, wenn wir eine Familie werden? Mike bekommt eine Schwester, Wiga bekommt einen Bruder …«
    »Und was bekommst du, Papi?« fragte Wiga mit raffinierter Unschuld.
    »Tja, was bekomme ich?« Tenndorf sah hinüber zu Carola. Sie saß mit verschlossenem Gesicht am anderen Kopfende des Tisches. »Das ist eine gute Frage, Wiga. Wer kann sie beantworten?«
    »Vielleicht Mami?« warf Mike ein.
    »Ich weiß gar nicht, wovon ihr redet.« Carola umklammerte ihr Weinglas.
    Mike schüttelte den Kopf. »Nun tu doch nicht so, Mami …«
    »Mich hat noch keiner gefragt.«
    »Aber du weißt doch, worum es geht, Mami!«
    »Halt den Mund, Mike!« Carola nahm einen Schluck Wein. Ihre Hand zitterte dabei deutlich. »Ihr seid noch zu klein, um das zu verstehen.«
    »Das sagst du immer. Wir verstehen mehr, als du glaubst.«
    »Einmal fragt dieser Herr Tenndorf zwischen Tür und Angel, einmal beim Autofahren, jetzt in einem ungarischen Restaurant, wo die Musik sein Blut perlen läßt … das soll ich ernst nehmen, Mike?«
    »Soll ich mit einem Blumenstrauß auf die Knie fallen?« Tenndorf hielt die Hände der Kinder fest. »Wir drei sind uns einig. Es steht drei zu eins …«
    »Spielen wir hier Fußball oder Tennis?!«
    »Du liebst doch Onkel Horst, Mami …«
    »Wer sagt denn das?«
    »Du! Du hast einmal zu mir gesagt …«
    »Mike, ich warne dich. Du bekommst eins hinter die Ohren.«
    »Mike, sprich weiter«, sagte Tenndorf väterlich. »Ein starker Mann läßt sich durch Drohungen nicht einschüchtern …«
    »Mami hat mich einmal gefragt …«
    »Mike!« rief Carola warnend und begann, rot zu werden.
    »… sie hat mich gefragt: Was hältst du davon, wenn Onkel Horst dein neuer Papi wird? Und ich habe geantwortet: Klasse, Mami.«
    »So hat Papi mich auch gefragt!« rief Wiga begeistert.
    »Nun ist's raus.« Tenndorf sah über den Tisch hinweg zu Carola. »Schon um die Kinder nicht zu enttäuschen, sollte zwischen uns alles klar sein, Liebling.«
    Sein Lächeln, das sonst so ansteckende Tenndorf-Lächeln, tat bei Carola wenig Wirkung. Sie nickte nur. »Das wäre ein Vernunftsgrund, zugegeben«, sagte sie.
    »Also werden wir eine Familie, Kinder!« Tenndorf ließ die Kinder los. »Darauf trinken wir jetzt ein Glas. Alles andere besprechen wir, wenn euer Papi einen wichtigen Auftrag erledigt hat.«
    »Wenn euer Papi diesen wichtigen Auftrag erledigt hat, habt ihr vielleicht die Freude, euren Papi im Gefängnis zu besuchen …«
    »Das wär 'ne Wucht!« rief Mike begeistert. »So richtig hinter Gittern? Mit Fesseln an den Händen?«
    »Mit allem Drum und Dran, Mike«, sagte Tenndorf.
    »Toll, Papi!«
    Tenndorf hob bedauernd die Schultern und blickte wieder zu Carola. »Du siehst, Liebling, wie sich die Sympathien verteilen.«
    »Es ist schamlos, wie du den kindlichen Glauben ausnutzt! Warum sagst du ihnen nicht, daß ich vor Angst fast vergehe?!«
    »Ihr habt's gehört, Kinder!« Tenndorf rieb sich die Hände. »Das war eine hundertprozentige Liebeserklärung vor euch. Und das ist wahr: Eure Mutti liebt mich, und ich liebe eure Mutti. Und weil wir uns so lieben, wir alle, werden wir selbst vor dem Teufel keine Angst haben.«
    In dieser Nacht durften Mike und Wiga das erstemal zusammen in Wigas Zimmer schlafen, weil auch Tenndorf und Carola zusammen schliefen. Es war alles so selbstverständlich, als wäre es nie anders gewesen. Sie waren eine Familie.
    »Na, wie haben wir das gemacht?« sagte Mike vor dem Einschlafen zufrieden. »Merkwürdig, daß man die Erwachsenen immer anstoßen muß.« Dann fügte er etwas

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