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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    »Ich bin nicht feige!« rief Wiga empört. »Ich war nie feige!«
    »… wenn du mitmachen willst, dann schwänzen wir morgen die Schule und fahren hinaus nach Otternbruch. Wenn wir später als sonst nach Hause kommen, sagen wir, wir hätten nachsitzen müssen.«
    »Das gibt ein langes Verhör von Papi …«
    »Also doch zu feige!« sagte Mike geringschätzig. »In Ordnung, dann tu' ich's allein.«
    »Und wenn uns mein Papi oder deine Mami von der Schule abholen, und wir sind gar nicht da?«
    »Dann sagen wir, wir hätten die letzte Stunde freigehabt und wären in die Heide gefahren.«
    »Das ist doch gelogen, Mike.«
    »Na und? Lügen Erwachsene nicht auch? Und wie …«
    »Dafür sind es Erwachsene.« Wiga blickte traurig auf den Teppich, auf dem Mike eine Industrieanlage aufgebaut hatte mit einem großen Kran, Lastwagen, einer Fabrik und Gleisanlagen. Wer sich in Mikes Zimmer bewegte, mußte mit hohen, weiten Schritten und vorsichtig alle Hindernisse übersteigen. »Ich will nicht lügen. Warum fragen wir nicht vorher?«
    »Die sagen doch unter Garantie nein! Hat gar keinen Sinn! Entweder wir schwänzen die Schule, machen es heimlich, oder wir lassen es sein. Dann geben wir uns genauso geschlagen wie dein Papi und meine Mami.« Mike erhob sich, stieg über das Fabrikdach und stellte sich an das Fenster. »Ich versteh' die überhaupt nicht mehr. Sagen nichts mehr über Pumpi und Micky, und selbst reden sie auch nur immer dummes Zeug. Warum sagt dein Papi nicht zu meiner Mami: Du, wir heiraten!«
    »Das weiß ich doch nicht …«
    »Müssen wir das auch noch für die machen? Du, Wiga, eigentlich sind Erwachsene sehr dumm. Sie wollen alles wissen und tun so viel Unsinn. Das hab' ich Mami schon gesagt.«
    »Und was hat sie geantwortet?«
    »Wie immer: Davon verstehst du nichts.« Mike drehte sich am Fenster zu Wiga um. »Was ist nun? Schwänzen wir morgen die Schule?«
    »Nur, wenn du mir bei Papi hilfst.«
    »Ist doch klar.« Mike lächelte breit, er kam sich als großer Beschützer und starker Mann vor. »Nimm das Fernglas von deinem Papi mit … dann sehen wir alles ganz nah.«
    Am späten Nachmittag kamen Tenndorf und Carola aus der Stadt zurück. In einem großen Kaufhaus hatten sie eine weite dunkelblaue Strickmütze gefunden. Tenndorf hatte sie in einer Kabine ausprobiert. Er konnte damit sein Gesicht völlig verhüllen. Um sich ganz der Nacht anzugleichen, kaufte er noch einen schwarzen Trainingsanzug und weiche, gefütterte, schwarze Halbstiefel mit Profilsohle. Daß er mit dieser Sohle die fabelhaftesten Spuren hinterließ, daran dachte er nicht.
    »Fertig, mein Sonntagsgangster?« fragte Carola, als sie die Tüten zum Auto trugen. »Zu empfehlen wäre vielleicht noch eine Kinderpistole. Es gibt da dem Original täuschend nachgemachte: Smith & Wesson, 08, Walther PPK – wer nicht sofort die Kopie erkennt, kann höllische Angst bekommen. Stell dir vor: Die knallen sogar!«
    »Ich wußte gar nicht, daß du so mit Spott geladen sein kannst.«
    »Du weißt überhaupt sehr wenig von mir.« Sie schloß die Wagentür auf und wartete, bis Tenndorf saß. Dann setzte sie sich hinter das Lenkrad, steckte den Zündschlüssel ins Schloß, ließ aber den Motor nicht an. »Und trotzdem willst du mich heiraten!«
    »Weil ich dich liebe.«
    »Bist du dir da so sicher?«
    »So sicher wie die Fundamente meiner Bauten.«
    »Da würde ich nicht drauf schwören.«
    »Bisher ist noch kein Bau von mir eingestürzt! Aber du …«
    »Was ist mit mir?«
    »Du und deine Modeheinis! Deine zur Schau gestellte große Sicherheit ist ja nichts anderes als ein besonders glitzerndes Kostüm. Was aber steckt darunter? Darauf kommt es an.«
    »Aha! Und du weißt, was darunter ist?«
    »Ja!« Er zeigte auf die Straße. »Fahr los …«
    »Erst, wenn du mir sagst, was darunter ist!«
    »Ein total verunsichertes Mädchen von dreißig Jahren mit einem neunjährigen Sohn.«
    »Ha! Da werde ich dir das Gegenteil beweisen.«
    »Tu es.« Er blickte aus dem Autofenster und klopfte ein paar Eiskristalle von seinem Mantelärmel. »Ich hätte mir, wenn meine Frau nicht verunglückt wäre, noch einen Sohn gewünscht. Jetzt hab' ich einen …«
    Carola antwortete nicht, aber ihre Augen bekamen einen anderen Glanz. Sie ließ den Motor an und schoß aus dem Parkplatz hinaus.
    Tenndorf stieß einen tiefen Seufzer aus, stemmte die Füße gegen das Bodenblech und sagte nur noch: »Da will uns die Statistik weismachen, daß Frauen besser als Männer

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