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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Zeit außer Kraft gesetzt, eine Pause eingetreten, in der sie nicht denken musste, sondern nur fühlen.
    Dann hob Bobby sie behutsam auf ihren Sitz zurück, bis sie wieder aufrecht neben ihm saß, einen halben Meter von ihm entfernt.
    «Nein», sagte er.
    D.D., selbst am meisten erschrocken über das, was sie gerade getan hatte, bekam kein Wort heraus. Sie schaute sich in dem kleinen Innenraum des Wagens nach einer Fluchtmöglichkeit um.
    «Es war so ein Moment», fuhr Bobby fort. Seine Stimme klang belegt. Er räusperte sich und wiederholte: «So ein Moment. Aber ich habe Annabelle, und du hast Alex. Wir werden doch nicht aufs Spiel setzen, was gut für uns ist.»
    D.D. nickte.
    «D.D. –»
    Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte nichts mehr hören. Wie gesagt, es war nur so ein Moment gewesen. Dem war nichts mehr hinzuzufügen.
    Außer vielleicht, dass sie immer schon eine Schwäche für Bobby Dodge gehabt hatte. Und ihr die Trennung, obwohl es ihre Entscheidung gewesen war, immer noch zu schaffen machte. Wenn sie jetzt zu sprechen versuchte, würde sie wahrscheinlich in Tränen ausbrechen, und das wäre dumm. Bobby hatte Besseres verdient. Genauso wie Alex.
    Plötzlich dachte sie wieder an Tessa Leoni. Scheinbar zwangsläufig drängte sich ihr diese Verbindung wieder auf. Zwei Frauen, tüchtig in ihrem Beruf, und doch, was ihr Privatleben anging, offenbar völlig hilflos.
    Das Funkgerät im Armaturenbrett fing zu knistern an. D.D. griff danach in der Hoffnung auf gute Nachrichten.
    Es war der Suchtrupp. Officer Landley meldete sich. Sie hatten auf der Landstraße, gut zweieinhalb Meilen jenseits des Tatorts, Tessas Spur neben frischen Reifenspuren verloren.
    Vermutlich war sie nicht mehr allein und nicht mehr zu Fuß unterwegs.
    Sie hatte einen Komplizen und einen fahrbaren Untersatz.
    Sie war verschwunden.

[zur Inhaltsübersicht]
    32. Kapitel
    Im Alter von zwölf Jahren hatten wir, Juliana und ich, uns häufig die Frage gestellt, wozu Freunde eigentlich gut seien. Sie wurde für uns zu einer Art Geheimformel, und wir verständigten uns darauf, die Frage mit einem Ja zu beantworten, wenn einer von uns in einer peinlichen oder auch verzweifelten Situation die Hilfe des anderen benötigte.
    Hatte Juliana ihre Matheaufgaben vergessen, fragte sie: «Wozu sind Freunde gut?», und ich ließ sie schnell aus meinem Heft abschreiben. Wenn mein Vater, dieses Arschloch, wieder einmal auf stur schaltete und mir den Sport nach der Schule verbot, fragte ich: «Wozu sind Freunde gut?» Dann rief Juliana ihre Mutter an und verabredete mit ihr, dass sie mich anschließend nach Hause brachte und meinen Vater darüber informierte, denn mein Vater hätte sich nie mit Julianas Mom angelegt. Juliana war in den süßen Jungen aus der Biologieklasse verknallt. «Wozu sind Freunde gut?» Ich setzte mich in der Mittagspause neben ihn und lotete ihre Chancen bei ihm aus.
    In Haft genommen unter dem dringenden Tatverdacht, den eigenen Ehemann umgebracht zu haben – «Wozu sind Freunde gut?»
    Ich hatte bereits am Samstagnachmittag, als meine Welt implodiert und mir bewusst geworden war, dass ich Hilfe nötig haben würde, Julianas Telefonnummer rausgesucht. Auch nach zehn Jahren war sie immer noch der einzige Mensch, dem ich vertrauen konnte. Als sich der Kerl in Schwarz endlich verzogen und mich mit meinem toten Mann allein in der Garage zurückgelassen hatte, schippte ich Schnee und suchte dann im Telefonbuch nach meiner ehemals besten Freundin. Ich fand sie, ihre Adresse und Telefonnummer unter neuem Namen, denn sie hatte ja geheiratet.
    Kurz danach bastelte ich zwei kleine Sprengsätze und fuhr mit dem Denali los.
    Meine letzten Handlungen als freie Frau. Das wusste ich. Brian hatte etwas Schlimmes getan, und wir, Sophie und ich, sollten dafür büßen. Und so zahlte ich dem Mörder meines Mannes fünfzig Riesen. Die gewonnene Zeit nutzte ich, um zwei Schritte Vorsprung zu erzielen.
    Sonntagmorgen kam Shane, und es konnte losgehen. Eine Stunde später, windelweich geschlagen, mit Gehirnerschütterung und gebrochenem Jochbein, wandelte ich mich von der brillanten Strategin zur überzeugend misshandelten Frau, die nicht mehr wusste, wo ihr der Kopf stand. Gleichzeitig war da noch dieser Funke Hoffnung, dass ich nur schlecht geträumt hatte, dass Brian nicht vor meinen Augen gestorben und Sophie nicht aus ihrem Bett geholt worden war. Dass womöglich, wenn ich das nächste Mal aufwachte, meine Welt auf magische Weise wieder in Ordnung

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