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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Keller. John Stephen Purcell schien hier zu foltern.
    Ich stand auf der obersten Stufe, hatte die Hand auf dem Lichtschalter links an der Wand und zögerte, denn ich wusste nicht, ob ich den Keller wirklich erleuchtet sehen wollte.
    Nach Stunden gesegneter Betäubtheit drohte ich die Fassung zu verlieren. Der Gestank. Meine Tochter. Der Gestank. Sophie.
    Ein kleines Mädchen würde doch wohl niemand foltern. Was hätten sie davon? Was wäre von Sophie Wichtiges zu erfahren?
    Ich schloss die Augen, schaltete das Licht ein und lauschte angestrengt in die Stille auf ein erstes Wimmern meiner Tochter oder die Schritte eines Angreifers.
    Zu hören war nichts.
    Das rechte Auge halb geöffnet, zählte ich bis fünf und öffnete dann auch das linke. Das Licht der nackten Glühbirne schmerzte weniger als befürchtet. Langsam stieg ich die Treppe hinunter, die Flinte im Arm. Von meiner rechten Schulter tropfte Blut.
    Der Keller war frei von Gerümpel. Ein Mann wie Purcell brauchte keine Gartenmöbel, Weihnachtsschmuck oder Plunder.
    Mitten im Raum standen eine Waschmaschine, ein Wäschetrockner und ein Tisch aus Edelstahl von der Art, wie man sie in der Gerichtsmedizin fand. Die Abflussrinnen an den Rändern führten in ein Auffangbecken am Kopfende, das sich über einen Schlauch ins Spülbecken an der Wand entleeren ließ.
    Wenn er Kniescheiben zertrümmert und Fingerspitzen abgeschnitten hatte, legte Purcell offenbar Wert auf Sauberkeit. Der bräunlich verfärbte Boden ringsum aber ließ erkennen, dass es bei solchen Tätigkeiten unmöglich war, Spritzer zu vermeiden.
    Neben dem Tisch stand eine ausrangierte Fernseherkonsole, die zu einer Art Besteckkasten umfunktioniert worden war. Die Instrumente darin waren blitzblank geputzt und funkelten im Licht der Glühbirne.
    Purcell widmete der Pflege seines Werkzeugs viel Zeit, wie es schien. Und es war ihm offenbar eine Lust, sie seinen Opfern zu präsentieren, die sich voller Entsetzen ausmalten, was sie erwartete, und ihm damit die halbe Arbeit abnahmen. Dann würde er sie auf den Tisch schnallen.
    Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie schon zu reden anfingen, bevor er nach der ersten Zange griff, was ihnen aber wohl nichts nützen würde.
    Ich ging an dem Tisch vorbei, dem Spülbecken, der Waschmaschine und dem Trockner. Unter der Treppe war eine Tür, die zu einem Verschlag führte. Rücklings an die Bretterwand gepresst, langte ich nach dem Knauf und öffnete die Tür.
    Niemand huschte daraus hervor. Da war auch kein Kind zu hören, das mich weinend begrüßte.
    Meine Nerven lagen blank. Erschöpft und voller Angst ging ich in die Hocke, brachte die Flinte in Anschlag und sprang vor die Türöffnung.
    Ich blickte auf einen Öltank, einen Warmwasserbereiter, den Stromzählerkasten und ein Kunststoffregal, in dem Putzmittel, Kabelbinder und ein aufgerolltes Seil lagen. Und ein dicker Schlauch, der sich bestens zur Endreinigung eignete.
    Langsam richtete ich mich auf, überrascht, wie wacklig ich auf den Beinen stand. Es hätte wohl nicht viel gefehlt, und ich wäre ohnmächtig geworden.
    Der Boden war feucht. Ich schaute hin und sah mein eigenes Blut, zu einer Pfütze zusammengelaufen. Es tropfte und tropfte.
    Hilfe, dachte ich. Ambulanz. Sollte ich …
    Was, etwa die Polizei rufen?
    Der absurde Gedanke brachte mich zur Besinnung. Ich verließ den Keller, ging nach oben und schaltete alle Lichter ein.
    Wie vermutet, fand ich im Badezimmer Verbandsmaterial. Ein Mann wie Purcell musste schließlich damit rechnen, dass er sich Verletzungen einhandelte, mit denen er nicht zum Arzt rennen konnte. Sein Arzneischrank war entsprechend gut ausgestattet.
    Es gelang mir nicht, den schwarzen Rollkragenpullover über den Kopf zu streifen. Also nahm ich eine Chirurgenschere und schnitt ihn auf. Über das Waschbecken gebeugt, schüttete ich Wasserstoffperoxid über die blutende Einschusswunde.
    Es tat so weh, dass ich unwillkürlich nach Luft schnappte. Dann biss ich mir fest auf die Unterlippe.
    Wäre ich ein wirklich harter Typ – sagen wir, Rambo –, würde ich die Kugeln mit Essstäbchen herauspulen und die Wunde mit Zahnseide vernähen. Aber weil ich nicht wusste, wie das gehen sollte, stopfte ich Mull in die Wunde und klebte ein Pflaster darüber.
    Anschließend schluckte ich drei Ibuprofen und zog mir ein dunkelblaues Flanellhemd aus Purcells Kleiderschrank an. Es war zwei Nummern zu groß und roch nach Weichspüler und Männerdeodorant. Der Saum reichte bis in die Kniekehlen,

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