Wer stirbt, entscheidest du
und einen Hundekadaver mit Sprengsätzen zu versehen, dazu ein paar Milchzähne für ein makaberes Schauspiel, das ihr die Flucht ermöglichen sollte.
Shane hatte ausgesagt, am Sonntagmorgen von Tessa angerufen worden zu sein mit der Bitte, sie zusammenzuschlagen. Doch inzwischen stand so gut wie fest, dass er viel tiefer in die Sache verwickelt gewesen war. Ein «Freund», der einer Freundin wirklich helfen wollte, hätte ihr allenfalls ein paar blaue Flecken verpasst, sie aber mit Sicherheit nicht krankenhausreif geschlagen.
Doch genau das war seine Absicht gewesen. Wie hatte er es angestellt? Komm, schaffen wir die Leiche nach oben, damit sie auftaut. Ich werde dich dann nach Strich und Faden vermöbeln. Anschließend rufst du die Polizei und erklärst, den Scheißkerl von Ehemann abgeknallt zu haben, weil er dich fertigmachen wollte …
Beide hatten wohl gewusst, dass es zur Verhaftung kommen würde. Zumindest musste sich Shane darüber im Klaren gewesen sein, dass ihr niemand diese Geschichte abkaufen würde, zumal sie nicht erklärte, warum die Tochter verschwunden und Brians Leiche auf Eis gelegt worden war.
Er und seine Hintermänner hatten es darauf angelegt, dass sie hinter Schloss und Riegel kam.
Es ging natürlich um Geld. Um eine Viertelmillion aus der Gewerkschaftskasse. Wer hatte sie gestohlen? Shane Lyons? Oder jemand am oberen Ende der Nahrungskette?
Jemand, der schlau genug war einzusehen, dass, bevor es eng werden würde, ein Sündenbock präsentiert werden musste.
Jemand, der wusste, dass sich Tessa Leoni für diese Rolle bestens eignete, war sie doch einschlägig bekannt als schnell mit der Waffe und darüber hinaus auf Videos der Überwachungskameras in der Bank zu sehen. Mehr noch, sie hatte einen Mann, der dem Glücksspiel verfallen war. Eine bessere Kandidatin gab es nicht.
Brian hatte sterben müssen, weil er, außer Kontrolle geraten in seiner Sucht, zur Gefahr geworden war. Und Tessa sollte als Geschenk, mit Schleifchen verpackt, den Behörden übergeben werden. Man würde sagen, der Diebstahl ginge auf ihre Kappe, ihr Mann habe es verzockt, und damit wäre alles geklärt. Ende der Ermittlungen, und die abgebrühten Schurken würden, eine Viertelmillion reicher, gemütlich in Richtung Sonnenuntergang davonfahren.
Brian tot, Tessa hinter Gittern, und Sophie …
An sie mochte Bobby gar nicht erst denken. Sie schwebte in Lebensgefahr und würde wahrscheinlich sterben müssen, wenn Tessa nicht tat, was von ihr verlangt wurde. Womöglich war sie ohnehin verloren.
Verständlich, dass sich Tessa auf dem Kriegspfad befand. Sie hatte bereits zwei Tage verloren, einen im Krankenhaus, den anderen im Gefängnis. Die Zeit wurde knapp. Die nächsten Stunden entschieden darüber, ob sie ihre Tochter retten oder beim Versuch sterben würde.
Eine Polizistin, allein gegen Schwerverbrecher, die es fertiggebracht hatten, in ihr Haus einzubrechen und ihren Mann zu erschießen.
Wer besaß diese Dreistigkeit? Und den Zugang?
Der Russenmafia war es gelungen, Boston großflächig zu unterwandern. Sie galt als sechsmal brutaler als die italienische Konkurrenz und entwickelte sich rasend schnell zur Nummer eins in Sachen Korruption, Drogenhandel und Geldwäsche. Eine Viertelmillion war für sie, wie Bobby spekulierte, im Grunde nur ein Trinkgeld, für das sich niemand die Finger schmutzig machte.
Die Russen setzten vielmehr auf hohes Risiko und entsprechend hohe Gewinne. Ein Griff in die Kasse der Gewerkschaft, der die ganze Polizei in Aufruhr brächte – nein, das lohnte sich nicht.
Die Sache war persönlich motiviert. Mafiosi hatten kein Interesse an kleinen Betrügereien, wohl aber an Insidern, die, unter Druck gesetzt, Zugang zu den großen Geldquellen schaffen und eigene Spuren verwischen konnten.
Plötzlich ging Bobby ein Licht auf. Natürlich, es konnte gar nicht anders sein.
Er holte mit dem Ellbogen aus und rammte ihn durch das Seitenfenster. Die Scheibe zersprang. Alarm schrillte. Ohne sich davon abhalten zu lassen, griff Bobby ins Handschuhfach nach der Zulassung, auf der das Kennzeichen vermerkt war, mit dem Tessa Leoni ihren Pick-up bestückt hatte.
Mit neuer Zielrichtung eilte er zur Werkstatt zurück, wo D.D. auf ihn wartete.
[zur Inhaltsübersicht]
40. Kapitel
Hier wurde gestorben.
Das verriet schon der Geruch, der rostige Geschmack von Blut, der so tief in den Estrich einsickert, dass weder Bleichmittel noch Kalk ausreichen, ihn zu tilgen. Manche Leute basteln in ihrem
Weitere Kostenlose Bücher