Wer stirbt, entscheidest du
Dollar. Als sie Geld von ihrem Sparbuch abheben wollte, war nichts mehr da.»
«Nichts mehr da?», wiederholte D.D.
Lyons zuckte mit den Achseln. «Laut Tessa hätten dreißig Riesen auf dem Konto sein müssen, aber es war leer. Am Ende musste sie sich Geld leihen, um den Handwerker zu bezahlen. Als dann Brian von seiner Dienstreise zurückkehrte …»
«Na? Was passierte da?»
«Wir haben ihn zur Rede gestellt. Wir beide, Tessa und ich. Sie wollte, dass ich dabei bin. Sie sagte, wenn sie allein mit ihm spräche, würde es für ihn vielleicht so klingen, als wollte sie nur rumzicken. Mir, seinem besten Freund, würde er eher zuhören.»
«Sie haben ihm also wegen seiner Sucht ins Gewissen geredet», sagte Bobby. «Mit Erfolg?»
«Von wegen», empörte sich Lyons noch nachträglich. «Nicht nur, dass er schlichtweg leugnete, ein Problem zu haben. Er drehte den Spieß einfach um und unterstellte uns ein Verhältnis. Wir würden unter einer Decke stecken und versuchen, ihn auszumanövrieren. Die ganze Welt hätte sich gegen ihn verschworen.» Lyons schüttelte den Kopf. «Und ich dachte, ich würde ihn kennen. Wir waren bis dahin die besten Freunde, doch dann plötzlich nicht mehr. Für ihn war es offenbar leichter zu glauben, dass sein bester Freund mit seiner Frau schläft, als sich selbst ein Suchtproblem einzugestehen und zuzugeben, alle Ersparnisse flüssig gemacht zu haben, um irgendeinen Geldeintreiber glücklich zu machen.»
«Hat er sich von irgendwelchen Kredithaien Geld geliehen?», fragte D.D.
Lyons schaute sie von der Seite an. «Angeblich nicht. Er sagte, er hätte das Geld für den Denali gebraucht. Daraufhin griff Tessa seelenruhig zum Telefonhörer und rief die Bank an. Automatisierte Kontenauskunft. Wie vermutet, stand er mit dem Denali nach wie vor mit fünfunddreißigtausend Dollar in der Kreide. Genau an der Stelle drehte er dann durch. Er schrie uns an und behauptete, wir würden miteinander schlafen.»
«Wie hat Tessa reagiert?»
«Sie hat ihn angefleht, er solle sich helfen lassen, bevor er noch tiefer in den Schlamassel rutschte. Aber davon wollte er nichts wissen. Am Ende sagte sie, wenn er kein Suchtproblem hätte, müsste es ihm ja leichtfallen, nicht mehr zu spielen. Überhaupt nicht mehr. Damit war er einverstanden. Aber vorher musste sie ihm versprechen, mich nie wiederzusehen.»
D.D. zog eine Braue in die Stirn und sah ihn an. «Es scheint, er war wirklich überzeugt davon, dass Sie und Tessa eine Affäre hatten.»
«Suchtkranke machen immer andere für ihre Probleme verantwortlich», erwiderte Lyons ruhig. «Fragen Sie meine Frau. Ich habe ihr alles gesagt. Außerdem weiß sie immer ganz genau, mit wem ich mich wo treffe, wenn ich ohne sie unterwegs bin. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.»
«Tatsächlich? Warum haben Sie uns diese Geschichte nicht schon früher erzählt?», wollte D.D. wissen. «Ich erinnere mich nur, dass Sie meinten, die Hochzeit von Tessa und Brian wäre Ihnen nicht besonders wichtig gewesen. Vierundzwanzig Stunden später geben Sie zu, sich als Brians persönlicher Suchtberater versucht zu haben.»
Lyons wurde rot und ballte seine Fäuste an der Seite. D.D. richtete ihren Blick darauf und …
«Ja, was haben wir denn da?» , rief sie und griff nach seiner Rechten, um sie ins Licht zu heben. Lyons versuchte, sie mit der Linken zurückzustoßen, spürte aber plötzlich eine geladene Sig Sauer an der Schläfe.
«Eine falsche Bewegung, und Sie sind tot», sagte Bobby, ebenso heftig keuchend wie Lyons.
D.D. war zwischen beiden eingekeilt.
Der State Trooper brachte gut zwanzig Kilo mehr auf die Waage als Bobby. Er war sehr viel kräftiger und hatte als Streifenbeamter mehr Erfahrung im Zweikampf. Ein anderer Officer seiner Statur hätte Bobbys Drohung womöglich nicht ernst genommen, doch Lyons wusste offenbar, mit wem er es zu tun hatte.
Er wich zurück und wehrte sich nicht, als D.D. seine Faust ins Licht der Deckenlampe hielt. Die Knöchel waren dunkelviolett und geschwollen, die Haut an mehreren Stellen abgeschürft.
Als Bobby langsam die Waffe sinken ließ, richtete D.D. ihren Blick auf Lyons’ Füße, die in schweren, eisenbeschlagenen Arbeitsschuhen steckten. Vielleicht erklärten sie, warum Tessas Anwalt nicht zulassen wollte, dass die Prellung an ihrer Hüfte untersucht wurde.
«Mistkerl», sagte D.D. «Sie haben sie geschlagen. Sie waren es, der Tessa Leoni krankenhausreif geprügelt hat.»
«Auf eigenes Verlangen», entgegnete
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