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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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heiser. »Mutter … die hast du alle erschossen …«
    »Sie wollten deinen Vater töten«, sagte sie und drückte wieder ab. »Sie wollen dich töten … Gott wird jeden Schuß einer Mutter segnen …«
    Die Reihen der Krieger begannen zu stürmen. Heulend kamen sie näher, die Schilde von sich gestreckt.
    »Sie wagen es tatsächlich!« brüllte Paul. »Mutter, ich muß jetzt auf einen Menschen schießen!«
    »Wie geht es Vater?« fragte sie. Sie zielte, schoß, zielte, schoß, wie ein Automat, der Kugeln ausspuckt.
    »Ein Schulterschuß.«
    »Lebt er noch?«
    »Ja, Mutter.«
    »Wird er sterben?«
    »Ich weiß es nicht, Mutter.«
    Paul zielte, aber er drückte nicht ab. Er sah die verzerrten Gesichter unten gegen die Böschung branden und dachte erschrocken: Auch das sind Menschen …
    »Schieß, mein Junge«, schrie ihm Anne ins Ohr. Das Geheul der anstürmenden Krieger füllte den Raum zwischen Meer und Sonne aus. »Schieß! Sie wollen Vater umbringen, sie wollen mich umbringen, mein Junge …«
    Paul drückte ab. Die Wirkung seiner Schrotladung war fürchterlich. Sie riß eine Lücke in die Reihen, und als er zum zweitenmal schoß, warfen sich die Papuas herum und rannten zu den Booten zurück. Ihre Toten schleiften sie mit, darunter einen Häuptling. Nur ein einziger Mann blieb zurück, ein junger, starker Bursche, vielleicht so jung wie Paul; er kniete im Sand, starrte zu dem Hang hinauf, blickte dann zurück und rührte sich nicht, als die Boote vom Ufer ablegten und hinaus in die Lagune und über die Korallenbänke gestoßen wurden.
    Die Stille, die plötzlich wieder über der Insel lag, war erdrückend. Selbst das Rauschen des Meeres war kein Geräusch mehr, es wurde aufgesogen von der Lautlosigkeit.
    »Laß ihn leben, Mutter –«, sagte Paul leise. Er legte seine Hand auf das Gewehr, das Anne zielend in Anschlag gebracht hatte, drückte es herunter und nahm es ihr dann aus den plötzlich kraftlosen, zitternden Händen. Sie fiel nach hinten in die Farne, warf sich herum, drückte das Gesicht in die Erde und weinte laut.
    Paul schob den Kopf über die Deckung. Der eingeborene Krieger kniete noch immer im Sand, sein Schild und sein Speer lagen neben ihm. Er sah den jungen weißen Mann an, wollte sich hochstemmen, schwankte auf halber Höhe, brach zusammen und lag dann auf dem Rücken. Aber er hob den Kopf, sah, daß der weiße Mann den Hang hinunterkletterte, griff nach seinem Speer und stieß ihn sich in die Brust.
    »Du Idiot!« schrie Paul. Er sprang gerade in den Sand, als der Krieger zustieß. »Ich will dir doch helfen …«
    Er rannte über den Strand, hörte hinter sich einen hellen Aufschrei, aber da hatte er den Sterbenden schon erreicht und kniete bei ihm nieder. Schwarze, staunende Augen starrten ihn an.
    Paul blickte zurück zur Böschung. Anne stand oben am Rand, zielend, schußbereit. Der Eingeborene drehte die Handflächen nach oben, das Zeichen der Unterwerfung. Seine Beine waren übersät mit kleinen Wunden. Pauls Schrotkugeln.
    »Laß ihn leben!« schrie Paul zu Anne hinauf. »Mutter, laß ihn leben! Er hat Angst …«
    Vom Haus humpelte Bäcker heran. Er stützte sich auf eine Krücke. Es war die gleiche Krücke, mit der er vor zwanzig Jahren den Kampf gegen sein zersplittertes Bein gewonnen hatte, gegen diesen verfluchten Knochen, der ihn töten wollte.
    »Anne«, sagte er, »Anne – heute hast du Paul zum zweitenmal geboren.«
    Sie wirbelte herum, ließ das Gewehr fallen, breitete die Arme aus, stieß einen hellen, ganz und gar nicht menschlichen Schrei aus und stürzte ihm entgegen.
    Am Strand lud Paul den Eingeborenen auf seine Schulter.
    Bäcker hatte einen Schuß in die linke Schulter erhalten, eine Fleischwunde, die er sich selbst verbunden hatte. Als er jetzt in den Kampf eingreifen wollte, war alles schon entschieden.
    Anne hing an seinem Hals und weinte. Die Angst fiel von ihr, die wilde Kraft der Verzweiflung. »Ich habe sie umfallen sehen …«, stammelte sie. »Ich habe ihre Gesichter gesehen, als ich sie traf. O Gott, es ist schrecklich, Menschen zu töten …«
    Paul keuchte die Treppe hinauf, die Bäcker in den Hang geschlagen hatte. Er legte den verwundeten Eingeborenen vorsichtig auf den breiten Tisch vor dem Haus. Das Blut des Sterbenden war über seine Schultern geflossen. Paul wischte es mit beiden Händen ab und hielt dann die Handflächen von sich, als könne das Blut abtropfen.
    »Kannst du ihn retten, Vater?« fragte er. Für ihn war das der erste Mensch, den er

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