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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Papeete … nur für ein paar Monate …?«
    Und eine Frau muß er kennenlernen, dachte Bäcker. Darüber aber kann man mit Anne nicht reden. Wie alle Mütter ist sie eifersüchtig auf alles, was sich ihrem Sohn nähert, vor allem wenn es eine andere Frau ist. Aber Paul ist ein junger, gesunder Mann, und es wundert mich, daß er sich noch nie in Gedanken oder durch Fragen und Bemerkungen mit einer Frau beschäftigt hat. Jeden Morgen sieht er seine Mutter nackt im Meer baden, oft toben sie zusammen wie ausgelassene Kinder in der Lagune, und Anne ist eine herrliche Frau. Hat er noch nie heimlich seine Mutter betrachtet und jene süße, schwere Sehnsucht im Herzen gespürt, die für einen Jungen seines Alters unbesiegbar ist? Soll er ein neuer Ödipus werden?
    Auch das ist ein Problem – und wir werden es hier auf der Insel nie lösen können. Oder soll ich herumfahren und eine Frau für ihn suchen? Ein Brautwerber für die Einsamkeit? Wer von euch, ihr schönen Mädchen, hat Lust, auf einer Insel zu leben und Kinder zu kriegen, auf einer Insel, die auf keiner Landkarte zu finden ist …
    »Ich will nicht!« sagte Paul laut.
    Bäcker schrak aus seinen Gedanken hoch.
    »Was willst du nicht?«
    »Weg von hier.«
    »Natürlich. Du kannst dir das andere nicht vorstellen. Aber schon am nächsten Tag in einer anderen Umgebung wirst du sagen: Es war ein guter Gedanke von meinem Vater.«
    Das erste Mädchen, das ihm begegnet, wird ihn bereits verändern, dachte Bäcker. Er wird Chancen haben, der Junge, verdammt viele Chancen. Er ist ein Prachtkerl. Man könnte ihn direkt beneiden.
    »Wie ich dich kenne«, sagte Paul dunkel, »ist das schon abgemacht.«
    »Ja, Paul. Ich funke nachher zu einigen Kaufleuten, und morgen geht's los. Menschen kennenlernen, das ist das größte Abenteuer überhaupt.«
    »Wir sprechen noch darüber, Vater.« Paul sprang auf. Wie er jetzt gegen die Sonne stand, groß und breit, mit langen rehbraunen Haaren, war er für Bäcker der schönste Mensch, den er je gesehen hatte. Das ist Anne, dachte er. Anne in der kraftvollen Vergrößerung des Mannes. Es wäre ein Verbrechen, ihn hier auf der Insel von den fanatisierten Eingeborenen abschlachten zu lassen.
    »Weiß Mutter schon davon?« fragte Paul.
    »Ja«, log Bäcker.
    »Morgen schon?«
    »Das Leben geht ständig weiter, mein Junge. Man muß mithalten.«
    »Noch ist nicht morgen!« sagte Paul, drehte sich schroff um und lief weg in den Bambuswald.
    Nach drei Stunden landete ein Wasserflugzeug der Polizei aus Atuana auf Viktoria-Eiland. Kurz darauf brummte eine kleine Staffel von drei Militär-Flugbooten über die Insel und wasserte in der Lagune. Sie standen unter dem Kommando von Capitaine Raoul Brissier vom II. Geschwader der Militärbasis Tahiti.
    »Wir haben die Kriegsflotte noch gesehen!« rief er, als er über die breiten Schwimmer seines Flugzeuges ins seichte Wasser sprang und an Land watete. Auch Leutnant Tinga, ein Mischling, von der Flugüberwachung Marquesas-Archipel, winkte Bäcker zu. Man kannte den Deutschen überall, in zwanzig Jahren war sein Ruf schon legendär geworden.
    »Sie versammelten sich im Bola-Bola-Atoll!« schrie Leutnant Tinga aus seiner zurückgeschobenen Glaskugel. »Ich bin im Tiefflug drüber … sie scheinen einen gewaltigen Zorn zu haben. Was sie bisher nie getan haben … sie schossen mit Pfeilen auf uns!«
    Am Mittag saßen sie alle draußen vor dem Haus und aßen am offenen Feuer gegrillten Ziegenbraten. Bäcker hatte mit seinem Kurzwellensender bei verschiedenen großen Pflanzungen angefragt, und überall, wo er seinen Wunsch vorbrachte, antwortete man ihm: »Schicken Sie uns Ihren Sohn rüber. Natürlich kann er volontieren. Es ist uns eine Freude, Monsieur Bäcker.«
    Bäcker entschied sich für die Pflanzung und Exporthandelsgesellschaft des Großkaufmanns Jean-Luc Dubonnet auf Tahuata, einer Vorinsel von Hiva Oa im Marquesas-Archipel. Dubonnet besaß fast die halbe Stadt Vaitahu. Bäcker kannte ihn gut, bei ihm würde Paul etwas lernen.
    »Wo ist Paul überhaupt?« fragte Bäcker Anne nach dem Essen. »Er ist ja gar nicht an den Tisch gekommen! Sitzt er schmollend in seiner Hütte?«
    »Nein!« Anne blickte Bäcker plötzlich erschrocken an. »Ich dachte, du hättest Paul … in seiner Hütte ist er nicht. Habt ihr Streit gehabt?«
    »Streit kann man das nicht nennen.« Bäcker blickte hinüber zu dem Bambusdickicht, in das Paul vor vier Stunden eingebrochen war. »Ich habe ihm nur gesagt, daß er unter

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