Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?
in die schwierige Phase gekommen. Während die zwei muskelbepackten türkischen McDonalds-Beschäftigen Ahmet Kaseolu und Mustafa Baoul die beiden Polizisten sowie den Pförtner mit zwei kräftigen Fußtritten, nach denen die Krefelder Separatisten Franz Haßtenteufel und Ronald Meyendriesch vor die Tür des Schnellrestaurants flogen und dann flohen, heldenmutig befreiten, versuchten die Rathausbesetzer das Interesse der lokalen Presse auf sich zu lenken.
Mit mäßigem Erfolg.
Hubert Kocken, wenige Minuten vorher ernannter Separatisten- Pressesprecher, rief zunächst bei der Lokalredaktion der »Aachener Zeitung« an und stieß unter 5101-313 auf Lokalchef Albrecht Peltzer. Der auch als Bluesmusiker bekannte Redakteur wähnte einen Vollidioten am Telefon und erklärte, dass Anträge auf Berichterstattungen über Revolutionen bis 12 Uhr in der Redaktion eingegangen sein müssten.
Auch Alfred Stoffels von den »Aachener Nachrichten« hielt, als Hubert Kocken die 5101-412 anwählte, den Anrufer für einen Spinner. Der aus der Eifel stammende Journalist teilte lakonisch mit, dass über Rathausstürmer nur am Fettdonnerstag berichtet würde und legte auf. Erst als Hubert Kocken beim WDR-Lokalstudio die aufgeregte freie Mitarbeiterin Elvira Zapfenstein erreichte, machten sich die beiden WDR-Redakteure Heinz-Peter Plaum und Günther Franitza auf den Weg. Beide glaubten allerdings auch nicht, dass die vor Aufregung schnatternde Elvira Zapfenstein alles richtig verstanden hatte. Da inzwischen die beiden befreiten Polizisten das Polizeipräsidium alarmieren konnten, orderte die Zentrale vier Streifenwagen auf den Marktplatz. Polizeipressesprecherin Iris Fourné informierte telefonisch die Aachener Medien und so fuhren auch Heiner Hautermanns von den »AN« und der stellvertretende Chefredakteur Bernd Büttgens von der »AZ« Richtung Innenstadt. Dort trafen sie an der Rathaustreppe auf die beiden WDR-Kollegen. Ein mit einer Halloween-Maske aus einem Micky-Maus-Heft vermummter und mit der Polizei-Dienstpistole fuchtelnder Separatist geleitete die Journalisten in das Zimmer von Oberbürgermeister Linden, in dem Johann Leisten am verwaisten OB-Schreibtisch Platz genommen hatte. Höflich begrüßte Leisten die Vertreter der Medien und erklärte, dass er soeben das »Freie Rheinland« ausgerufen und Aachen aus »historischen Gründen« zur vorläufigen »Hauptstadt« ernannt habe.
»Und was bedeutet das jetzt praktisch? Was machen Sie, wenn das in Berlin und in Düsseldorf keinen interessiert?«, wollte Bernd Büttgens wissen.
»Dann werden wir hier Geiseln erschießen«, erklärte Johann Leisten lakonisch.
»Wir sollten jetzt gehen!«, raunte Günther Franitza seinen Kollegen zu, während Heinz-Peter Plaum mit einer Handkamera einen 10-Sekunden-Kniff für die WDR-Lokalzeit drehte. Johann Leisten hatte diesen Einwurf gehört:
»Nein, nein, die Presse und die freie Berichterstattung wird uns auch in einem neuen Rheinland-Staat heilig sein. Wir werden die Pförtnerin da draußen erschießen.«
Der Separatist mit der Maske aus dem Micky-Maus-Heftchen nahm eine bedrohliche Haltung an, während just in diesem Augenblick die angesprochene Pförtnerin Elisabeth Nobis den Raum betrat und laut verkündete:
»Mir is et scheißegal, wat ihr hier macht. Ich hab auf jeden Fall Feierabend und geh jetzt. Die anderen von eurer Saubande sind übrigens auch schon gegangen. Und wehe, einer legt die Füße auf den Schreibtisch von dem Herrn Oberbürgermeister.«
Damit knallte sie die schwere Flügeltür zu und ließ zwei verdutzte Separatisten zurück. Als Johann Leisten darauf den Blick über die Journalisten kreisen ließ, bemerkte Heiner Hautermanns:
»Kommen Sie bloß nicht auf dumme Gedanken. Versprochen ist versprochen. Der Kollege hat das gerade gefilmt, und Sie wollen sich doch nicht schon am ersten Tag Ihrer Regierung als Lügner überführen lassen.«
»Ja, ja, ist ja schon gut,«, maulte Johann Leisten zerknirscht.
»Ich habe aber einmal eine ganz andere Frage«, warf Hautermanns ein. »Wer hat ihren Abgeordneten Förster ermordet?«
Johann Leisten machte ein wichtiges Gesicht:
»Ein politischer Mord. Ganz klar. Ohne Frage. Mir liegen da Informationen aus Geheimdienstkreisen des Landes, die mit uns sympathisieren, vor. Die haben mir gezeigt, dass in diesem Staat Dinge möglich sind, die ich als rechtschaffener Bürger nicht für möglich gehalten habe.«
»Da müssen Sie aber jetzt mal etwas konkreter werden«, bohrte
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